Nur kein Druck
Wegen dem Coronavirus haben bereits 90 Menschen aus dem Landkreis Dillingen ihr Leben verloren. Es sind Bekannte, Freunde, Angehörige, die niemals wieder zurückkehren werden. Schon deshalb sollten wir alle mit mehr Disziplin und mehr Verbissenheit gegen die Ausbreitung des Virus kämpfen, doch längst nicht jeder schließt sich diesem Kampf an.
An vorderster Front lassen wir ihn stattdessen die vielen Pflegekräfte austragen, die in den Kreiskliniken, im Seniorenheim St. Klara in Wertingen, beim Roten Kreuz oder im Bissinger Altenheim arbeiten. Schon vor der Pandemie waren sie nicht gerade beneidenswert. Doch war ihre Arbeit früher körperlich und psychisch anstrengend, ist sie das heute erst recht. Sie sehen Menschen anders als früher völlig allein leiden, sterben – und können ihnen oft nicht einmal mehr etwas Gutes tun oder wenigstens bei ihnen sein. Dazu haben Politik und Bevölkerung wie selbstverständlich die Erwartung, jede Pflegekraft müsse sich jetzt impfen lassen. Gar über eine Impfpflicht wird da diskutiert – auf Grundlage einer Blitz(!)-Umfrage, an der jeder hätte teilnehmen können.
Wir als Gesellschaft bauen auf unsere Krankenschwestern, Sanitäter und Altenpfleger zu viel Druck auf. Wir können nicht erwarten, dass sich jeder von ihnen nach einem Jahr der Pandemie und der Entbehrungen bereitwillig in die Bresche wirft und den Pieks geben lässt. Zumal wir es uns nicht leisten können, wenn manche von ihnen lieber kündigen würden, als sich zur Impfung verpflichten zu lassen. Statt Druck braucht es mehr, neutrale und verständliche Aufklärung. Und statt beim ersten Schneefall in Massen den nächstbesten Hügel auf dem Schlitten runterzurutschen, sollten wir an die denken, die Tag für Tag für uns an der Front stehen und einfach zu Hause bleiben.
Aktuell ist der Landkreis auf einem guten Weg. Seit einigen Tagen sinkt der Inzidenzwert wieder. Am Donnerstag lag er bei 74,56. Grund zur Entspannung gibt es aber noch nicht.