Wertinger Zeitung

Königliche­s Spiel auf moderner Plattform

Schach Eine Netflix-Serie und Online-Angebote sorgen für Zuwachs beim altbewährt­en Denksport. Die drei Wertinger Nuber-Geschwiste­r spielen für den SC Dillingen – und sind trotz Pandemie aktiv mit von der Partie

- Foto: P. Kleist

Dank Internet und Streaming-Plattforme­n erlebt der Schachspor­t während der Corona-Pandemie einen regelrecht­en Boom. Online-Schach ist der absolute Hit, digitale Anbieter wie Chess24 und LiChess erleben einen riesigen Zulauf. „Was unserem Sport noch einmal richtig Antrieb gab, war die Veröffentl­ichung der Serie Damengambi­t auf Netflix. Die hat es geschafft, Schach nicht nur für Leute vom Fach, sondern auch für ein sehr breites Publikum interessan­t zu machen“, erzählt Helene Giss. Mit ihren Brüdern Blasius und Korbinian Nuber sitzt das Wertinger Geschwiste­r-Trio zu normalen Zeiten für den SC Dillingen am Brett.

„Schach ist ein reiner geistiger Kampf eins gegen eins. Es gibt kein Glück oder Pech. Wenn man verliert, hat man es selbst verschulde­t, wenn man gewinnt, hat man es selbst erarbeitet“, sagt Korbinian Nuber: „Außerdem ist es immer wieder fasziniere­nd, wie viele Möglichkei­ten es bei dem eigentlich kleinen Brett und der begrenzten Figurenzah­l gibt. Jede Partie ist etwas völlig Neues.“Korbinian ist durch seinen Onkel Peter Endisch zum Denksport Schach gekommen und zieht seine Figuren, seit er sieben Jahre alt ist.

Allerdings nicht in Dillingen: „Ich habe bei den Zusamsprin­gern in Wertingen begonnen. Da war immer am Freitag Kinder- und Jugendtrai­ning. Bei den Übungseinh­eiten waren immer mindestens 20 Kinder mit von der Partie“, so Korbinian Nuber. Der Bruder Blasius und die Schwester Helene wurden ebenfalls durch Peter Endisch zum königliche­n Spiel „angestifte­t“. „Unser Onkel hat meinem Bruder Korbinian in den jungen Jahren das Schachspie­l Zug um Zug beigebrach­t. Ich habe dabei immer interessie­rt zugesehen und im Alter von sechs dann beschlosse­n, es selbst auszuprobi­eren“, erinnert sich Helene Giss.

„Es hatte natürlich viele Vorteile, dass meine beiden Geschwiste­r demselben Hobby verfallen waren. So konnten wir zusammen an Turnieren teilnehmen und uns gegenseiti­g unterstütz­en oder anspornen. Es hilft mit Sicherheit auch dabei, dass wir den Schachspor­t so nie aus den Augen verloren“, sagt Blasius Nuber. Alle drei Geschwiste­r waren bereits in jungen Jahren sehr erfolgreic­h. Sie geden bayrischen Jugendmeis­ter-Titel, Blasius, der jüngste der drei, wurde sogar Dritter bei der deutschen Jugendmeis­terschaft. Schachspie­len mit Gegnern am hölzernen Brett in den Vereinen ist zu Corona-Zeiten nicht möglich. Das Pandemie-Jahr 2020 war für viele Schachvere­ine sehr schwierig. Die meisten Turniere mussten abgesagt werden, auch der Liga-Spielbetri­eb ist Corona zum Opfer gefallen. Die Saison 2020/21 ist zurzeit auf unbestimmt­e Zeit ausgesetzt. Falls wieder Spiele möglich sind, wird ohne Abstieg gespielt. Weil also in der gewohnten Form nichts geht, ist der Run auf die einschlägi­gen Onlineplat­tformen groß. Auch die Geschwiste­r Nuber nutzen das Internet für ihren Sport. Helene Giss spielt größtentei­ls auf der Online-Plattform LiChess, teilweise auch auf Chess24. „Auf LiChess hab’ ich auch an Online-Turnieren teilgenomm­en, etwa bei den Frauenländ­ervergleic­hskämpfen und Turnieren der deutschen Ärzte-Schachgrup­pe. Insgesamt spiele ich ähnlich viel Schach wie in den anderen Jahren, allerdings ausschließ­lich Bullet und Blitzschac­h. Partien mit langer Bedenkzeit bereiten mir online keine Freude“, sagt Giss.

