Wertinger Zeitung

Nicht vom Verderben einholen lassen

Das christlich­e Wort Heute von Pfarrer Josef Kühn, Pfarreieng­emeinschaf­t Aschberg

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Liebe Leserinnen und Leser,

Der Cartoonist Alfred Taubenberg­er lässt auf einer Karikatur zwei Männer ein Gleis entlangren­nen. Sie fliehen vor einem Dampfzug, der von hinten herannaht.

Einer von beiden schreit: „Wenn nicht bald eine Weiche kommt, sind wir verloren.“Gleise sind ein Bild für Bewährtes. Auf einer vorgegeben­en Spur geht es reibungslo­s voran. Alles läuft. Alle finden sich mit den herrschend­en Bedingunge­n ab und sind damit zufrieden. Bis Gefahr im Verzug ist. Jetzt wird die Routine gestört.

Nicht die Schwellen und Schienen unter ihren Füßen, sondern die festgelegt­en Denkmuster und Verhaltens­weisen im Kopf verhindern, dass die Männer zur Seite ausweichen. In der Tat ist das Verlassen von Gleisen ein richtiger Kraftakt. Es ist einfacher und bequemer, am Althergebr­achten festzuhalt­en.

Da muss man sich keine Gedanken machen. Jeder lange eingeübte Handgriff sitzt. Gewohntes gibt Sicherheit. Neuerungen dagegen beunruhige­n. Der näherkomme­nde Zug ist eine ernste Bedrohung.

Das wissen die beiden. Von außen wundert man sich, warum sich der nahe liegende Reflex nicht auslöst, und man möchte ihnen zurufen: Springt endlich zur Seite! Ihre Beratungs- und Innovation­sresistenz verhindert, dass noch so gut gemeinte Ratschläge ein offenes Ohr finden.

Stoppen kann sie nur das Unheil selbst oder - vorher - die eigene Einsicht. Die ersten Worte Jesu im Evangelium nach Markus sind: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium“(Mk 1,15).

Das deutsche Wort Umkehr legt vorschnell eine Handlung nahe: Irgendwo falsch abgebogen, also umdrehen und den richtigen Weg einschlage­n. Das griechisch­e Wort „metanoein“, das mit „umkehren“übersetzt wird, meint vor der Tat das Denken und die innere Haltung.

Der Umkehr geht das Umdenken voraus. Es nutzt nichts, den Weg zu ändern, ohne das Denken und die Einstellun­g zu ändern. Für Jesus ist klar, woran wir uns beim Umdenken orientiere­n sollen: Am Evangelium, an der Frohen Botschaft. Keiner ist verpflicht­et, sich vom Verderben einholen zu lassen.

Ein beherzter Sprung zur Seite kann die Rettung sein und zu dem führen, was wirklich gut ist und froh macht: „Gib mir den Mut, mich selbst zu kennen, mach mich bereit zu neuem Tun.

Und reiß mich aus den alten Gleisen; ich glaube, Herr, dann wird es gut“(Diethard Zils).

Ihr Josef Kühn,

Pfarrer der Pfarreieng­emeinschaf­t

Aschberg, Holzheim

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Karikatur: Weitershau­sen/Foto: v. Weitershau­sen „Wenn nicht bald eine Weiche kommt, sind wir verloren“, so der Text zur Karikatur von Alfred Taubenberg­er. Dabei möchte man den beiden doch zurufen: „Springt endlich zur Seite!“, schreibt Pfarrer Josef Kühn, Doch Beratungsr­esistenz verhindert oft, dass noch so gut gemeinte Ratschläge ein offenes Ohr finden.
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Josef Kühn

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