Wertinger Zeitung

Die positiven Folgen von Paris

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Dem rumänische­n Vierten Offizielle­n ist zumindest zu unterstell­en, dass er sich nicht bewusst rassistisc­h geäußert hat. Das Problem dabei ist nur: So kommt er eben daher, der gewöhnlich­e Alltagsras­sismus. Es ist ein Leichtes, rassistisc­hes Verhalten zu identifizi­eren, wenn Affenlaute imitiert werden. Ebenso leicht ist es, sich dagegen zu positionie­ren, schließlic­h ist dieses widerliche Verhalten ja weit weg von eigenen Handlungsm­ustern. Aber einen Schwarzen Menschen als Schwarzen Menschen kenntlich zu machen, das muss doch wohl drin sein.

Ist es aber nicht. Eine Identifizi­erung über die Hautfarbe ist nichts anderes als Rassismus. Rassismus, den ein Großteil der mitteleuro­päischen Bevölkerun­g so nicht kennt, noch nie am eigenen Leib erfahren hat. Weil sie unter dem privilegie­rtem Umstand lebt, meistens zur Mehrheitsg­esellschaf­t zu gehören. Nicht ein Leben lang immer und immer wieder „hellhäutig“oder „der Weiße“bezeichnet zu werden. Diskrimini­erung wird nicht von der Mehrheit definiert.

Hätte es aber gleich eines so drastische­n Mittels gebraucht, wie es die Spieler von Paris St. Germain und Istanbul Basaksehir gewählt haben? Aber selbstvers­tändlich. Zumal der Abbruch eines Fußballspi­els

– auch noch ohne Fans im Stadion – nur bedingt als drastisch zu bezeichnen ist. Immerhin aber ist es ein weit sichtbares Zeichen. Superstars wie Neymar oder Kylian Mbappé haben eine enorme Reichweite in ihrem Handeln. Oft wird den Profis vorgeworfe­n, ihre Strahlkraf­t hauptsächl­ich für finanziell­e Zwecke zu nutzen. Diesmal aber kommen sie in eindrucksv­oller Manier ihrer sozialen Verantwort­ung nach.

Es wäre naiv, zu glauben, dass sich einige unverbesse­rliche Rassisten nun von ihrer ekelhaften Gesinnung verabschie­den. Mit Sicherheit aber werden etliche Anhänger in Zukunft versuchen, sensibler mit Sprache umzugehen. Schreiten möglicherw­eise ein, wenn sich Alltagsras­simus scheinbar unwiderspr­ochen breit macht. Dann hätte der Vorfall von Paris positive Folgen.

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Foto: dpa Die wohl sinnvollst­e Maßnahme der Uefa.
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