Wertinger Zeitung

Doch kein Corona‰Lockdown in der Akademie

Serie Die Präsenzleh­rgänge der zentralen bayerische­n Fortbildun­gsstätte für Lehrer fallen derzeit aus. Umso gewaltiger ist die Nachfrage nach Online-Kursen. Und dann hat die ALP heuer noch etwas anderes Großes vor

- VON BERTHOLD VEH

Die Dillinger Akademie für Lehrerfort­bildung und Personalfü­hrung wurde vor 50 Jahren gegründet. Wir berichten in einer kleinen Serie über die Nachfolge-Institutio­n der einstigen Dillinger Hochschule.

Dillingen Für viele alteingese­ssene Dillinger war der 18. Februar 1971 kein Tag zum Feiern. Nach dem Ende der Philosophi­sch-Theologisc­hen Hochschule, deren Fakultäten in der neuen Universitä­t Augsburg aufgingen, wurde damals die Akademie für Lehrerfort­bildung (ALP) gegründet. Diese Nachfolge-Nutzung in den Räumen der ehemaligen Jesuitenun­iversität entwickelt­e sich zum Erfolgsmod­ell. Anfangs besuchten etwa 1700 Pädagogen jährlich die rund 50 angebotene­n Lehrgänge. Heute kennen wohl alle Lehrerinne­n und Lehrer in Bayern den Namen Dillingen an der Donau. Der Grund: „Wir sind die zentrale Fortbildun­gsstelle für die Lehrer aller Schularten in Bayern“, sagt Akademiedi­rektor Alfred Kotter. Die Teilnehmer­zahlen seien in den vergangene­n Jahren explodiert. 2019, im Jahr vor dem Corona-Ausbruch in Deutschlan­d, besuchten etwa 27000 Teilnehmer Präsenzleh­rgänge in Dillingen, erläutert Kotter. Und rund 25000 Lehrer bildeten sich bei Online-Lehrgängen der Akademie fort.

Gegenüber der Philosophi­schTheolog­ischen Hochschule, die ihre Blütezeit hinter sich hatte, war die neue Lehrerakad­emie ziemlich schnell ein bedeutende­r wirtschaft­licher Faktor für die Kreisstadt Dillingen. Wie Kotter erläutert, kamen in Normalzeit­en zuletzt etwa 600 Lehrer pro Woche nach Dillingen. Am Mittwoch war Wechseltag, an dem die einen abreisten und die anderen anreisten. Im Schnitt hielten sich also zusätzlich immer 300 Lehrer und Lehrerinne­n in Dillingen auf, die hier auch einkauften und einkehrten. Zudem richtete die Akademie vor Corona an Freitagen oft Großverans­taltungen im Stadtsaal aus, zu denen zusätzlich 400 Teilnehmer erschienen. „Da wurden dann bis zu 700 Essen ausgegeben“, erläutert Kotter die logistisch­en Anforderun­gen. Aber die wirtschaft­liche Komponente sei ja nur ein Nebenschau­platz. „Unter den Lehrern ist Dillingen eine Mar

betont Kotter. „Die Akademie hat deutschlan­dweit ein hohes Ansehen.“Von der Strahlkraf­t her könne die Dillinger Lehrerfort­bildung mit der ehemaligen Hochschule allemal mithalten. Der Akademie-Direktor sagt: „Für Dillingen war es ein Glücksfall, dass der Freistaat diese Nachfolgen­utzung für die einstige Hochschule gefunden hat.“

Das 50-jährige Bestehen hätte die Akademie groß feiern wollen. Wie Oberbürger­meister Frank Kunz jüngst in einem Interview in unserer Zeitung erläuterte, zählt dies neben dem 200. Geburtstag des Wasserdokt­ors Sebastian Kneipp und der Nachfeier von „800 Jahre Fristingen“zu den großen Jubiläen des Jahres in der Kreisstadt. Schon der Dillinger Neujahrsem­pfang, der wegen der Pandemie nicht stattfand, hätte der Akademie gewidmet werden sollen. Direktor Kotter sagt: „Wir haben viel geplant, aber das wegen Corona auf Eis.“Das geplante Jubiläums-Programm sei schon stark geschrumpf­t, und auch die verblieben­en Aktionen stehen laut Kotter „unter dem Vorbehalt, dass die Pandemiela­ge zum gegebenen Zeitpunkt eine Durchführu­ng ermöglicht“. Folgende Aktivitäte­n sind aber noch geplant: Von Mai bis Juli soll es vier Konzerte, unter anderem mit den Piccadilly­s im Goldenen Saal und in der Studienkir­che geben. „Die Leitlinie ist dabei das Motto ‚Tradition, Gegenwart, Zukunft‘“, sagt Kotter. In den Musikdarbi­etungen sollen sich deshalb Barock, Zeitgenöss­isches und Experiment­elles finden.

Die zentrale Veranstalt­ung wäre am Samstag, 17. Juli, der Tag der offenen Tür mit vielfältig­en Angeboten wie Führungen durch die Akademie mit Goldenem Saal, Bibliothek und Sammlung. Es soll, so jedenfalls die Planung, Technik-Vorke“, führungen und ein Kinderprog­ramm geben. „An Essen und Musik hatten wir auch gedacht“, sagt Kotter. Aber dazu müsse man jetzt die Entwicklun­g abwarten. Am Freitag, 24. September, ist schließlic­h der Festakt mit Kultusmini­ster Michael Piazolo geplant.

Corona hat auch die Situation in der Dillinger Akademie für Lehrerfort­bildung und Personalfü­hrung „dramatisch verändert“, informiert Kotter. Die Präsenzleh­rgänge sind derzeit weggebroch­en, aber online geht es richtig ab in der Akademie. Hunderte von Präsenzleh­rgängen wurden in Online-Formate umgewandel­t, Selbstlern­kurse hatten Hunderttau­sende von Teilnehmer­n. Zudem wurde die Stabsstell­e Medien.Pädagogik.Didaktik neu etabliert – eine zentrale Einrichtun­g für Fortbildun­gsangebote auf der Basis von Videokonfe­renzen. Von September bis Weihnachte­n 2020 hatliegt ten 75 000 Teilnehmer Online-Fortbildun­gen der Dillinger Stabsstell­e wahrgenomm­en. „Die Dynamik ist unglaublic­h“, sagt Kotter. Am Bußund Bettag allein, dem traditione­llen Fortbildun­gstag der Lehrer, hätten 25000 Pädagogen Angebote der Akademie wahrgenomm­en. „Im Digitalen explodiere­n unsere Teilnehmer­zahlen“, erläutert der Akademiedi­rektor. Die Pandemie werde die Dillinger Akademie „grundlegen­d verändern“, glaubt Kotter. „Wir werden ein hohes Maß an Online-Fortbildun­gsmöglichk­eiten beibehalte­n.“Präsenzkur­se seien natürlich nach wie vor notwendig, sie würden aber oft mit Online-Angeboten verknüpft werden. Vor Ort könne dann das vertiefte Verständni­s für Zusammenhä­nge vermittelt werden. „Es wird nach der Pandemie anders werden“, sagt Kotter. Wohin die Reise gehe, könne aber noch niemand genau vorhersage­n.

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Foto: Berthold Veh (Archiv) Dieses Foto vom ersten Lockdown zeigt nach außen hin einen Stillstand an der Dillinger Akademie für Lehrerfort­bildung und Personalfü­hrung (ALP). Die Präsenzleh­rgänge sind wegen Corona derzeit weggebroch­en. Bei Online‰Lehrgängen verzeichne­t die Lehrerbild­ungseinric­htung aber eine rasante Entwicklun­g.

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