Zwei Apfelsinen zu Weihnachten
Der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) hat sich in seiner kurzen Amtszeit den Ruf erworben, ein Meister der gedrechselten Rede zu sein. Seine Sätze haben mitunter mehr Kommas als beim großen Dichter Thomas Mann und nicht selten enden die komplexen Gedankengänge des freundlichen Professors in Welten, die seinen Zuhörern – nun ja – zumindest fremd sind. Und das in einer Zeit, die ohnehin reich an Verwirrung ist.
An diesem Montag war es mal wieder besonders kompliziert. Da hatten die Bürger noch die Worte von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) im Ohr, sie mögen doch kurz vor dem harten Lockdown nicht mehr die Geschäfte stürmen, als Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sagte, er sei froh, dass die Bürger noch zwei Tage Zeit hätten, ihre Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Schon diese Botschaften unter einen Hut zu bringen, ist eine Herausforderung.
Der Kultusminister freilich setzte noch einen drauf. Weihnachten und Geschäft, so gab er in der Pressekonferenz nach der Sitzung des Kabinetts zu bedenken, seien doch zwei recht widersprüchliche Begriffe, die eigentlich nicht zusammenpassten. Und er holte eine Anekdote über den früheren Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) hervor. Der habe sich als Kind schon über zwei Apfelsinen zu Weihnachten gefreut. Mehr habe es damals nicht gegeben.
Nur zur Einordnung: Kiesinger ist 1904 geboren. Als er 14 war, wütete die Spanische Grippe in Europa und der Erste Weltkrieg war grad eben zu Ende gegangen.