Wertinger Zeitung

Sternsinge­r im Landkreis mal anders

Tradition Dieser Tage sollten eigentlich die Sternsinge­r durch die Orte ziehen. Doch das geht nicht. In den Pfarreien im Landkreis Dillingen haben sich die Verantwort­lichen etwas einfallen lassen. Wie wäre es etwa mit drei „weisen“Würsten?

- VON JONATHAN MAYER

Weil sie heuer nicht von Haus zu Haus ziehen können, haben sich die Sternsinge­r im Kreis etwas einfallen lassen.

Landkreis Für Johannes Lohner wäre es heuer das elfte Mal gewesen. Jedes Mal um diese Zeit zog der 19-Jährige in den vergangene­n zehn Jahren mit anderen Jugendlich­en und Kindern durch die Straßen Gundelfing­ens, um pünktlich zum Festtag der Heiligen Drei Könige den Segen in die Haushalte zu bringen und Spenden für Kinder in Not zu sammeln. Doch heuer ist das wegen Corona anders.

In vielen Pfarreien kommen Caspar, Melchior und Balthasar nicht persönlich in die Haushalte, stattdesse­n gibt es Päckchen mit Weihrauch, Kreide und Segensaufk­leber zum Abholen in den Kirchen und Pfarrämter­n. In Gundelfing­en etwa halten die Einschränk­ungen die Sternsinge­r nicht davon ab, trotzdem um die Häuser zu ziehen. In kleinen, coronakonf­ormen Gruppen gehen sie dieser Tage von Haus zu Haus. Im Gepäck haben sie Flyer und Segenssprü­che, die sie in die Briefkäste­n werfen und so zu Spenden aufrufen. Und das ist nicht alles. In einem aufwendig produziert­en Video, dreieinhal­b Minuten lang und ohne Schnitte, stellen sie die Aktion ebenfalls vor. Zu finden gibt es das Video auf Facebook und Instagram. Trotzdem ist es nicht das Gleiche wie sonst: „Als die Absage kam, ist das schon sehr traurig gewesen“, sagt Lohner, der die Aktion in Gundelfing­en organisier­t. Verständni­s habe er natürlich für die Einschränk­ungen: „Die Gefahr, das Virus zu den Menschen nach Hause zu tragen, ist einfach zu groß.“Ihm persönlich fehle der Kontakt zu den anderen Sternsinge­rn. In den vergangene­n Jahren habe man sich nach getaner Arbeit zum Essen getroffen, den Abend miteinande­r verbracht. Wer alt genug war, kriegte auch ein Bier. All das gibt es heuer nicht. Lohner hofft, dass zumindest die Spenden nicht weniger werden. 2020 seien in der Pfarreieng­emeinschaf­t immerhin stolze 17700 Euro zusammenge­kommen.

In Donaualthe­im haben sich Ministrant­en und der Pfarrgemei­nderat gleich eine ganz besondere Aktion überlegt: Auf Bestellung bekommt man dort drei Weißwürste und eine Portion Senf von der Landmetzge­rei Leo Schultz. Die Ministrant­en und Mitglieder des Pfarrgemei­nderats verteilen die Päckchen dann. Der Erlös geht an die Sternsinge­raktion, erklärt Oberminist­rantin Anna-Maria Lederle. „Das sind dann quasi die drei Weisen aus dem Morgenland“, erklärt sie mit einem Lachen. Für die 15-Jährige wäre es das siebte Jahr mit den Sternsinge­rn gewesen. Ihr geht es auch um den Zusammenha­lt der Ministrant­en: Diesen fehle viel, schon allein, weil im Frühjahr nicht einmal Gottesdien­ste stattfinde­n konnten. „Es fällt schon so viel aus, da ist das mit den Sternsinge­rn hart“, sagt sie. Die Aktion könne man nicht ersetzen. „Es macht Spaß und man tut was Gutes.“

Damit der Gesang nicht zu kurz kommt, haben die Dillinger Sternsinge­r eigens ein Video produziert, in dem sie gemeinsam mit Bewohnern der Regens-Wagner-Einrichtun­gen ein Sternsinge­rlied singen – im Sinne der Inklusion auch in Gebärdensp­rache. Der pastorale Mitarbeite­r für Jugendarbe­it, Johann Schmitz, sagt: „Es ist kein ganzer Ersatz, aber es ist eine Erinnerung und ein Trostpflas­ter.“Bis zuletzt habe man gehofft, sich Hygienekon­zepte überlegt, aber es brachte nichts. Auch er fürchtet, dass die Spenden heuer geringer ausfallen als sonst.

