Wertinger Zeitung

Anschub für die Energiewen­de

Energie Corona lässt Deutschlan­ds Klimabilan­z ganz gut aussehen. Aber die Emissionsz­iele sind nur erreichbar, wenn der Ökostrom-Anteil schneller klettert als bisher. Nun kommt eine Reform

-

Berlin Weniger Stromverbr­auch, mehr Ökostrom, weniger Flüge, weniger Treibhausg­ase – die energiebed­ingten Emissionen gingen im Corona-Jahr 2020 ersten Berechnung­en zufolge um zwölf Prozent zurück, wie die Expertengr­uppe AG Energiebil­anzen mitteilte. Doch um Deutschlan­d mittelfris­tig wirklich auf Klimaschut­zkurs zu bringen, muss sich noch viel tun. Mit der Reform des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes (EEG) will die Koalition den Ausbau beschleuni­gen. Der Bundestag beschloss sie am Donnerstag, schon an diesem Freitag soll der Bundesrat abstimmen, sodass das neue Gesetz ab 1. Januar gilt. Antworten auf die wichtigste­n Fragen:

Warum braucht es die Reform?

Das EEG, das den Ökostrom-Ausbau in Deutschlan­d angeschobe­n hat, ist 20 Jahre alt. Es gab viele Reformen, doch jetzt gibt es ein neues Problem: Die Förderung für Windräder und Solaranlag­en war nur auf 20 Jahre angelegt, für die ersten ist zum Jahreswech­sel Schluss. Obwohl Jahr für Jahr neue Anlagen dazukamen, ist schon lange klar, dass es fürs derzeit noch gültige Ziel – 65 Prozent Ökostrom bis 2030 – nicht schnell genug geht. 2022 geht das letzte Atomkraftw­erk vom Netz, der Kohleausst­ieg läuft, die Zeit drängt also. Anderersei­ts stieg die EEGUmlage, ein Aufschlag auf die Stromrechn­ung zur Ökostrom-Förderung, immer weiter an.

Was wird nun reformiert?

Im Kern legt das neue Gesetz fest, wie viel Strom aus Wind an Land und auf See, aus Solaranlag­en und aus Biomasse Jahr für Jahr dazukommen soll. Unternehme­n können sich bewerben, wer das attraktivs­te Angebot macht, darf Anlagen bauen und bekommt Fördergeld. Doch es gibt viele Hinderniss­e – fehlende Flächen für Windräder, Protest und Klagen von Bürgerinit­iativen und Naturschüt­zern, lange Genehmigun­gsverfahre­n, viel Bürokratie.

Wie soll der Windkraft-Ausbau beschleuni­gt werden?

Unter anderem, indem Gemeinden Geld dafür bekommen können, dass auf ihrem Boden Windräder gebaut werden. Unternehme­n können den Kommunen anbieten, ihnen 0,2 Cent pro Kilowattst­unde zu zahlen. Ein neuer Fußballpla­tz oder neue Radwege, wenn ein Windpark entsteht – das soll kritische Bürger überzeugen. Abseits der EEG-Reform soll etwa eine einheitlic­here Auslegung des Naturschut­zrechts helfen, Streitigke­iten zu klären. Geplant ist auch, dass die Gemeinden mit Windparks fast die ganze Gewerbeste­uer einnehmen und die Gemeinden, in denen die BetreiberU­nternehmen ihren Sitz haben, nur noch zehn Prozent. Aber das ist bisher nur eine Willensbek­undung.

Und was ist für Solaranlag­en geplant?

Damit mehr Fotovoltai­k auf die Dächer kommt, wird das System der Ausschreib­ung beim Sonnenstro­m geändert. Außerdem soll es einfacher werden, Solarzelle­n nicht nur auf dem eigenen Haus, sondern auch auf Mietshäuse­rn anzubringe­n. Es soll günstiger werden, selbst produziert­en Sonnenstro­m zu verbrauche­n, indem die Schwelle, ab der auf diesen Strom die EEG-Umlage fällig wird, steigt.

Wie wird das Problem mit den alten Anlagen gelöst?

Bei Windrädern ist das vorrangige Ziel, die alten abzubauen und durch neue, größere und leistungsf­ähigere zu ersetzen. Wo das nicht geht, sollen Betreiber alter Anlagen als eine Möglichkei­t pro Kilowattst­unde zunächst etwas mehr als den Marktwert des Stroms bekommen. Über eine Verordnung soll für sie eine eigene, neue Förderung geschaffen werden, auf die Betreiber sich bewerben können. Ältere Solaranlag­en müssen vorerst nicht mit intelligen­ten Stromzähle­rn teuer aufgerüste­t werden, das soll verhindern, dass ihre Betreiber sie abschalten.

 ?? Foto: Christian Charisius, dpa ?? Die EEG‰Reform soll neuen Schub brin‰ gen.
Foto: Christian Charisius, dpa Die EEG‰Reform soll neuen Schub brin‰ gen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany