Heiko Herrlich und der Hunger nach Erfolg
Vor dem Heimspiel am Sonntag gegen Stuttgart nimmt der Trainer seine Spieler in die Pflicht
FCA
Augsburg Seine erfolgreichste Zeit als Spieler hatte Heiko Herrlich, 49, bei Borussia Dortmund. Zwischen 1995 bis 2004 gewann er dort zwei deutsche Meisterschaften, die Champions League, den Weltpokal. Und dort verinnerlichte er auch den Siegeswillen und Ehrgeiz seiner Mannschaftskollegen Jürgen Kohler, Matthias Sammer oder Stefan Reuter, seinem jetzigen Vorgesetzten beim FC Augsburg. Als ihn der Sport-Geschäftsführer im März 2020 als Nachfolger von Martin Schmidt als Trainer einsetzte, hatte er zwei Anforderungen an Herrlich: den Klassenerhalt und die Weiterentwicklung weg vom potenziellen Abstiegskandidaten hin zu einem Bundesliga-Mitglied, das den Blick nicht nur immer nach unten auf die Absturzkante Richtung 2. Liga richten muss. Den Klassenerhalt schaffte Herrlich nach der Coronapause mit etwas Ruckeln und Zuckeln.
Jetzt, nachdem fast die Hälfte der neuen Spielzeit absolviert ist und der FCA mit 19 Punkten aus 14 Spielen als Zehnter richtungslos im Tabellenmittelfeld dümpelt, ist es für Herrlich an der Zeit, sein Team relativ ungeschminkt darauf hinzuweisen, dass er mit Mittelmaß nicht zufrieden ist. Sein Ehrgeiz ist geweckt. Er will mehr. „Jetzt ist die Mannschaft gefordert, zu zeigen, dass sie hungrig ist und den nächsten Schritt gehen möchte“, sagt er vor dem Heimspiel am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) gegen den VfB Stuttgart.
Dass nach dem 1:0-Sieg in Köln durchaus lobende Worte für sein Team gefunden wurden, passt ihm gar nicht in die Spielvorbereitung. Er nützt die Pressekonferenz am Freitag, um sein Team wachzurütteln: „Für uns ist es wichtig, dass es eine Leistungssteigerung gibt im Vergleich zum Köln-Spiel. Von außen war viel positiv gesehen worden, trotzdem haben wir in der Analyse viele Dinge festgestellt, die man besser machen muss, damit es auch gegen Stuttgart reicht.“
Seine Mängelliste ist lang. Er zählt pomadiges Verhalten nach Ballverlusten auf. Er fordert bei Überzahlsituationen auf dem Flügel, konsequenter den Ball zurückzuerobern. Auch bei den Standards besteht er, offensiv wie defensiv, auf Durchsetzungsvermögen. Herrlich nimmt die Mannschaft in die Pflicht. Denn schon mehrmals hatte sie in dieser Saison in der heimischen WWKArena die Möglichkeit, sich aus der Grauen-Maus-Zone nach oben abzusetzen. Doch weder gegen Hertha (0:3), Freiburg (1:1), Schalke (2:2) und Frankfurt (0:2) gelang das. Und das geht Herrlich gegen den Strich: „Jetzt hat die Mannschaft die Chance zu zeigen, wir sind hungrig.“
Doch der Aufsteiger aus Stuttgart ist gefährlich. Trainer Pellegrino Matarazzo lässt sein Team spektakulär an der langen Leine stürmen. Herrlich lobt: „Stuttgart lebt vom Umschaltspiel und dem Vertikalspiel. Das ist erfrischend und frech und macht Spaß, zuzuschauen.“
Wie er den Spaßverderber am Sonntag spielen will, verriet er erwartungsgemäß nicht. Sicher ist aber, dass Innenverteidiger Jeffrey Gouweleeuw wegen einer GelbSperre fehlt. Auch Alfred Finnbogason wird wohl gegen Stuttgart noch nicht dabei sein. Er absolviert zwar inzwischen wieder Teile des Trainings, aber ob es für einen Platz im Kader reicht, ist fraglich. Überhaupt könnte das Spiel für die Fans eine Geduldsprobe werden. Beide Teams jubeln am liebsten über Tore gegen Ende des Spiels. Der VfB und der FCA erzielten neun Treffer in der letzten Viertelstunde. Nur der FC Bayern kann da mithalten. Da ist der FCA wirklich kein Mittelmaß.
Heiko Herrlich