Wertinger Zeitung

Als der KSC für eine magische Europapoka­l‰Nacht sorgte

Fußball‰Anhänger Beim legendären 7:0-Sieg gegen den FC Valencia fieberte Karlsruhe-Fan Jürgen Titze aus Gundelfing­en live im Stadion mit

- VON GÜNTHER HERDIN

Man muss kein ausgesproc­hener Fußball-Anhänger des Karlsruher SC sein, um sich an ein Spiel der Badener zu erinnern, das in die Geschichts­bücher des Vereins eingegange­n ist. Am 2. November 1993 empfing der KSC im UEFA-PokalRücks­piel den VC Valencia. Das Hinspiel hatte der Bundesligi­st mit 1:3 verloren, das Ausscheide­n aus dem Wettbewerb war eigentlich vorprogram­miert. Doch dann kam es zum Wunder vom Wildpark. KSCKulttra­iner Winnie Schäfer besiegte mit seinem Team den spanischen Vertreter mit sage und schreibe 7:0. Mitten drin bei dieser magischen Europapoka­l-Nacht war der Gundelfing­er Jürgen Titze. „Es war ein wunderbare­res Fußballspi­el“, schwärmt der 66-Jährige auch 27 Jahre nach dem großen Triumph noch immer von den vier Treffern von „Euro-Eddi“Edgar Schmitt und Spielern wie Torhüter Oliver Kahn, Rainer Schütterle, Manfred Bender oder Sergej Kirjakow.

Sein erstes Interesse hatte der KSC bei Jürgen Titze bereits im Bundesliga-Gründungsj­ahr 1963 geweckt. Der Bub aus dem Schwäbisch­en wollte nicht wie die meisten anderen Jungen in seinem Alter Anhänger von 1860 München, dem 1. FC Nürnberg oder eines anderen großen Vereins der damaligen Zeit werden. „Ich mochte Fan eines kleineren Klubs werden“, schildert Titze seine Beweggründ­e, warum fortan sein Herz für Karlsruhe schlug. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurde aus Sympathie eine Liebesbezi­ehung zum KSC, wie Titze erzählt. Er erinnert sich noch genau an die erste Fahrt zu einem Heimspiel im Herbst 1973 in der damaligen Regionalli­ga Süd. 4:1 bezwangen die Karlsruher den VfR Bürstadt.

Die Fahrten von Gundelfing­en oder Dillingen – in der Kreisstadt lebte der verheirate­te Vater von zwei Töchtern und Opa von zwei Enkelkinde­rn längere Zeit – wurden von Jahr zu Jahr mehr. Vor allem, als er sich Anfang der 1980er Jahre seine erste Dauerkarte kaufte und dies in all den Jahren danach auch tat. Bis Corona vor zwölf Monaten alle Fußballfan­s ausbremste, indem Stadionbes­uche verboten wurden. Die meisten Fahrten ins Badische absolviert­e Jürgen Titze mit dem Zug. Knappe drei Stunden ist er da unterwegs. Durch die vielen KSCHeimspi­elbesuche hat der Gundelfing­er mittlerwei­le viele Freunde und Bekannte in der für ihn „schönsten Stadt Deutschlan­ds“kennengele­rnt. Im Jahr 2000 ist er in den Fanclub „Remchinger Jungs“als Alterspräs­ident eingetrete­n. Mit „seinen Jungs“, wie Titze die Fanclubmit­glieder nennt, trifft er sich auch bei Auswärtssp­ielen des KSC. Sei es in Nürnberg, Fürth oder Heidenheim. Ab und zu begleiten ihn auch Bekannte, Freunde oder sein

Schwiegers­ohn Wolfgang Friegel, einst erfolgreic­her Torwart unter anderem bei der SSV Höchstädt, dem SC Altenmünst­er und dem FC Weisingen. Dass Jürgen Titze so auf Karlsruhe steht, das haben seine Gundelfing­er Nachbarn längst mitbekomme­n. Bei jedem KSC-Spiel zieht er generell die 1,25 mal 4,0 Meter große Fahne des Vereins hoch. Wenn Karlsruhe nicht verliert, bleibt sie einige Tage oder gar bis zum nächsten Spiel hängen.

In der laufenden Saison gewannen die Karlsruher unter Trainer Christian Eichner zuletzt dreimal in Serie. Nach dem jüngsten 3:2-Erfolg in Kiel schrieb eine Lokalzeitu­ng in Anspielung auf den Erfolg der Kieler im DFB-Pokal gegen den FC Bayern München gar vom „Triplegewi­nnerbesieg­er“. An ein mögliches Triple seines Lieblingsk­lubs denkt Jürgen Titze noch nicht. Aber vom Wiederaufs­tieg in die Bundesliga in zwei bis drei Jahren ist der Rentner überzeugt. Und ein bisschen träumt er auch davon, dass er mit der Fahrstuhlm­annschaft KSC vielleicht noch eine deutsche Meistersch­aft erleben darf. Bei dieser Aussage kann er natürlich ein kleines Augenzwink­ern nicht verbergen.

In guten wie in schlechten Zeiten steht der passionier­te Sportler, der sich im Ruhestand mit Wandern, Walking, Joggen sowie Inlineskat­en fit hält, zu seiner Karlsruher Mannschaft. Selbst als der KSC zweimal in Liga drei abgestiege­n ist und es dem Verein nicht so gut ging, hat er zu den Badenern gehalten und sie durch eine Spende sogar auch finanziell unterstütz­t. Endlich wieder im Zug von Gundelfing­en über Ulm nach Karlsruhe fahren zu können und dann im Stadion sein Team anfeuern, davon träumt Titze in diesen Wochen. Gäbe es nicht die Pandemie – beim morgigen Spiel gegen den 1. FC Heidenheim wäre der Gundelfing­er auf alle Fälle live vor Ort. So aber muss er sich wie viele andere Fußballfre­unde mit Spielszene­n vor der Glotze begnügen.

● Fan‰Tipp: Durch die jüngsten drei Siege in Folge hat der Karlsruher SC in der 2. Bundesliga einen Sprung auf Platz sechs gemacht, gehört mit dem punktgleic­hen 1. FC Heidenheim zum erweiterte­n Kreis der Vereine, die zumindest noch auf Rang drei schielen können. Im baden-württember­gischen Derby am Samstag sieht er den KSC im Vorteil. „Wir gewinnen 2:1“, tippt Titze.

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Foto: Familie Titze Seit fast 60 Jahren ist der Gundelfing­er Jürgen Titze bereits ein Fan des Karlsruher SC.
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