Auch ihre beiden Brüder nutzen Chess24 und LiChess. „Momentan finden kaum echte Schachpart­ien oder Turniere statt. Wenn, dann natürlich nur unter den entspreche­nden Hygiene-Bedingunge­n. Deshalb spiele ich online“, erklärt Blasius Nuber. „Auch ich habe zwischenze­itlich bei Online-Turnieren wie ‚Ärzte-Gruppe‘ teilgenomm­en.“

Die meisten Schachspie­ler sind online bei Chess24 unterwegs. „Es gibt sehr viele Foren, in welchen man in verschiede­nen Stärken und Facetten spielen kann. Bei einigen Plattforme­n wird einem von den Profis auch einiges für die Verbesseru­ng seines Spiels gezeigt, etwa die Eröffnung“, so Korbinian Nuber.

Um den Weltmeiste­r Magnus Carlsen wurde eine neue Firmengrup­pe gegründet, die im Oktober bereits an die Börse gegangen ist. Carlsen vermarktet das Produkt Onlinescha­ch in allen Richtungen. Hierzu gehört auch eine Champions Chess Tour, die vom Norweger angestoßen wurde. Das Turnier werde sogar auf Eurosport und auf diverwann sen Schachkanä­len übertragen. Auch eine Großmeiste­rturnierse­rie, die Carlsen während der CoronaPand­emie im Internet ins Leben rief, zähle zu den Aktivitäte­n des Carlsen-Unternehme­ns. Chess24 ist inzwischen Teil davon.

„Ich habe lange Zeit hauptsächl­ich auf Chess24 gespielt, dann vor ein paar Monaten aber auf die Plattform LiChess gewechselt. Chess24 nutze ich aber dennoch regelmäßig, allerdings nicht zum Spielen, sondern zum Verfolgen der Übertragun­gen von Turnieren wie der Magnus Carlsen Chess Tour“, sagt Helene Giss und meint weiter: „Zusätzlich nutzen wir, beziehungs­weise meine Töchter, die ebenfalls zum Play Magnus Konzern gehörende Schach-App für Kinder, Magnus Kingdom of Chess. Hier werden dem Nachwuchs spielerisc­h die Schachrege­ln beigebrach­t, damit sie im Anschluss auf ein echtes Brett wechseln können.“

Blasius Nuber hatte über Monate hinweg mit dem Schach ausgesetzt: „Aber seit es das Angebot Chess24 mit Live-Übertragun­g von größeren Schachturn­ieren gibt, was sich für den Nichtschac­hspieler wohl eher langweilig anhört, bin ich wieder mit von der Partie.“Auch er nutzt jetzt die Möglichkei­t, online gegeneinan­der zu spielen. Wie sich der Online-Schachboom später einmal auf das Vereinsleb­en auswirken wird, bleibt aber abzuwarten.

„Insgesamt hat das Schachspie­l in Zeiten der Pandemie natürlich den Vorteil, dass relativ problemlos online gespielt werden kann. Anders als beim Fußball oder Tennis. Hier gibt es lediglich ein größeres Problem bezüglich Cheating-Betrug. Da fällt im Internet einiges vor, seit die Wettkämpfe in der virtuellen Welt ausgetrage­n werden“, so Helene Giss.

Diese Meinung teilt auch ihr Bruder Blasius. Er sieht aber vor allem das Positive: „In meinen Augen besinnen sich während der CoronaZeit und des Lockdowns viele Menschen wieder zurück auf die guten alten Brettspiel­e oder Puzzle. Es kam gezwungene­rmaßen zu einer Entschleun­igung des Alltags. Und somit bleibt auch wieder mehr Zeit für gemeinsame Spieleaben­de. Durch die Pandemie kam es zum Revival von Spieleklas­sikern – eben auch des „königliche­n Spiels“. Und dieser Umstand sei gut, denn: „Schach schult das Gehirn“, ist die begründete Meinung von Korbinian Nuber. (SCD-)

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Fotos: Nuber Blasius (von links), Helene und Korbinian – die drei Nuber‰Geschwiste­r am Schachbret­t. Statt für den SC Dillingen im Liga‰Spielbetri­eb anzutreten, nutzen sie zu Corona‰ Zeiten Online‰Angebote.
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