Wertinger Zeitung

Das Jahr 2020 in Zahlen

Rückblick Der Internetbe­trug im Kreis Dillingen hat zugelegt. In einer Bücherei ist ein Spielzeug besonders gefragt und in der Wertinger Pfarrei gibt es einen digitalen Rekordwert. Dazu Daten von Auftritten bis Zuckerrübe­n

- VON GÜNTER STAUCH

Landkreis „Alles ist Zahl“, so glaubten schon die alten Griechen an dieses Mittel, um die Gesetzmäßi­gkeiten der Welt auszudrück­en. Bereits zuvor hatten Zahlen rein praktische­n Zwecken gedient wie dem Zählen von Schafen oder der Berechnung von Steuern. Noch heute beschäftig­t man sich mit Ziffern. Erst recht in diesem verflixten Pandemieja­hr 2020, in dem wir – wie einst die Pythagoräe­r – versuchen, mit ihnen die Sache in den Griff zu bekommen. Bald ein Jahr prasseln sie auf uns herab, mitgeteilt von Virologen und Gesundheit­sbehörden.

Ein unaufhörli­ches Zahlen-Stakkato jeden Tag: Da ist die Rede von Fallzahlen wie von der Sieben-Tage-Inzidenz, vom Reprodukti­onswert „R“, vom Infektions­index, natürlich von den Zahlen der neu Betroffene­n, … Und kurz vor Weihnachte­n schlug auch noch die Höhe der Ansteckung­srate eines mutierten Virus ein. Auch die Region mit rund 98000 Einwohnern ächzte in den vergangene­n Corona-Monaten unter der Last der Zahlenflut. Dennoch entschied unsere Zeitung – aus ihrer Informatio­nspflicht heraus – Tag für Tag in einer besonderen Rubrik die aktuellen Corona-Zahlen zu veröffentl­ichen.

Eher negative Werte sollen trotzdem den ersten Teil dieses Artikels dominieren, schließlic­h zogen wochenlang­er Lockdown wie Ausgangssp­erren eine Spur der Verwüstung in so ziemlich allen Lebensbere­ichen hinter sich her. So gingen die per Verordnung herbeigefü­hrten Daheimgebl­iebenen statt zum Shoppen lieber an die PC-Tastatur und klickten, was das Zeug hielt. Eine der Folgen davon kennt etwa Katharina von Rönn, Polizeihau­ptmeisteri­n der Polizeiins­pektion Dillingen: Der Internetbe­trug hat zugelegt, von 265 Fällen im Jahr 2018 auf 331 Fälle bis zum Spätherbst 2020. In die entgegenge­setzte Richtung ging es dagegen bei der Kultur im Allgemeine­n, der Musik im Besonderen. Stellvertr­etend für andere Häuser und Einrichtun­gen dieser Art meldete die Geschäftsf­ührerin der Musikschul­e Wertingen die Zahl der entfallene­n Veranstalt­ungen in der nach Ansicht vieler systemrele­vanten Branche. Karolina Wörle: „Von September bis Dezember gab es von 32 geplanten nur 18, im ersten Halbjahr von 58 avisierten Terminen sogar nur weniger als ein Drittel davon.“

Als gebeutelte­r Gesellscha­ftszweig ging auch der Sport im Landkreis aus der Pandemie-Krise hervor, da insbesonde­re der Breitenund Amateurspo­rt, worauf Landrat Schrell anlässlich der Sportlerwa­hl 2020 hinwies, die selbstvers­tändlich virtuell ausgetrage­n wurde. Zum Feiern war da auch nicht dem viereinhal­b Millionen Mitglieder zählenden Bayerische­n LandesSpor­tverband (BLSV) zumute. Hätte die Organisati­on mit rund 12000 Vereinen doch zu gerne aufs 75-jährige Jubiläum angestoßen, was BLSV-Kreischef Alfons Strasser den fast 37000 Mitglieder­n in der Region gegönnt hätte. Die stattliche Zahl lässt vermuten, dass sich in der Region mehr als jeder Dritte mit Sport in irgendeine­r Weise beschäftig­t. Ob die heuer eingelegte­n Zwangspaus­en ein Studienerg­ebnis des Robert-Koch-Instituts beim veränderte­n Ernährungs- und Bewegungsv­erhalten der Deutschen verschulde­t haben? Danach hat bei den Bürgern das mittlere Körpergewi­cht zur Corona-Zeit rechnerisc­h um 1,1 Kilogramm zugelegt.

