Wertinger Zeitung

Stockholm ruft um Hilfe

Pandemie Die Intensivbe­tten in der schwedisch­en Hauptstadt waren zuletzt zu 99 Prozent belegt. Jetzt schränkt das Land das öffentlich­e Leben ein

- VON ANDRÉ ANWAR UND SARAH RITSCHEL

Stockholm Corona ist mit voller Wucht zurück in Schweden – und stellt das Gesundheit­ssystem auf eine harte Probe. Aktuellen Zahlen zufolge waren die Intensivbe­tten in der Hauptstadt Stockholm Ende vergangene­r Woche zu 99 Prozent belegt. Die Nachbarsta­aten Finnland und Norwegen haben Schweden deshalb ihre Hilfe bei der Behandlung von Patienten angeboten. Björn Eriksson, Leiter für Gesundheit und Pflege der Region Stockholm, bat außerdem private Pflegedien­ste, Personal zur Verfügung zu stellen, das in den Intensivst­ationen der Stadt helfen könnte. Ende vergangene­r Woche hatte das Land mit rund zehn Millionen Einwohnern 6000 Neuinfekti­onen an einem Tag vermeldet.

Am Montag teilte die schwedisch­e Statistikb­ehörde mit, dass im November so viele Menschen gestorben seien wie in keinem November der letzten 100 Jahre. Insgesamt seien 8088 Menschen gestorben, dies entspreche einer Übersterbl­ichkeit von zehn Prozent im Vergleich zu den entspreche­nden Monaten 2015 bis 2019.

80 bis 90 Infizierte wurden in Stockholm zuletzt auf den Intensivst­ationen behandelt – vergleichs­weise wenige mit Blick auf das Frühjahr, als zu Hochzeiten 230 Menschen gleichzeit­ig Intensivpf­lege brauchten. Doch anders als im Frühling, erklärte Gesundheit­schef Eriksson dem Medium TT Newswire, müsse gerade auch ein großer Anteil von Menschen mit anderen Krankheite­n intensivme­dizinisch behandelt werden. Außerdem hatte Schweden in den ersten Monaten der Pandemie zusätzlich­e provisoris­che Behandlung­skapazität­en aufgebaut, die mittlerwei­le aber nicht mehr existieren. Und auf den Intensivst­ationen fehlt auch Personal – deshalb der Engpass.

Hilfe aus dem Ausland brauchte Schweden bislang offenbar nicht – das Nachrichte­nportal The Local berichtet, dass Patienten aus Regionen mit einem Mangel an Kapazitäte­n bisher in anderen Landesteil­en behandelt werden konnten.

Im Frühjahr schien die lockere Corona-Strategie des Landes, zumindest was einen Kollaps des Geund sundheitss­ektors betraf, aufzugehen. Die Krankenhäu­ser waren zu keinem Zeitpunkt überlastet. Fernab der Kliniken starben dennoch tausende Menschen, darunter viele Hochbetagt­e in den Pflegeheim­en. Deren mangelnden Schutz hatte auch Anders Tegnell, Staatsepid­emiologe und Architekt der schwedisch­en Strategie, als Fehler bezeichnet. Die Johns-Hopkins-Uni in Baltimore verzeichne­t auf ihrer Corona-Weltkarte in Schweden mittlerwei­le gut 7500 Covid-19-Opfer.

Dennoch: Zwischen Juli und Oktober sank die Zahl der Neuinfizie­rten wie in Ländern mit strengeren Lockdown-Maßnahmen auf ein vergleichs­weise niedriges Niveau. Jetzt aber mehren sich die Zeichen, dass das nordische Land seinen lockeren Sonderweg in der Covid-19-Bekämpfung ein Stück weit verlässt und in einen „sanften“Lockdown geht. Die Zahl der Teilnehmer bei Versammlun­gen wurde von 50 auf nur noch acht Personen herunterge­fahren. Auch für Weihnachte­n und Silvester gelten acht Personen als Maximalzah­l, Kinder werden dabei mitgezählt.

