Impfung: Was Pflegekräfte aus der Region umtreibt
Covid19 Im Kampf gegen das Virus sollen sich Pflegekräfte impfen lassen – obwohl viele Bedenken haben. Sanitäter, Intensiv- und Krankenschwestern aus der Region erzählen, was sie dabei umtreibt
Im Kampf gegen das Virus sollen sich möglichst viele Pflegekräfte impfen lassen. Doch wie sehen sie das Ganze?
Landkreis Pflegekräfte aus allen Berufen stehen an vorderster Front im Kampf gegen die Pandemie. Die Erwartungen sind hoch: Sie sollen funktionieren, schier Unmenschliches ertragen – und sich jetzt auch noch impfen lassen, obwohl sich viele unsicher sind. Unserer Redaktion haben einige davon erzählt, was sie in der Impfdebatte umtreibt, ob sie sich impfen lassen und wieso. Die Protokolle sind anonym, damit die Gesprächspartner sich auch offen etwa über ihren Arbeitgeber äußern konnten. Die Namen sind der Redaktion bekannt.
„Auf unserer Station ist es aktuell relativ ruhig, was Corona angeht. Allerdings wird die Maskenversorgung interessant, wenn jetzt alle FFPMasken kaufen. Die Arbeitsbelastung wegen Corona bleibt hoch: Du musst dich jedesmal komplett anziehen, bevor du zu einem Patienten reingehst. Mit FFP3-Maske, Haube, Kittel, Handschuhen. Vieles davon ist aus Plastik. Man schwitzt unglaublich und man muss die Arbeit besser timen. Schließlich kann man ja nicht für jede Schicht sechs Ausrüstungen verbrauchen. Das Ganze ist auch für die Patienten eine große Belastung, weil wir Pflegekräfte gar nicht so nah dran sein können wie sonst. Sie sind allein. Wenn Patienten sterben, gehe ich normalerweise gern zu ihnen, creme zum Beispiel ihren Rücken ein. Ich tu ihnen einfach noch was Gutes. Auch das geht aktuell nicht. Ich bin nicht total gegen das Impfen. Aber aktuell ist mir das Risiko zu groß. Ich reagiere generell schlecht auf Impfungen. Und ich will Kinder. Mir ist da nicht ausreichend erforscht, welche Auswirkungen der Impfstoff hat. Von unserem Arbeitgeber haben wir keine Infos zu dem Thema bekommen. Aber wenn man darauf plädiert, dass sich die Mitarbeiter impfen lassen sollen, sollte man auch Aufklärungsarbeit machen. Bei uns auf Station wollen viele noch abwarten. Und ich glaube, eine Impfpflicht für Pflegekräfte kann sich die Politik nicht leisten. Wenn die Impfpflicht kommt, muss ich die Pflege verlassen. Es ist doch vollkommen gerechtfertigt, wenn man abwarten will.“
Intensivschwester
„Nichts ist mehr so wie früher. Unsere Arbeit ist psychisch wie physisch viel anstrengender geworden, der soziale Kontakt zu Kollegen fehlt fast komplett. Man hat zu den Patienten im Covid-Bereich recht engen Kontakt, umso belastender ist es zu sehen, wie schlecht es ihnen geht und, dass leider nicht alle den Kampf gegen die Krankheit schaffen. Ob impfen ja oder nein, muss jeder für sich selbst entscheiden. Da ich auf der Intensivstation die Schwerkranken und beatmeten Patienten mit Covid-19 pflege und versorge, gab es für mich keine Frage, ob ich mich impfen lasse. Wenn man die Krankheit so nah erlebt und sieht, wie es Menschen, teils in meinem Alter geht, und dass es nicht alle schaffen, denkt man anders darüber nach. Lieber gehe ich das Risiko möglicher Nebenwirkungen ein, als dass ich selbst wegen Corona im Krankenhaus behandelt werden muss. Ich persönlich fühle mich jetzt jedenfalls deutlich sicherer und bin froh, geimpft zu sein. Wir Pflegekräfte haben da auch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Vor der Impfung wurden wir ausreichend aufgeklärt.“Intensivschwester
