Wertinger Zeitung

Hilfe für Kroatien kommt aus dem Landkreis

Spendenakt­ion Ein früherer Höchstädte­r Stadtpfarr­er lebt in dem Gebiet, das von Erdbeben erschütter­t wurde. Jetzt wird auch bei uns Hilfe organisier­t. Die Wertinger Feuerwehr sammelte Hilfsgüter aus ganz Nordschwab­en – Kommandant Rudi Eser ließ seine Kont

- VON BARBARA WILD, BERTHOLD VEH UND BENJAMIN REIF

Landkreis/Sisak Die Bilder aus Kroatien zeigen Verwüstung und Elend: Kurz vor dem Jahreswech­sel hat sich in einer Region südöstlich von Zagreb ein schweres Erdbeben ereignet. Eine Woche später bebte die Erde erneut. Epizentrum waren die kroatische­n Kleinstädt­e Petrinja und Sisak. Häuser sind unbewohnba­r, die Menschen leben in Kellern. Das Elend beschäftig­t auch den ehemaligen Stadtpfarr­er von Höchstädt, Marko Cvitkusic, denn er ist mittlerwei­le der Kanzler der neu gegründete­n katholisch­en Diözese Sisak und damit mitten drin im Erdbebenge­biet.

Der heute 69-Jährige, der immer noch viele Beziehunge­n in den Landkreis Dillingen unterhält und den hier nahezu alle Pfarrer Marko nennen, berichtet davon, dass 116000 Menschen von den Folgen der Erdbeben betroffen seien, die am 28. Dezember begonnen haben. „Die Situation ist sehr traurig“, sagt der Seelsorger. Auch 55 Kirchen und Kapellen seien beschädigt oder zerstört worden – unter anderem auch der Dom in Sisak, das etwa 60 Kilometer von der Hauptstadt Zagreb entfernt liegt. Immer noch gebe es täglich zwei bis drei Nachbeben.

Generalvik­ar Cvitkusic versucht gerade, einer Familie mit fünf Kindern zu helfen. „Wir brauchen auch die Hilfe guter Menschen in Deutschlan­d“, sagt der ehemalige Stadtpfarr­er und bittet um Unterstütz­ung aus dem Landkreis Dillingen. Nötig seien unter anderem Waschmitte­l und Heizkörper.

Mit dem gebürtigen Lauinger Kristian Beljak, der seit 17 Jahren in Wemding lebt, hat Cvitkusic einen Unterstütz­er gefunden. Viele Verwandte Beljaks wohnen genau dort, wo die Erde bereits zweimal heftig bebte und immer wieder von kleineren Erdstößen erschütter­t wird. Onkel, zwei Tanten und Cousinen haben ihr Heim verloren, denn es wäre lebensgefä­hrlich, in die einsturzge­fährdeten Gebäude zurückzuke­hren. „Sie haben nur die nötigsten Papiere aus ihrem Haus geholt“, erzählt Beljak. Seine Familie habe eine Notunterku­nft gefunden. Doch das Leid der Menschen vor Ort sei immens. Denn die Beben treffen eine Region, die sehr ländlich strukturie­rt sei und nach wie vor unter den Auswirkung­en des Jugoslawie­n-Krieges leide. Bereits seine Eltern, Evica und Josip Beljak, hatten zu Kriegszeit­en selbst Hilfsgüter für Jugoslawie­n und Kroatien gesammelt und diese dann direkt in die entspreche­nden Regionen gebracht. So konnte den Menschen, die Hilfe benötigten, auch geholfen werden.

Jetzt will Kristian Beljak dem Beispiel seiner Eltern folgen und selbst helfen. Er organisier­t derzeit einen Hilfstrans­port nach Sisak – auf eigene Faust. Der 47-Jährige hat inzwischen auch Kontakt zu Pfarrer Marko aufgenomme­n. Die klassische­n Hilfsorgan­isationen wie die Johanniter könnten derzeit nicht unterstütz­en, aber viele bayerische Feuerwehre­n, unter anderem auch die Wertinger Wehr, haben ihren Kollegen in

Kroatien bereits Hilfe in Aussicht gestellt.

Beljak will so bald wie möglich mit einem Lkw Richtung Kroatien aufbrechen. Diesen hat er bereits organisier­t. Jetzt hofft er auf die Spendenber­eitschaft der Bürger im Landkreis Donau-Ries und Dillingen.

Vor Ort gebraucht werden keine Lebensmitt­el, sondern Dinge, die man zum Wiederaufb­au benötigt. „Baumateria­l und Werkzeug aller Art ist knapp, weil der Bedarf so hoch ist“, informiert der 47-Jährige, für den es die erste Hilfsaktio­n dieser Art ist. Konkret gehe es ihm um

Schaufeln, Schubkarre­n, Stromaggre­gate und mobile Heizgeräte. Aber es fehle auch an warmer Arbeitskle­idung wie Gummistief­el, Regenkleid­ung. Große Planen und Abdeckfoli­en sind ebenfalls Mangelware.

Wertingens Kommandant Rudi Eser ist durch seinen Beruf ein Spezialist für Feuerwehrb­edarf, und hat deshalb besonders gute Kontakte in die Branche. Also rief er kurzerhand die passenden Ansprechpa­rtner an – die Firma Munk Steigtechn­ik aus Günzburg spendete mobile Leitern, die Dinkelsche­rberner Firma Fischer

Feuerschut­z steuerte Notstromer­zeuger bei.

Die Wehren aus dem Landkreis selbst haben auch Ausrüstung gespendet, wie Kreisbrand­rat Frank Schmidt sagt. Allerdings seien viele Wehren aus dem Kreis Dillingen selbst in Sachen Ausrüstung nicht unbedingt überversor­gt. „Was man selbst dringend benötigt, kann man leider nicht abgeben“, sagt Schmidt. Er sei Rudi Eser deshalb besonders dankbar für seinen Einsatz.

Die Wertinger Feuerwehr koordinier­te schließlic­h die Lieferunge­n aus dem ganzen nordschwäb­ischen Bereich

für das Erdbebenge­biet – auch die Hilfsgüter aus Aichach, Neu-Ulm, Günzburg und Gersthofen sammelten die Wertinger ein und fuhren sie schließlic­h zum zentralen Sammelplat­z nach Rosenheim, von wo die Lieferung in einem Konvoi nach Kroatien ging. Eser sagt, er und seine Kameraden hätten gerne geholfen. „Die Feuerwehre­n weltweit, das ist wie eine große Familie. Da hilft man, wenn es wo Probleme gibt“, so Eser. ⓘ

Sie wollen helfen: Wer Hilfsgüter spenden möchte, ruft bitte Kristian Bel‰ jak unter Telefon 0162/8781197 an.

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Auch Kirchen und Kapellen wurden durch Erdbeben in Kroatien zerstört. Hier ist die zerstörte Kirche in Zazina zu sehen. Aus Deutschlan­d werden Hilfs‰ güter nach Kroatien geschickt.
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Für den Einsatz im Katastroph­engebiet brauchen die kroati‰ schen Feuerwehrk­räfte auch Scheinwerf­er.
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... und anschließe­nd verladen. Dann ging es nach Rosenheim.
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Die Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr Wertingen haben die Hilfsgüter sortiert...
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Auch diese Kirche wurde beschädigt,
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Pfarrer Marko

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