Wertinger Zeitung

Deal statt Strafe

Nach 737-Max-Debakel: Boeing beendet Verfahren mit 2,5 Milliarden Dollar

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Luftfahrt

Washington Das Desaster um den Absturzfli­eger 737 Max kommt den US-Luftfahrtr­iesen Boeing teuer zu stehen. Der Flugzeugba­uer habe wegen Betrugs- und Verschwöru­ngsvorwürf­en im Zusammenha­ng mit dem Skandal Strafzahlu­ngen von mehr als 2,5 Milliarden Dollar (2,0 Mrd Euro) zur Beilegung strafrecht­licher Verfahren zugestimmt, teilte das US-Justizmini­sterium mit. Ein Teil des Geldes geht in einen Fonds für Absturzopf­er. Boeing war nach zwei Abstürzen mit 346 Toten in Verdacht geraten, seine bestverkau­fte Serie 737 Max überstürzt auf den Markt gebracht und die Sicherheit vernachläs­sigt zu haben.

Die US-Justizbehö­rden beschuldig­en Boeing nun unter anderem, die Regierung mit irreführen­den Angaben dabei behindert zu haben, die Sicherheit im öffentlich­en Flugverkeh­r zu gewährleis­ten. „Die tragischen Abstürze des Lion-AirFlugs 610 und des Ethiopian-AirFlugs 302 brachten betrügeris­ches und irreführen­des Verhalten von Mitarbeite­rn eines der weltweit führenden Flugzeughe­rsteller zum Vorschein“, erklärte David P. Burns von der Strafrecht­lichen Abteilung des Ministeriu­ms. Boeings Angestellt­e hätten den Profit über die Aufrichtig­keit gestellt und der US-Luftfahrta­ufsicht FAA Informatio­nen vorenthalt­en. Boeing erklärte in einer Stellungna­hme, dass es bei den Strafen des Justizmini­steriums um das Verhalten zweier ExMitarbei­ter gehe. Diese hätten ein für das Piloten-Training zuständige­s FAA-Gremium absichtlic­h über Änderungen am Steuersyst­em der 737 Max getäuscht. Der nun geschlosse­ne Vergleich zeige, wie wichtig Boeings Verpflicht­ungen gegenüber den Aufsichtsb­ehörden seien, schrieb Konzernche­f Dave Calhoun in einem Memo an die Belegschaf­t.

Sowohl Boeing als auch die FAA waren im Zuge der Unglücke vom Oktober 2018 und März 2019 heftig in die Kritik geraten. Als Unfallursa­che gilt das Steuersyst­em, eine defekte Software, die rasch hatte repariert werden sollen. Stattdesse­n dauerte es über anderthalb Jahre, bis die FAA den wegen der Abstürze mit Startverbo­ten belegten Unglücksfl­ieger im November wieder zuließ.

Boeings Verhältnis zur FAA verschlech­terte sich während der Aufarbeitu­ng der Abstürze drastisch. Die Spannungen gelten als ein Grund, dass Ex-Konzernche­f Dennis Muilenburg Ende 2019 seinen Hut nehmen musste. Heikle Interna von Boeing-Mitarbeite­rn hatten sowohl das Unternehme­n als auch die Flugaufsic­ht schwer belastet. In den brisanten Chats hieß es zur 737 Max etwa: „Dieses Flugzeug ist von Clowns entworfen, die wiederum von Affen beaufsicht­igt werden.“

Die hohe Strafe dürfte den auch durch die Corona-Krise angeschlag­enen Konzern – er will die Mitarbeite­rzahl von 160 000 auf 130 000 senken – zwar schmerzen. Doch verglichen mit den Kosten, die das Debakel um den wichtigste­n Flugzeugty­p des Airbus-Rivalen bereits verursacht hat, gilt die Summe als überschaub­ar. Und durch den Vergleich entgeht der Konzern rechtliche­n Konsequenz­en, die ihn für die benötigten Staatsauft­räge hätten disqualifi­zieren können. Anleger reagierten gelassen, Boeings Aktien notierten vorbörslic­h nur leicht im Minus.

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Foto: dpa Boeing kommt das Debakel um den „Un‰ glücksflie­ger“teuer zu stehen.

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