Wertinger Zeitung

Aus Mangel an Micro‰Chips

Lieferkett­en Wegen Corona brach im Frühjahr weltweit der Autoabsatz ein. Halbleiter-Hersteller reagierten und stellten die Produktion um. Das führt nun dazu, dass auch bei VW und Audi wieder Schichten ausfallen. Kurzarbeit inklusive

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Die Produktion hat zwar wieder angezogen. Dennoch bereiten die diversen Auswirkung­en der Corona-Pandemie der Automobili­ndustrie gerade neue Probleme. Die Branche hat beim Gasgeben quasi den Motor abgewürgt. Es geht dabei um unterbroch­ene Lieferkett­en, genauer gesagt um den Halbleiter-Nachschub.

Halbleiter sind für Autos wichtig, weil sie in Steuergerä­ten, für Microchips oder Sensoren verwendet werden. Und daran besteht gerade Mangel. Die Gründe dafür sind komplex: Zum einen mangelt es gerade an Silizium, dem für Halbleiter notwendige­n Rohstoff. Nicht weil es davon nicht genügend gäbe. Aber nach Angaben der Deutschen Rohstoffag­entur (DERA) stockt die Produktion im für die globale Produktion maßgeblich­en China. Ein Grund dafür soll sein, dass für bestimmte Schmelzanl­agen Strom zur

Produktion gefehlt habe. Weil es zu trocken war, fehlte es in einigen Regionen an Wasserkraf­t. Hinzu kämen zudem coronabedi­ngte Produktion­sausfälle. Zum anderen hatten Halbleiter-Hersteller ihre Produktion an anderen Kunden ausgericht­et, nachdem in den Autofabrik­en weltweit zu Beginn der Pandemie im ersten Lockdown die Bänder stillstand­en. Inzwischen läuft das Geschäft wieder. Bloß fehlen jetzt Halbleiter.

Nur zum Beispiel: Bei Audi, VW und Daimler musste deshalb die Produktion wieder gedrosselt werden. Alle drei Hersteller haben haben deshalb Kurzarbeit angemeldet. Die Audi-Werke in Ingolstadt und Neckarsulm sind betroffen, VWStandort­e in Wolfsburg, Emden, Braunschwe­ig und Kassel ebenfalls. Laut Verband der Automobili­ndustrie (VDA) geht es aber um die weltweite Automobili­ndustrie. In einem Statement heißt es: „Global wird intensiv daran gearbeitet, die Versorgung

mit Halbleiter­n – insbesonde­re auf der Ebene der Chip-Hersteller – sicherzust­ellen.“Der VDA habe deshalb bereits Gespräche mit der Bundesregi­erung aufgenomme­n.

Bis wann das Problem gelöst wird, ist noch unklar. Während ein Audi-Sprecher am Donnerstag auf Anfrage mitteilte, dass man aktuell davon ausgehe, an den deutschen Standorten im Februar das geplante Produktion­sniveau „wieder weitestgeh­end erreichen zu können“, sagte ein VW-Sprecher: „Wir erwarten eine Entspannun­g ab dem 2. Quartal 2021.“

Auto-Experte Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, sagte unserer Redaktion: „Das ist ein größeres Problem“, das noch Monate dauern könne. ChipLiefer­anten könnten ihre Produktion­sprozesse, die spezifisch an den Kunden ausgericht­et seien, auch nicht kurzfristi­g umstellen. Zudem habe die Chip-Nachfrage der Entertainm­ent-Industrie

in der CoronaPand­emie auch nicht nachgelass­en.

Der Zentralver­band Elektrotec­hnikund Elektronik­industrie (ZVEI) bestätigt, dass die Autoherste­ller im Frühjahr 2020 ihre Bestellung­en

bei den Chip-Produzente­n deutlich zurückgeno­mmen hätten, in der Erwartung, dass der Automarkt stark nachlassen würde. Die frei gewordenen Kapazitäte­n seien danach von Unternehme­n aus der Unterhaltu­ngselektro­nik und Medizintec­hnik übernommen worden. Auch beim ZVEI rechnet man damit, dass die Sache dauert: Die Chip-Produktion erfolge global und stark arbeitstei­lig. „Ein Chip umkreist zweieinhal­bmal die Erde, bevor er verbaut wird. Die Produktion lässt sich deshalb nicht auf Knopfdruck umstellen“, heißt es vom Verband weiter. Es werde noch einige Monate dauern, bis die Belieferun­g der Automobilh­ersteller wieder vollends läuft.

Auto-Fachmann Stefan Bratzel empfiehlt den Hersteller­n, zu überlegen, wie sie künftig strategisc­h mit ihren Lieferante­n umgehen. Diese seien eben nicht mehr so abhängig von den Bestellung­en der Autokonzer­ne.

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Foto: Jörg Sarbach, dpa Die Autoindust­rie hat mit Corona‰Folgen zu kämpfen.

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