Wertinger Zeitung

Kräftig zugepackt wird nur im Fernsehen

Handball Die deutsche Nationalma­nnschaft startet heute in Ägypten ins WM-Turnier – allerdings mit ausgedünnt­em Kader. Die lokalen Vereine sind dagegen wegen Corona zur sportliche­n Untätigkei­t verurteilt

- VON GÜNTHER HÖDL

Auf den Kieler Patrick Wiencek muss Bundestrai­ner Alfred Gislason bei der seit Mittwoch laufenden Handball-Weltmeiste­rschaft in Ägypten verzichten. Der Kreisläufe­r kündigte als erster Spieler aus dem deutschen Kader an, zu Corona-Zeiten lieber daheim bei der Familie zu bleiben, anstatt nach Nordafrika zu reisen. Steffen Weinhold, Hendrik Pekeler und Finn Lemke schlossen sich ihm an. Vier wichtige Akteure fehlen also, wenn Deutschlan­d am heutigen Freitag (18 Uhr) zum ersten Gruppenspi­el gegen Uruguay aufläuft. Während die Nationalsp­ieler immerhin noch die Wahl hatten, gibt es für die Handball-Amateure im Landkreis Dillingen wegen der Pandemie-Beschränku­ngen keine Alternativ­en: Sie dürfen ihrem sportliche­n Hobby weiterhin nicht nachgehen. Selbst wenn sie wollten. Handball-Abteilunge­n unterhalte­n regional der TV Gundelfing­en, der TSV Wertingen sowie der TV Lauingen und TSV Wittisling­en in der gemeinsame­n HSG TVL-Wittisling­en.

Exemplaris­ch für das Auf und Ab während und zwischen den beiden Lockdowns ist die Entwicklun­g beim Landesligi­sten TV Gundelfing­en. Dort weht seit Beginn der Corona-Pandemie ein anderer Wind. Die alte Saison 2019/20 war wie berichtet im März vergangene­n Jahres einige Spieltage vor dem regulären Ende abgebroche­n worden. Über die Wertung der Runde wurde damals viel diskutiert. Der Verband entschied sich schließlic­h, die führenden Teams mit dem Aufstieg zu belohnen, aber keine Absteiger eine Liga tiefer zu schicken. Von der getroffene­n Regelung profitiert­en die Gärtnerstä­dter als Landesliga­Schlusslic­ht und dürfen eine weitere Spielzeit auf dieser Liga-Ebene auf Punktejagd gehen.

Ab Mai 2020 bereitete Bernd

Dunstheime­r – als Nachfolger des langjährig­en Trainers Oliver Bleher – das Team auf die Saison 2020/21 vor. Die Schwarz-Roten hatten also rund fünf Monate Zeit, sich an den neuen Coach zu gewöhnen, die Neuzugänge zu integriere­n und sich mit den Corona-Rahmenbedi­ngungen zu arrangiere­n. Gut vorbereite­t wurde der Saisonstar­t der Landesliga Nord im September daheim geteurklas­sen

den MTV Stadeln knapp gewonnen. Auch in den beiden folgenden Partien gegen die Topteams Erlangen-Bruck II und HC Erlangen III enttäuscht­e die Mannschaft um Kapitän Tobias Bauer nicht. Einer denkbar knappen Niederlage bei Erlangen-Bruck folgte ein 26::26 gegen Erlangen III.

Kurzum, die Gundelfing­er schienen auf einem guten Weg zu sein, ehe die Corona-Schutzmaßn­ahmen verschärft und der positive TVGTrend beendet wurde. „Schnell folgte den ersten Trainingse­inschränku­ngen ein generelles Hallennutz­ungsverbot“, erinnert sich Gundelfing­ens Linksaußen­spieler Michael Schaarschm­idt: „Der mögliche Re-Start war zunächst auf 15. November fixiert. Wenig später wurde der Spielbetri­eb in den Amagen im Jahr 2020 grundsätzl­ich für beendet erklärt. Seitdem erhalten wir regelmäßig Wasserstan­dsmeldung vom Bayerische­n Handball-Verband.“

Verschiede­ne Ideen zur Weiterführ­ung der Saison stehen nun im Raum. Ein Re-Start ist dabei nur dann denkbar, wenn alle Spieler auch eine gewisse Vorbereitu­ngszeit absolviere­n konnten, um ansatzweis­e einen notwendige­n Fitness-Level zu erhalten. Als „Best-Case-Lösung“wird noch immer eine Saisonfort­setzung Februar 2021 erhofft. Dies setzt aber voraus, dass die Handballer spätestens am 1. Februar ein geregeltes Hallentrai­ning starten können. Mit Blick auf die aktuellen CoronaZahl­en und den auf Ende Januar verlängert­en zweiten Lockdown erscheint dieses Szenario jedoch zunehmend unrealisti­sch.

Als Alternativ­e hat der Verband Turnierspi­eltage vorgeschla­gen: Im Rahmen von vier Großverans­taltungen würde eine Restsaison in Kurzform abgewickel­t werden. Doch auch dieser Vorschlag ist stark abhängig von der Corona-Entwicklun­g und der notwendige­n Vorbereitu­ngszeit.

„Unterm Strich ist die derzeitige Lage – wie für alle anderen Indoorund Mannschaft­ssportler auch – stark beeinträch­tigt. Und der Erhalt des Fitness-Levels erfordert sehr viel Eigeniniti­ative und Selbstdisz­iplin“, stellt Schaarschm­idt fest: „Erschweren­d kommt die fehlende Perspektiv­e dazu. Das einzig Positive, das man der derzeitige­n Situation abgewinnen kann, ist das ausgiebige Auskuriere­n der angesammel­ten Verletzung­en und das Besinnen auf die wesentlich­en Dinge“, sagt Michael Schaarschm­idt – und kann wie alle Handballer im Landkreis – seine Sportart live vorerst nur bei den WM-Spielen im TV erleben.

 ?? Foto: Sportfoto Zink ?? Patrick Wiencek (Mitte) im Klammergri­ff von zwei Abwehrspie­lern. Der Abwehr‰Hüne des THW Kiel ist ein „Gesicht“der deut‰ schen Handball‰Nationalma­nnschaft – verzichtet aber auf die Sportreise zur WM nach Ägypten.
Foto: Sportfoto Zink Patrick Wiencek (Mitte) im Klammergri­ff von zwei Abwehrspie­lern. Der Abwehr‰Hüne des THW Kiel ist ein „Gesicht“der deut‰ schen Handball‰Nationalma­nnschaft – verzichtet aber auf die Sportreise zur WM nach Ägypten.
 ?? Foto: Aumiller ?? M. Schaarschm­idt
Foto: Aumiller M. Schaarschm­idt

Newspapers in German

Newspapers from Germany