„Ich arbeite im Rettungsdienst, und habe dadurch relativ schnell die Möglichkeit der Impfung bekommen. Die Situation zu Corona ist beängstigend, es ist oft sehr schwierig, die Patienten in einem der Krankenhäuser abzugeben, weil auch diese an der Grenze sind. Und das nicht nur für Covid-19-Patienten. Weil es derzeit vielleicht die einzige Möglichkeit ist, etwas gegen das Virus zu tun, habe ich mich vergangenen Freitag impfen lassen. Der Aufwand ist sehr hoch: extra zum Impfzentrum, zum Arzt, mit dem man davor darüber spricht. Und dann geht’s zum Impfen. Wie jede andere Impfung auch, danach muss man sogar noch vor Ort bleiben und sich etwas ausruhen. Habe aber keinerlei Veränderungen gespürt und konnte dann auch diesen Bereich verlassen. Insgesamt hatte ich keine Beschwerden, wenigstens nicht mehr als bei anderen Impfungen, der Arm, der geimpft worden ist, tat etwas weh, und am frühen Abend war ich etwas müder als sonst. Aber auch dies war schnell im Griff, jetzt über 24 Stunden nach meiner ersten Impfung habe ich keine Beschwerden. Ich würde jedem empfehlen, sich impfen zu lassen, wenn er die Möglichkeit hat. Nur so schaffen wir gemeinsam den Kampf gegen Corona.“
Mitarbeiter im Rettungsdienst
„Ich bin 32 Jahre alt, Gesundheitsund Krankenpflegerin und tätig im Berufszweig der Heilerziehungspflege. Vergangene Woche hab ich die erste Impfung gegen Covid-19 erhalten. Der Weg zu dieser Entscheidung war kein einfacher, geprägt von ständig wechselnden Gedanken. Viele Pros und Contras wurden abgewägt, stundenweise Berichterstattungen verfolgt, seriöse und weniger seriöse Seiten durchforstet, Nächte zum Tag gemacht, um vorbereitet zu sein. Vorbereitet auf was? Auf die Impfung, deren Nebenwirkungen ich eventuell leichtfertig in Kauf nehme und irgendwann abbauen werden muss? Oder doch eine Impfung, deren Zulassung ungewohnt schnell war, aber mich schützt vor einem schweren Verlauf im Falle einer Infektion? Auch heute, einige Tage nach der Impfung, könnte ich noch keinen Vortrag über dieses Thema halten, denn wie wir alle wissen, wissen wir nur wenig. Schlussendlich stehe ich zu meiner Entscheidung, in der Hoffnung einen weiteren Teil dazu beigetragen zu haben, die Infektionswelle endlich in den Griff zu bekommen und um mich selbst zu schützen. Nebenwirkungen habe ich nur leichte verspürt … Schmerzen im Oberarm wie nach den meisten intramuskulären Impfungen und auffällige Abgeschlagenheit. Sonst geht es mir jedoch gut. Meine Angst, zu den 0,01 Prozent zu gehören, die an einer Gesichtslähmung leiden, hat sich nicht begründet. Jedoch musste ich die Erfahrung größerer Kritik an meiner Entscheidung machen. Schlussendlich muss jeder diese Entscheidung für sich selbst treffen, denn auch wenn ich mich persönlich für die Impfung entschieden habe, weiß ich, wie schwer der Weg dorthin war. Ich bin weiter impfkritisch, denn alleine das verhilft uns zu einer verantwortungsvollen Entscheidung für uns selbst. Leider fehlt derzeit die Verhältnismäßigkeit zwischen „kritisch hinterfragen“und unverantwortlich als falsch deklarieren“. Heilerziehungspflege
„Eigentlich will ich gar nichts dazu sagen, aber die vielen Kommentare von Corona-Leugnern machen mich wütend. Wir erleben die Folgen des Virus bei der Arbeit immer wieder. Corona kann man nicht leugnen und ich gebe zu, ich habe Angst davor. In meinem Bekanntenkreis werde ich teils gemieden, weil ich an die Gefahr des Virus und an die Masken erinnere. Ich hatte immer wieder Kontakt zu Corona-Patienten und trotz aller Vorsicht sitzt man dann daheim und macht sich Sorgen, ob irgendwas schief gegangen ist. Sobald ich kann, will ich mich auch impfen lassen, ich habe mich sehr ausführlich darüber informiert. Leider läuft von der Verteilung her noch nicht alles rund. Die Politik hat viel zu wenig Impfstoff eingekauft, ich warte seit Ewigkeiten auf die Bestätigung, dass ich zum Impfen kommen kann. Ich verstehe, wenn jemand Angst davor hat oder abwarten will. Ich hatte anfangs auch gemischte Gefühle. Aber anders geht die Pandemie nicht vorbei. Die ganze Situation ist sehr schwer. Im ersten Lockdown gab es noch Beifall und Essensgeld, das hätte man sich schenken können. Jetzt gibt es gar keine Anerkennung mehr. Wir machen alles wie immer, nur eben unter deutlich erschwerten Bedingungen. Die Anerkennung gebührt uns vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. Die Gehälter sollten mal richtig aufgestockt werden und man sollte für eine angemessene Rente sorgen. Ich persönlich wünsche mir nur eins: Dass wir alle gesund bleiben und jeder wieder seine Familie und Freunde sehen und vor allem endlich wieder umarmen kann.“
Krankenschwester