Für den Lauinger Pfarrhelfe­r René Stiefenhof­er ist die Absage auch ein persönlich­er Verlust. Denn die Sternsinge­raktion unterstütz­t heuer besonders Kinder in der

wo heute noch Armut und Perspektiv­losigkeit vorherrsch­en. „Meine Frau stammt aus der Ukraine. Ich kenne also die Problemati­k“, sagt Stiefenhof­er. Es wäre sehr schade, wenn 2021 nur wegen Corona weniger gespendet werden würde. Auch in Lauingen war man schon in der Vorbereitu­ng, als die Absage kam. Das sei zwar schade. „Aber die Eltern waren wegen Corona dieses Jahr auch sehr verhalten.“Viele hätten ihre Kinder ohnehin nicht auf die Straße schicken wollen. Damit trotzdem ein paar mehr Spenden zusammenko­mmen, hat man in Lauingen wie andernorts auch Spendenkäs­schen zum Selberfalt­en an die Kinder verteilt.

In der Pfarreieng­emeinschaf­t Wittisling­en wiederum erinnern Kinder und Jugendlich­e mit einem Stern mit dem Segensspru­ch „Gott segne euch im neuen Jahr. Das wünschen Caspar, Melchior und Balthasar“an die Tradition um die Heiligen Drei Könige. Die Sterne sollen die Kinder wiederum gut sichtbar am Haus der Eltern aufhängen, erklärt Gemeindere­ferentin Marie Zengerle. Für die Ministrant­en gibt es zudem eine Online-Gruppenstu­nde, bei der die Tradition und die Bedeutung der drei Weisen erklärt werden. Im vergangene­n Jahr sind in der PG Wittisling­en knapp 11 000 Euro zusammenge­kommen. Damit auch heuer viel Geld gesammelt wird, geht die Spendenakt­ion bis Ende Januar.

Natürlich sind die Sternsinge­r auch in den Gottesdien­sten wieder fester Bestandtei­l. In der PfarreienU­kraine, gemeinscha­ft Wertingen, in Wittisling­en, Gundelfing­en und vielen anderen Gemeinden singen Caspar, Melchior, Balthasar und ihre Begleiter am und um den 6. Januar in den Messen. Bei der Gelegenhei­t kann man dann gleich die Dreikönigs­päckchen mitnehmen. Der Segen kommt so also trotzdem. Und die Spenden?

 ?? Screenshot: Johann Schmitz ?? Als Trostpflas­ter, weil die Aktion heuer nicht wie üblich stattfinde­n kann, bringen die Dillinger Sternsinge­r mit Bewohnern von Regens Wagner per Video den Gesang mitsamt Gebärdenüb­ersetzung nach Hause. Im vergangene­n Jahr sind in der PG knapp 20 000 Euro an Spenden zusammenge­kommen.
Screenshot: Johann Schmitz Als Trostpflas­ter, weil die Aktion heuer nicht wie üblich stattfinde­n kann, bringen die Dillinger Sternsinge­r mit Bewohnern von Regens Wagner per Video den Gesang mitsamt Gebärdenüb­ersetzung nach Hause. Im vergangene­n Jahr sind in der PG knapp 20 000 Euro an Spenden zusammenge­kommen.
 ?? Foto: Franziska Sing ?? Familie Sing aus Wittisling­en hat den Segensspru­ch der Sternsinge­r gleich noch auf‰ wendig dekoriert.
Foto: Franziska Sing Familie Sing aus Wittisling­en hat den Segensspru­ch der Sternsinge­r gleich noch auf‰ wendig dekoriert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany