Lindner umwirbt Laschet
FDP-Chef offen für Koalition
Berlin Kurz vor der Abstimmung über einen neuen CDU-Vorsitzenden hatte der Umgang der Partei mit ihrem langjährigen Koalitionspartner FDP für Kontroversen gesorgt – als Bewerber Norbert Röttgen im Interview mit unserer Zeitung den Liberalen „historisches Versagen“in den Jamaika-Verhandlungen 2017 vorhielt und suggerierte, man könne sich auf die Liberalen nicht mehr verlassen.
Armin Laschet hingegen sprach sich dafür aus, diese Machtoption offenzuhalten – und FDP-Chef Christian Lindner denkt nun laut über ein schwarz-gelbes Bündnis nach. Lindner sagte unserer Zeitung: „Die Union hat sich mit Armin Laschet für einen Kurs der Mitte und des Ausgleichs entschieden. Er hat mit seiner Regierungserfahrung als Chef einer schwarz-gelben Koalition im größten Bundesland geworben. Das hat ihn gleich doppelt von seinen Mitbewerbern unterschieden, die noch keine Wahlen gewonnen und sich eher für Schwarz-Grün ausgesprochen haben. Zugleich hat sich die Union gegen Friedrich Merz und seine ambitionierte Reformpolitik ausgesprochen. Das sind politische Leitentscheidungen, die dieses Superwahljahr prägen.“
Lindner, dessen Liberale in Nordrhein-Westfalen mit Laschet regieren, äußerte sich auch sehr persönlich über den neuen CDU-Chef: „Laschet ist in seiner politischen Karriere oft unterschätzt worden, aber die Ergebnisse sprechen für ihn. Und es kommt noch eine weitere Eigenschaft dazu, die ihn auszeichnet: Er geht mit seinem Koalitionspartner so fair um wie seinerzeit Helmut Kohl.“
Lindner gestand zu, noch gäben die Umfragen Schwarz-Gelb für den Bund nicht her. Aber er sagte: „Klar ist, dass die Wahl von Laschet das Verhältnis von Union und FDP weiter verbessert. Die FDP trägt gerne Regierungserfahrung, wir gestalten gerne. Aber wir wollen eben auch eigene Akzente setzen. Wir kämpfen etwa für ein eigenes Digitalministerium. Mit Angela Merkel war das in den Jamaika-Gesprächen nicht möglich, mit Armin Laschet ging es in NRW. Wir wollten gegen übertriebene Bürokratie und Steuerlast kämpfen, und auch die Bildungspolitik auf eine neue Grundlage stellen – all das ging mit Armin Laschet, mit Angela Merkel ging es damals leider nicht.“
Offenbar wittern die Liberalen die Chance, sich nach der Niederlage des erklärten Wirtschaftskandidaten Merz auf diesem Feld zu profilieren. Lindner sagte: „Sicher wird Armin Laschet alle Flügel der Union einbinden. Das traue ich ihm auch zu. Aber die Leitentscheidung bleibt klar. Deshalb wächst nun natürlich auch die Verantwortung für die FDP, gute Beiträge in der Wirtschafts-und Finanzpolitik zu leisten. Deutschland muss wieder eine Politik für Wachstum und Beschäftigung und für die Modernisierung des Staates machen. Da sind wir in Nordrhein-Westfalen in der Regierung ein Faktor, das streben wir auch im Bund an.“
Zu Merz’ Angebot, Bundeswirtschaftsminister zu werden, sagte Lindner: „Das muss die amtierende Bundeskanzlerin entscheiden.“