Wertinger Zeitung

In Berlins Oper stehen Stühle aus Dillingen

Die Dillinger Schreinere­i Hardtmuth gibt es seit 300 Jahren. Auch die Kinder haben ihre Leidenscha­ft für Holz entdeckt

- VON SILVIA SCHMID

Dillingen In diesen Tagen kommt er wieder zu besonderer Geltung und darf in keiner Weihnachts­krippe fehlen: der Heilige Josef, Ziehvater Jesu. Viel ist nicht über ihn bekannt, aber laut mehrerer Bibelübers­etzungen war er von Beruf wohl Tischler, Zimmerer oder wie man in Süddeutsch­land sagt: Schreiner. Deshalb wird der Heilige Josef auch als Schutzpatr­on der Schreiner verehrt. Nicht ganz so weit zurück, aber doch bis ins 16. Jahrhunder­t lässt sich die Geschichte der Dillinger Schreinerf­amilie Hardtmuth zurückverf­olgen.

Christoph Hardtmuth ist Inhaber der Dillinger Traditions-Schreinere­i an der Ziegelstra­ße – in direkter Linie vor ihm waren alle Männer der Familie von Beruf Schreiner. Der erste, von dem man weiß, war Hans Joachim Hardtmuth, geboren 1590, allerdings noch in einem Ort namens Röttlen. Nach Dillingen kam die Schreinerf­amilie mit Schreinerm­eister Josef Hardtmuth im Jahr 1743.

„So eine lange Tradition ist schon etwas Besonderes“, sagt Christoph Hardtmuth, der sich aus einem ganz besonderen Grund in diesem Jahr intensiver mit der Geschichte seiner Familie und dem Familienun­ternehmen befasst hat: Über seinem Elternhaus in der Weberstraß­e steht der Schriftzug „gegründet im Jahr des Herren 1720“- also genau vor dreihunder­t Jahren. „300 Jahre sind schon ein Grund zu Feiern und für mich der ein Anlass, ein bisschen tiefer in die Familienge­schichte einzusteig­en“, erklärt der 53-Jährige.

Gegründet hat den Betrieb in jenem Jahr der Dillinger Schreinerm­eister Holzmann. Im Jahr 1846 ehelichte Schreinerm­eister Philipp Hardtmuth – Ururgroßva­ter von Christoph Hardtmuth – Holzmanns Witwe und führte die Schreinere­i in der Weberstraß­e fortan als „Schreinere­i Hardtmuth“weiter. Im Jahr 1941 zog der Betrieb dann unter dem Großvater des heutigen Besitzers, Karl Hardtmuth, an die Ziegelstra­ße um. Dort, gleich neben dem Taxispark, befinden sich bis heute Werkstatt und Verkaufsrä­ume.

Das Hauptaugen­merk des Handwerksb­etriebs liegt nach wie vor auf der maßgenauen und individuel­len Herstellun­g von Möbelstück­en. Das Team der Schreinere­i Hardtmuth fertigt Einrichtun­gen in allen Stilrichtu­ngen und ganz nach den Vorstellun­gen der Kunden. Vom Badezimmer, Ess-, Wohn und Schlafzimm­er bis zu Küchen und Büroeinric­htungen nach Maß wird in der Werkstatt alles aus heimischen Hölzern gefertigt.

Einrichtun­gen für Geschäfte, Büros, Cafés, Restaurant­s oder Kulturstät­ten gehören ebenfalls zum Portfolio. An die 50 Stuhlmodel­le stehen bei der Schreinere­i Hardtmuth als Muster zum Ansehen und Probesitze­n bereit. Dass die Schreinere­i in Dillingen der Spezialist für Maßstühle ist, ist sogar bei Theaterreq­uisiteuren weit über die Region hinaus bekannt. Christine Hardtmuth, Ehefrau von Christoph Hardtmuth und zuständig für Verkauf, Büro und Marketing in der Schreinere­i, erinnert sich gerne an den Auftrag des Opernhause­s Berlin, das für eine Bühneninsz­enierung ganz spezielle Stühle benötigte. Und auch an der Frankfurte­r Oper befindet sich die Adresse der Schreinere­i Hardtmuth in der Lieferante­nkartei.

Als Spezialist für neu angefertig­te, aber auch antike Möbelstück­e, hat die Schreinere­i Hardtmuth außerdem bereits für mehrere Schlösser und alte Villen Antiquität­en restaurier­t und passende neue Möbel angefertig­t.

Freude an dem Handwerk hat Christoph Hardtmuth wie am ersten Tag. „Mein Beruf ist der Schönste, den ich mir vorstellen kann“, sagt der Schreinerm­eister. „Mit Holz arbeiten und daraus mit den eigenen Händen etwas zu erschaffen, an dem der Kunde im besten Falle ein Leben lang seine Freude hat, ist ein unbeschrei­blich gutes Gefühl.“

Umso mehr freut sich Christoph Hardtmuth, dass auch seine beiden Kinder die Leidenscha­ft für diesen Beruf entdeckt haben. Die 21-jährige Isabell ist die erste weibliche Schreineri­n in der Familie und liebt die Arbeit, die handwerkli­ches Können und Kreativitä­t vereint. Ihr 18-jähriger Bruder Clemens hat in diesem Jahr erfolgreic­h seine Gesellenpr­üfung abgelegt und ist nun der jüngste Schreiner in der Familie Hardtmuth. Mit den beiden ist nun die 13. Generation der Familie Hardtmuth ohne Unterbrech­ung in dieser Handwerksk­unst zuhause.

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Foto: Hardtmuth Christoph und Christine Hardtmuth und ihre beiden Kinder Isabell und Clemens be‰ treiben die Traditions­schreinere­i am Dillinger Taxispark.

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