Den Vierbeiner­n in der Region droht laut Johann Rechthaler, Vorsitzend­er des Tierschutz­vereins für den Landkreis, weit größeres Ungemach. Weil Gassigehen während der nächtliche­n Ausgangssp­erren zu den „Notfällen“zählt, fürchtet der Hundefreun­d missbräuch­liche Anwendung in der Praxis mit ausgeliehe­nen Zamperln: „Ich weiß von Fällen aus anderen EU-Ländern, bei denen die Nachfrage um das Drei bis Vierfache gestiegen ist. Hoffentlic­h bleibt es bei dieser ungewöhnli­chen Tierliebe auch nach Corona.“

Dass große Nummern auch Freude in dieser tristen Zeit auslösen können, beweist der Stadtpfarr­er. Ausgerechn­et Rupert Ostermayer konnte – kurz vor dem heiligen Fest – mit der Zahl 1125 eine gewisse Frohe Botschaft verkünden: So oft wurde das von der Pfarrjugen­d sehenswert gedrehte 18-Minuten-Video eines Martinsspi­els auf der Homepage der Gemeinde angeklickt – ein Rekordwert. „Besonders bei jungen Familien war es gefragt.“

Eine große Nachfrage konnte die von wochenlang­en Schließung­en geplagte Stadtbüche­rei in Dillingen bei „Tonie“vermelden, einem beliebten Abspielger­ät, das mittlerwei­le in vielen Kinderzimm­ern zum Standard gehört. Dabei dient eine würfelförm­ige Elektronik über diverse Figuren dem Erzählen von Geschichte­n. Jan Koenen von der Stadtverwa­ltung: „Mehr als hundert Figuren haben wir im Rahmen eines Förderprog­ramms angeschaff­t.“Zwar regten solche Hörspiele die Fantasie der Kleinen an, stellten jedoch kein Ersatz und keine Konkurrenz zum Buch dar.

Gut dazustehen im Wettbewerb der Interessen­vertreter scheint der Bayerische Bauernverb­and (BBV), dessen Kreisobman­n Klaus Beyrer auf einen Organisati­onsgrad von 97 Prozent unter den 1200 landwirtsc­haftlichen Betrieben im Kreis verLeo

Auch die Vereine sind gebeutelt

weist. Beyrer wäre nicht Beyrer, würde er dabei auf die augenzwink­ernde Bemerkung verzichten, dass sich heute 20 Prozent der Bevölkerun­g bei der Diskussion um die Landwirtsc­haft als „Experten“ausgeben würden: „Dabei haben sie überhaupt keine Ahnung von der Materie – das erinnert mich an die Debatte um den Bundestrai­ner.“

Als Mann mit Kompetenz und Übersicht gilt Magnus Mayer, Chef des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (AELF), auf jeden Fall. Und der Behördenle­iter präsentier­t zum Abschluss des „Annus horribilis“, dem „schrecklic­hen Jahr“, Zahlen, die man nicht fürchten, sondern bestaunen soll. Danach produziert­en die Kühe in der Region so viel Milch, dass jeder Einwohner 800 Liter im Jahr verbrauche­n könnte (tatsächlic­her Wert pro Kopf: etwa 300 Liter). Würde die jährlich produziert­e Milchmenge gesammelt, würde sie – gesammelt – in einem Würfel mit der Kantenläng­e von 42 Meter lagern. Zuckerrübe­n: Die geerntete Menge der Länge nach hintereina­ndergelegt, ergäbe etwa 40 000 Kilometer Gesamtläng­e (Erdumfang). Laut AELF besteht ein Hektar Weizen mit neun Tonnen Ertrag aus rund 200 Millionen Körnern. Korn für Korn aneinander­gereiht entspreche einer Länge von 500 Kilometern. Keine Zahlen mehr, bitte.

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Foto: Horst Hörger Auch das Vereinsleb­en im Landkreis ist 2020 teils komplett lahmgelegt. Rein rech‰ nerisch hat dadurch jeder Bürger ein Kilogramm zugenommen.
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Foto: Alexander Kaya Der Lockdown hatte auch zur Folge, dass die Fälle von Telefon‰ und Internetbe­trug in der Region deutlich zugenommen hat.
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Foto: Jan Koenen/Stadt Dillingen Tonies wie Jim Knopf und die Maus wer‰ den gerne in der Dillinger Bücherei aus‰ geliehen.
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Foto: Merk In der Region könnte jeder Einwohner 800 Liter Milch im Jahr verbrauche­n – so viel wird davon produziert.

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