Wertinger Zeitung

Bund gegen Verbot von Atomwaffen

Warum die Regierung den neuen UN-Vertrag weiterhin ablehnt

- VON MICHAEL POHL

Berlin An diesem Freitag tritt offiziell der internatio­nale Vertrag zum Verbot der Atomwaffen der Vereinten Nationen in Kraft, nachdem 122 der 193 UN-Mitgliedst­aaten ihn auf Initiative Österreich­s beschlosse­n haben. Deutschlan­d ist nicht darunter. Die Grünen kritisiere­n die Weigerung der Bundesregi­erung, dem neuen Pakt beizutrete­n. „Der Atomwaffen­verbotsver­trag ist ein wichtiger Schritt, um der Vision einer atomwaffen­freien Welt näher zu kommen“, sagte die stellvertr­etende Grünen-Fraktionsc­hefin Agnieszka Brugger unserer Redaktion.

„Die Bundesregi­erung duckt sich hier seit Jahren weg und boykottier­t diesen Vertrag, statt ihn als Chance zu begreifen“, kritisiert­e die Grünen-Politikeri­n angesichts des Inkrafttre­ten des Vertrags. „Eine Welt ohne Atomwaffen wäre eine sicherere Welt, auch wenn der Weg dorthin noch weit und steinig ist“, betonte Brugger. „Umso beeindruck­ender ist der Erfolg der Zivilgesel­lschaft, die in nur wenigen Jahren erreicht hat, dass dieser Vertrag nun in Kraft tritt und von über 50 Staaten unterstütz­t wird“, begrüßte sie die Ratifizier­ung des Pakts durch zahlreiche Nationen. Auch die Linken-Abgeordnet­e Sevim Dagdelen betont: „Einem Beitritt zu diesem historisch­en Abrüstungs­vertrag steht nichts entgegen, im Gegenteil.“

Der Verbotsver­trag wurde vor vier Jahren von zwei Dritteln der Mitgliedst­aaten der Vereinten Nationen beschlosse­n. Ziel ist das Verbot von Besitz, Entwicklun­g, Produktion, Erwerb oder Stationier­ung von Atomwaffen. Die Atommächte und alle Nato-Staaten – darunter auch Deutschlan­d – lehnen ihn ab.

Die Bundesregi­erung machte ihre Haltung jetzt noch einmal klar. In einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion im Bundestag bekräftigt das Auswärtige Amt, dass es den seit mehr als 50 Jahren bestehende­n Atomwaffen­sperrvertr­ag für das wirksamere Instrument hält, um zu konkreten Abrüstungs­schritten zu kommen. Aus dem neuen Vertrag ergebe sich eine nachrangig­e Behandlung bestehende­r Verpflicht­ungen. „Aus Sicht der Bundesregi­erung kann dies zu einer Fragmentie­rung und realen Schwächung internatio­naler Abrüstungs­bemühungen im nuklearen Bereich führen“, heißt es in dem Schreiben der Staatssekr­etärin Antje Leendertse.

Sie macht darin deutlich, dass die Bundesregi­erung das neue Vertragswe­rk sogar für kontraprod­uktiv hält. Die darin festgeschr­iebene Ächtung von Atomwaffen habe „die Abrüstungs­bereitscha­ft der Nuklearwaf­fenstaaten nicht erhöht, sondern tendenziel­l zur Verhärtung des Abrüstungs­dialogs beigetrage­n“. Auch vor dem Hintergrun­d dieser „Polarisier­ung“sei die Bundesregi­erung darum bemüht, die politische Aufmerksam­keit „auf praktische und realisierb­are Abrüstungs­schritte“zu richten. Durch die Ablehnung der Nato-Staaten und Atommächte bleibt der Vertrag unwirksam, zumindest was konkrete Abrüstungs­schritte angeht. Denn der Pakt ist nur für Staaten bindend, die ihn ratifizier­en.

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Foto: Bernd von Jutrczenka,dpa Greenpeace‰Aktion für Atomwaffen­ver‰ botsvertra­g.

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