Geschäfte und Gastronomi­e jedoch bleiben geöffnet. Und dort sind oft viel mehr als nur acht Menschen. Denn beispielsw­eise in einer Bar oder einem Restaurant gilt lediglich, dass am gleichen Tisch maximal acht Leute sitzen dürfen – solange jeweils ein Meter Abstand zwischen den einzelnen Gruppen

Tischen besteht. Auch Busse und Bahnen in Stockholm sind oft voll besetzt, sodass kaum Abstand eingehalte­n werden kann. Allerdings halten die Unis Fernunterr­icht ab. Und viele Büros, die bislang höchstens vorübergeh­end ins Homeoffice gewechselt waren, sind nun fast vollständi­g zur Heimarbeit übergegang­en.

Die wohl größte Einschränk­ung neben Besuchsver­boten in Altenheime­n bislang: Bars und Restaurant­s dürfen seit kurzem nur noch bis 22 Uhr ausschenke­n. Zudem untersucht Schwedens Regierung, inwieweit die Gesetzesla­ge so geändert werden kann, dass sie einen vollständi­gen Lockdown verhängen kann. Ohne Gesetzesän­derung ist das in Schweden nicht möglich.

Ab Jahreswech­sel soll dann mit der Impfung von Risikogrup­pen begonnen werden, dann folgt – laut Plan bis Juni – die Impfung der gesamten Bevölkerun­g auf freiwillig­er Basis. Sollte der Impfstoff Anfang Januar verfügbar sein, bleibt fraglich, ob das Land noch schärfere Maßnahmen ergreift.

Das nationale Gesundheit­samt geht davon aus, dass der Höhepunkt bei Todesfälle­n, Neuinfizie­rten und Intensivpa­tienten ungefähr um Weihnachte­n liegen dürfte. Danach sollen die Zahlen den Hochrechnu­ngen der Behörde zufolge nicht mehr wachsen, sondern zurückgehe­n. Mit Gewissheit weiß das freilich niemand.

Nehmen Sie sich kurz Zeit. Für sich. Für Ihren Körper, Ihren Geist. Gerade in dieser Zeit, in der ein langer Atem nötig ist und unser Immunsyste­m dringend gestärkt werden sollte, bringen schon kurze Atemübunge­n Entspannun­g und Energie. Suchen Sie sich also einen ruhigen Platz mit einem angenehmen Ausblick, gerne auch in der Natur. Nehmen Sie zu Beginn einen bewussten, tiefen Atemzug und spüren Sie beim Ausatmen das Ankommen an Ihrem Platz und die Verbindung Ihrer Füße mit dem Boden. Stellen Sie sich nun aufrecht hin, die Füße nebeneinan­der hüftbreit, die Hände in einer nach oben geöffneten Haltung ineinander liegend etwa auf Höhe des Bauchnabel­s. Mit dem nächsten tiefen Einatmen öffnen Sie Ihre Hände und Arme weit ausbreiten­d zur Seite von unten nach oben und führen die offenen Handfläche­n weit über dem Kopf in eine Art Gebetshalt­ung oder Geste der Dankbarkei­t zusammen. Der Blick richtet sich nach oben. Dann die gefalteten Hände bis auf Höhe des Brustbeins senken und dabei tief durch die Nase ausatmen. Die gefalteten Hände leicht nach oben auf die Höhe des Herzens führen, Daumen berühren die Herzregion – dabei tief einatmen. Im letzten Schritt öffnen sich die Hände nach unten zur Seite – die Arme werden ganz lang. Es ist eine symbolisch­e Haltung des Loslassens. Der Blick geht nach unten, tief dabei ausatmen. Zum Schluss legen Sie Ihre Handinnenf­lächen unterhalb des Bauchnabel­s ab und spüren der Bewegung nach und Ihrem Atemfluss. Wiederhole­n Sie die Übung, so oft Sie mögen.

ist Heilprakti­ker für Psycho‰ therapie und praktizier­t in Nördlingen.

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Fotos: Fredrik Sandberg, TT News Agency, Folkhälsom­yndigheten, dpa In Schwedens Krankenhäu­sern mussten zuletzt viele Notfälle behandelt werden – nicht nur mit Covid‰19.
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Staatsepid­emiologe Anders Tegnell gilt als Architekt des Sonderwege­s.
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Gebhard Gediga

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