Es kann nur einen geben
CDU Das Verfahren für die Wahl des neuen Vorsitzenden steht. In den Umfragen ist die Lage klar – Parteitage aber ticken anders als die Demoskopie. Vor allem der vermeintliche Außenseiter Röttgen hat deutlich aufgeholt
Augsburg Die Hängepartie ist vorbei, das Verfahren klar: Knapp ein Jahr nachdem Annegret KrampKarrenbauer ihren Verzicht auf den CDU-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur angekündigt hat, wählt die Partei am 16. Januar einen neuen Vorsitzenden. Ob der frühere Fraktionschef Friedrich Merz, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet oder der Außenpolitiker Norbert Röttgen das Rennen macht, entscheidet sich auf einem virtuellen Parteitag mit einer digitalen Wahl des Bundesvorstandes. Da das Parteiengesetz solche OnlineLösungen bisher nicht zulässt, muss das Ergebnis anschließend aber noch durch eine schriftliche Schlussabstimmung bestätigt werden.
Eine neuerliche Verschiebung der Entscheidung, wie sie der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther noch am Vormittag gefordert hatte, ist damit vom Tisch. „Demokratie muss auch in Zeiten einer Pandemie funktionieren“, betonte Generalsekretär Paul Ziemiak nach dem Treffen des Parteivorstandes am Montag. „Wir sind handlungsfähig.“Danach wird jeder der drei Kandidaten am Vormittag des 16. Januar zunächst eine etwa 15 Minuten lange Bewerbungsrede halten, ehe kurz danach erst über den Parteivorsitz und dann auch über die weiteren Posten an der CDU-Spitze abgestimmt wird. Die anschließende Briefwahl soll am 23. Januar ausgezählt werden.
In den Umfragen ist die Lage relativ eindeutig: Unter den Sympathisanten der CDU liegt der Wiedereinsteiger Merz mit Werten um die 40 Prozent klar vorne, auf Platz zwei hat sich inzwischen der frühere Umweltminister Röttgen mit 22 bis 23 Prozent vorgearbeitet, während Laschet mit 15 Prozent den Anschluss zu verlieren droht. Von den
CDU-Sympathisanten allerdings sind die allerwenigsten auch Delegierte. Auf Parteitagen, zumal auf so entscheidenden, spielen auch noch andere Faktoren eine Rolle – Absprachen unter den Landesverbänden zum Beispiel, oder die Unterstützung einflussreicher Gruppen wie der Frauenunion, der Jungen Union oder des Wirtschaftsflügels. Dass Annegret Kramp-Karrenbauer vor zwei Jahren das Rennen gegen Merz machte, lag unter anderem daran, dass sie die Junge Union und die Frauen in der Stichwahl nahezu geschlossen hinter sich hatte.
Diesmal hat die Junge Union sich bereits früh auf Merz festgelegt, Röttgen wirbt vor allem um die Stimmen der CDU-Frauen, indem er dem Thema Gleichstellung deutlich mehr Raum einräumt als seine beiden Kontrahenten, Laschet wiederum hofft, dass seine Hausmacht am 16. Januar steht – er ist der Vorsitzende des mit Abstand mitgliederstärksten Landesverbandes, der alleine knapp ein Drittel der 1001 Delegierten stellt. Da Röttgen und Merz ebenfalls aus NordrheinWestfalen kommen, ist das diesmal allerdings kein Selbstläufer. Gesundheitsminister Jens Spahn hat Laschet daher erst vor kurzem ermahnt, etwas beherzter für sich zu werben: „Wahlkampf heißt auch deswegen Wahlkampf, weil die Leute sehen wollen, dass man kämpft.“Bei Laschet, sollte das im Umkehrschluss wohl bedeuten, hat man diesen Eindruck bisher nicht.
Dafür legt Röttgen sich umso mehr ins Zeug. Erst verschaffte ihm der US-Wahlkampf eine lange nicht mehr gekannte Präsenz in den Medien, weil er als Außenpolitiker nahezu täglich in eine neue Talkshow eingeladen wurde, dann präsentierte er mit der rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordnete Ellen Demuth eine Frau, die er im Falle seines Wahlsieges zur neuen Chefstrategin der Partei machen will – und im Gegensatz
zu seinen beiden Kontrahenten lässt er eine Tür für eine Kanzlerkandidatur von CSU-Chef Markus Söder offen. Es sei „albern, so zu tun, als wäre das nicht eine realistische Möglichkeit“, hat er schon im Sommer gesagt – passenderweise im
Ob das am Ende reicht für Röttgen? Unklar. Sicher ist nur eines: Bei der schriftlichen Abstimmung, die dem Online-Votum noch folgen muss, wird kein anderes Ergebnis herauskommen als beim Parteitag selbst. Sowohl Röttgen als auch Merz und Laschet haben der scheidenden Parteichefin Kramp-Karrenbauer versichert, dass sie ihre Namen im Falle einer Niederlage bei der Digitalwahl nicht mehr auf den Stimmzettel für die Briefwahl setzen lassen. Auf ihnen stünde dann nur noch ein Name – der des neuen CDU-Vorsitzenden. Theoretisch könnte eine Mehrheit der Delegierten den im Online-Votum siegreichen Kandidaten in der Briefwahl zwar noch ablehnen, mit einem solchen Eklat allerdings rechnet in der CDU niemand.
Bayerischen Fernsehen.