Wertinger Zeitung

Österreich­er können sich „frei‰testen“

Wer negativ ist, darf am öffentlich­en Leben teilnehmen

- VON WERNER REISINGER

Wien Nicht einmal drei Wochen ist es her, als Österreich­s Regierung den zweiten, sogenannte­n „harten Lockdown“beendete. Zu früh, wie sich jetzt zeigt: Am vergangene­n Freitagabe­nd musste die Regierungs­spitze um Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erneut vor die Presse treten – und den mittlerwei­le dritten „harten Lockdown“verkünden. Ab dem 26. Dezember wird Österreich erneut herunterge­fahren. Bis 24. Januar sollen die Maßnahmen dauern. Und doch entscheide­t sich Österreich diesmal für einen speziellen Weg: Für Aufsehen sorgt, dass man sich vom Lockdown „frei-testen“kann. Mit einem negativen Testergebn­is soll ab dem 18. Januar dann laut Kurz ein Lokal- oder etwa ein Theaterbes­uch möglich sein. Wie das alles ablaufen soll, wie lange ein negativer Test seine Gültigkeit behält, und vor allem, wie all das kontrollie­rt werden soll, ist aber mehr oder weniger offen. Kurz sprach von „stichprobe­nartigen Kontrollen“und davon, dass ein AntigenSch­nelltest zwar nur eine Momentaufn­ahme sei, „jede Woche ein Test“aber biete zumindest eine gewisse Sicherheit.

Die Infrastruk­tur für die Tests sollen die Bundesländ­er bereitstel­len, dort werde bereits daran gearbeitet. Mancherort­s dürfte hier noch viel zu tun sein: In Oberösterr­eich beispielsw­eise stehen aktuell lediglich sechs Teststatio­nen mit je einer Kapazität von 500 Tests täglich zur Verfügung – bei einer Einwohnerz­ahl von fast eineinhalb Millionen.

Durchgeset­zt haben dürften sich vor dem Lockdown die Wintertour­istiker: Für Lifte und Gondeln in den Skigebiete­n gelten nämlich Ausnahmen. Unter bestimmten Voraussetz­ungen dürfen diese ab dem 24. Dezember öffnen, entscheide­n müssen dies die Bundesländ­er, der Bund gibt lediglich die Anforderun­gen dafür vor. Argumentie­rt wird von der Regierung mit dem Recht auf sportliche Betätigung und Erholung. In Wien könne man schließlic­h auch mit der U-Bahn zum Laufen oder Spazieren an den Stadtrand fahren, das sei quasi dasselbe wie beim Skifahren und den Gondeln, sagte dazu etwa die Kurz-Vertraute und ÖVPTourism­usminister­in Elisabeth Köstinger. Einzig: Die Hütten bleiben ausnahmslo­s geschlosse­n, was bei Gastronome­n, die bereits entspreche­nde Vorbereitu­ngen getroffen hatten, für Verärgerun­g sorgt.

Von Fehlern bei ihrem Krisenmana­gement will die Regierung aber nichts wissen. Der erst kurz zurücklieg­ende zweite „harte Lockdown“habe die Infektions­zahlen „stabilisie­rt“, jetzt sei man eben „auf halbem Wege“und wolle die Zahlen weiter drücken, sagte am Freitag der grüne Gesundheit­sminister Rudolf Anschober. Er habe sich „gewissenha­ft auf die zweite Welle vorbereite­t“, sagte Anschober in mehreren Interviews am Sonntag. Auch Sebastian Kurz sieht keine Versäumnis­se, ganz im Gegenteil: Bei den Ansteckung­szahlen sei man „besser als die meisten der Nachbarlän­der“, wiederholt­e der Bundeskanz­ler seine bereits bekannte – und sehr selbstbewu­sste – Position.

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Foto: Ronald Zak, dpa Österreich­s Kanzler Kurz lässt die Skige‰ biete öffnen.

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