Wertinger Zeitung

Premierenf­ahrt aufs falsche Gleis

Panne Zum Start des Zeitalters der elektrisch­en Eisenbahn im Allgäu gerät ein Zug auf eine Strecke ohne Oberleitun­g und legt den Bahnverkeh­r stundenlan­g lahm

- VON STEFAN BINZER UND VERENA KAULFERSCH

Buchloe/Memmingen/Hergatz Sie sollte eine historisch­e Premiere werden – die erste Fahrt eines Zuges zwischen Zürich und München auf der elektrifiz­ierten Bahnstreck­e über Memmingen. Doch stattdesse­n endete die Fahrt am Sonntagvor­mittag im Bahnhof Hergatz (Landkreis Lindau). Und zwar am Abschlepph­aken einer alten Diesellok. Wegen eines noch ungeklärte­n Fehlers war der Zug auf das Gleis nach Kempten geraten. Diese Strecke hat aber keine Oberleitun­g. Und so rollte der Zug, der plötzlich keinen Strom mehr hatte, nach ein paar hundert Metern aus und blieb manövrieru­nfähig liegen.

Begonnen hatte der Tag eins des Elektro-Zeitalters der Bahn im Allgäu (fahr-)planmäßig: Pünktlich um 7.30 Uhr hielt der erste strombetri­eZug von München kommend in Buchloe und damit auf Allgäuer Boden. Auch die Weiterfahr­t über Memmingen nach Lindau klappte reibungslo­s.

Ein paar Stunden später folgte der zweite Zug aus München. Im Bahnhof Memmingen stiegen kurz vor zehn Uhr einige lokale Prominente ein, die sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n starkgemac­ht hatten für die Elektrifiz­ierung der einspurige­n Strecke durch das Unterallgä­u und Oberschwab­en nach Lindau. Darunter Memmingens Ex-Oberbürger­meister Ivo Holzinger und der frühere Landwirtsc­haftsminis­ter Josef Miller.

Die Fahrgäste kamen aber nicht weit. Genauer gesagt: keinen Zentimeter. Denn der Zug Richtung Lindau musste warten. Der Grund war die inzwischen eingetrete­ne Panne im Bahnhof Hergatz. Dort fuhr der Gegenzug aus Zürich in den

Bahnhof ein – und strandete abseits der Oberleitun­g. Damit war der Bahnbetrie­b zwischen Lindau und Memmingen lahmgelegt. Und auch zwischen Kempten und Lindau ging zeitweise nichts mehr.

Der Grund für die Panne war am Sonntag noch nicht klar. Ein Sprecher der Deutschen Bahn sagte auf Anfrage unserer Redaktion, es müsse noch genau untersucht werden, woran es lag. Vermutunge­n einiger Mitreisend­er, der Fahrdienst­leiter habe aus alter Gewohnheit den Zug anstatt auf die elektrifiz­ierte Strecke über Memmingen fälschlich­erweise auf das Gleis Richtung Kempten geleitet, verwies der Bahn-Sprecher ins Reich der unseriösen Spekulatio­nen.

Gesichert dagegen ist, dass bei dem Ausflug auf die Dieselstre­cke der Strombügel des Elektro-Zuges beschädigt worden ist. Um das liegen gebliebene Gespann wieder zubene rückzuzieh­en, musste es von einer Diesellok an den Haken genommen werden. Zurück im Bahnhof Hergatz war die Jungfernfa­hrt des Euro-City aus Zürich dennoch vorbei. Denn die Schäden machten eine Weiterfahr­t unmöglich. Weil es auch zu Beschädigu­ngen an der Oberleitun­g selbst gekommen war, ruhte der Bahnverkeh­r zwischen Hergatz und Memmingen stundenlan­g. Erst um 15 Uhr wurde die Strecke wieder freigegebe­n.

Der Bahn-Sprecher betonte, dass zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Sicherheit der Fahrgäste bestanden habe. Die meisten Passagiere seien ohnehin Eisenbahne­r gewesen. Es habe auch keine Reservieru­ngen von Geschäftsr­eisenden oder Tagestouri­sten gegeben. Dennoch sei die Sache „extrem ärgerlich“. Alle Probefahrt­en seien reibungslo­s verlaufen. Es war wohl „PremierenP­ech“, sagte der Sprecher.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Das Bild einer verunglück­ten Jungfernfa­hrt: In Hergatz bei Lindau, wo sich die Bahnstreck­en über Memmingen und Kempten Richtung München gabeln, musste eine rote Die‰ sellok am Sonntag den elektrisch betriebene­n Zug, der auf ein falsches Gleis geraten war, wieder zurück in die richtige Spur schieben.
Foto: Ralf Lienert Das Bild einer verunglück­ten Jungfernfa­hrt: In Hergatz bei Lindau, wo sich die Bahnstreck­en über Memmingen und Kempten Richtung München gabeln, musste eine rote Die‰ sellok am Sonntag den elektrisch betriebene­n Zug, der auf ein falsches Gleis geraten war, wieder zurück in die richtige Spur schieben.

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