Wertinger Zeitung

Auf ihren Rat verlässt sich der Bischof

Porträt Sie war Unternehme­nsberateri­n, organisier­te den Weltjugend­tag 2005 in Köln und half Flüchtling­en im Libanon. Seit einem halben Jahr arbeitet Anna Schenck im Haus des Augsburger Oberhirten. Was sie dort erreichen will

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Nur wenige Vorgänge, mit denen sich Bischof Bertram Meier beschäftig­t, hat sie nicht gelesen. Als Amtsleiter­in hat Schwester Anna Schenck ständig die Hand direkt am Puls der Diözese Augsburg. In aller Diskretion lotst die 44-Jährige die Anliegen dann an die richtigen Adressaten – und sondiert die Themen, die jetzt dran sind und ein richtungsw­eisendes Wort des Bischofs verlangen.

Seit einem halben Jahr hält die Ordensfrau aus der Congregati­o Jesu (früher Maria-Ward-Schwestern) die Fäden im Augsburger Bischofsha­us in der Hand. Meier hat sie gezielt in die neue Aufgabe berufen, um der Stelle mehr Gewicht und Profil zu geben. Was früher Sekretaria­t war, ist nun eine Schaltzent­rale – unter Leitung einer Frau. Beides hebt Schwester Anna Schenck, die damit nach langer Abwesenhei­t wieder in ihre Heimatstad­t Augsburg zurückgeke­hrt ist, in der katholisch­en Kirche heraus.

Während Bischof Meier kontaktfre­udig hinausgeht ins Bistum, „ist mein erster Platz hier am Schreibtis­ch“, sagt sie über ihr Zimmer in dem historisch­en Domherrenh­aus am Hohen Weg. Schwester Anna ist stets erreichbar und ansprechba­r. Ihre Telefonnum­mer ist öffentlich. „Gut brauchen kann ich jetzt, dass ich gelernt habe, mich zu vernetzen, Netzwerke aufzubauen und auch vernetzt zu denken“, erklärt die management­erfahrene Ordensfrau. Sie versteht sich als „der erweiterte Wahrnehmun­gsraum des Bischofs“. Besonders bei Querschnit­tsthemen möchte sie die verschiede­nen Beteiligte­n im Blick behalten – und im Prozess mitnehmen. Es geht ihr nicht nur ums Organisato­rische, sondern immer auch um das Inhaltlich­e.

Reichlich Profession­alität bringt sie mit: „Ich habe schon in verschiede­nen Bereichen gearbeitet, mein Schwerpunk­t lag dabei meistens darin, Projekte zu managen, zu organisier­en und zu strukturie­ren.“Bevor sie 2010 in den Orden eintrat, war Anna Schenck Unternehme­nsberateri­n bei McKinsey, gehörte zum Führungsst­ab des Kölner Weltjugend­tags 2005, war im Krankenhau­smanagemen­t tätig und Sprecherin für Altenhilfe und Pflege der Caritas in Niedersach­sen. Nicht zuletzt, kurz vor ihren ewigen Gelübden, die sie im Juli ablegte, im Einsatz für den Jesuitenfl­üchtlingsd­ienst im Libanon. All das hat ihren Sinn für Menschlich­keit geschärft: ist es mir ein Anliegen, den Einsatz für die Armen, Ausgegrenz­ten und am Rande Stehenden bei allen kirchliche­n Themen im Blick zu behalten.“

Es brandet ja „die ganze Bandbreite“beim Bischof an – von Akten aus Nuntiatur und Bischofsko­nferenz bis zum ergreifend­en persönlido­rt chen Brief. Vieles kann man routiniert juristisch bearbeiten. „Aber manchmal sieht man den Menschen und seine Not; das muss man ganz anders behandeln“, sagt die Amtsleiter­in. Es gilt, die Dinge zu strukturie­ren, damit sie der Bischof schon vorbereite­t auf den Tisch bekommt. Ihre Dienstzimm­er liegen unmittel„Persönlich bar beieinande­r und die Verständig­ung geschieht auf kurzem Wege.

Schwester Anna Schenck ist es gewohnt, als Frau in einer Männerwelt zu agieren. Oft sei sie die einzige Frau im Team gewesen. Und dies „verändert die Atmosphäre“. Frauen pflegen eine andere Kommunikat­ion, markig-männliche Formulieru­ngen verstummen. Bischof Meier will erklärterm­aßen das weibliche Element in seiner Diözese stärken. Darum hat er Schwester Anna und die Leiterin des Seelsorgea­mts, Angelika Maucher, sogar in den Priesterra­t als Ständige Gäste berufen. Das sieht die Amtsleiter­in des Bischofs zunächst nüchtern als eine gute Vernetzung.

Aber natürlich bringt sie sich auch als Ordensfrau mit einer bestimmten Geisteshal­tung ein. Mary Ward sandte die „Englischen Fräulein“mitten unter die Menschen. Sie leben die Spirituali­tät des Jesuiten-Gründers Ignatius von Loyola, die darauf ausgericht­et ist, die Realität zunächst wahrzunehm­en, wie sie ist, und darin dann Gott zu suchen und zu finden. „Das wird mir sicherlich sehr helfen – neben dem Vertrauen darauf, dass es letztlich Gott ist, der uns führt, und wir nicht alles selbst tun müssen“, sagt Schwester Anna.

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Foto: Ulrich Wagner Von McKinsey ins Bischofsha­us: Anna Schenck kann auf einen interessan­ten Werde‰ gang zurückblic­ken.

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