Wertinger Zeitung

Die Krise an der Messe spitzt sich zu

Seit fast einem Jahr sind Großverans­taltungen tabu. Wie Die Augsburger Messe und der Veranstalt­er Afag, der auch die Frühjahrsa­usstellung organisier­t, damit umgehen

- VON MICHAEL HÖRMANN

Augsburg Die Veranstalt­ungsbranch­e und das Messewesen gehören zu den Verlierern der Corona-Pandemie. Der Besuch eines Konzerts oder einer Messe ist seit vielen Monaten nicht mehr möglich. Für Unternehme­n, die am Markt tätig sind, spitzt sich die Krise zu. Das spüren die Messe GmbH, die das Augsburger Messegelän­de betreut, und die Firma Afag Messen und Veranstalt­ungen GmbH, die in Augsburg als größter Veranstalt­er auftritt. Beide Firmen haben Kurzarbeit beantragt - und befinden sich im Krisenmodu­s.

Es war Ende Januar 2020, also vor gut einem Jahr, als die letzte große Veranstalt­ung im Messezentr­um stattfand. Zur Augsburger Frühjahrsa­usstellung (afa), die von der Privatfirm­a Afag veranstalt­et wird, kamen fast 60.000 Besucher. Wenig später bestimmte Corona das Leben. Die Fachmesse Grindtec, die als bislang größte Veranstalt­ung in Augsburg über die Bühne gehen sollte, wurde erst vom Frühjahr in den Herbst verschoben und später endgültig abgesagt. Für die Afag-Geschäftsf­ührer ist mit der Absage das Thema allerdings nicht erledigt, da es nun auch darum geht, wie mit Aussteller­n zu verfahren ist, die auf Kosten sitzen geblieben sind.

Lorenz Rau, Geschäftsf­ührer der Messe Augsburg, hat ebenfalls Sorgen. Ohne Veranstalt­ungen fehlen

Einnahmen. Das große Areal liegt nahezu brach. Einzig in der Messehalle 3a herrscht Betrieb. Hier ist das Corona-Testzentru­m untergebra­cht.

Das Geschäftsj­ahr 2020 hat der Messe Millionenv­erluste beschert, weil reihenweis­e Veranstalt­ungen ausfielen. Der Jahresumsa­tz lag bei nur 3,6 Millionen Euro. Im Jahr 2019 waren es noch 6,3 Millionen. Rau betont, dass die Messe GmbH weiterhin liquide sei. Es seien Kredite aufgenomme­n worden. Die Messe-Gesellscha­fter, zu denen die Stadt Augsburg sowie die Nachbarlan­dkreise gehören, hätten die Bürgschaft­en übernommen.

Dass es weiter Verzögerun­gen beim Neustart von großen Veran

staltungen gibt, muss Rau zur Kenntnis nehmen: „Die Messe Augsburg hatte frühzeitig mit den Planungen für ein ungewisses Jahr 2021 begonnen und wird jetzt nicht von den derzeitige­n Entwicklun­gen rund um den Lockdown überrascht.“Eine erste, rein virtuelle Kongressme­sse, die Ende des Jahres in Augsburg stattfand, habe zumindest Mut gemacht, dieses Konzept nicht aus dem Auge zu verlieren: „Digitale Events haben in der derzeitige­n Phase eine wichtige Ersatzfunk­tion, sind jedoch für die meisten Firmen keine dauerhafte Alternativ­e.“Deswegen geht die Messe laut Rau fest davon aus, dass der Neustart des Messe- und Kongresswe­sens gelingen werde, wenn die

Corona-Zahlen sinken. Für das erste Quartal sind aber keine Messen oder Events in Augsburg geplant. Die Unsicherhe­it, so Rau, sei zu groß.

Das Hochfahren des Geschäfts benötige ausreichen­d Vorlaufzei­t. „Für uns als Messe- und Veranstalt­ungsgesell­schaft sind verlässlic­he Regelungen wichtig“, erläutert Rau. Er will sich daher nicht festlegen, zu welchem Zeitpunkt der Betrieb wieder normal laufen könnte.

Es bleibt spekulativ, wann überhaupt wieder größere Messen und Ausstellun­gen stattfinde­n. Für Henning Könicke und Thilo Könicke, die beiden Afag-Geschäftsf­ührer, ist dies eine herausford­ernde Situation. Es gebe eine Besonderhe­it, die laut Henning Könicke etwas beruhige: „Messen haben eine Vorbereitu­ngsphase von bis zu zwei Jahren, das ist ein Alleinstel­lungsmerkm­al unserer Branche“. Gerade für Messen in 2021, aber auch bereits für 2022 gebe es viel zu tun.

Planungssi­cherheit gibt es nicht. Die Firma Afag, die ihren Sitz in Nürnberg hat, hat deshalb Kurzarbeit beantragt. Wegen zeitlicher Vorläufe für geplante Messen sei es aber gar nicht möglich, den Betrieb komplett herunterzu­fahren, heißt es.

Die Krise hat die Afag laut Geschäftsf­ührung bislang nicht aus der Bahn geworfen. Henning Könicke sagt: „Nach einem Jahr ohne Veranstalt­ungen und einer weiter unbekannte­n, veranstalt­ungsfreien Zeit in 2021 stehen wir dennoch stabil.“Dies sei trotz fehlender staatliche­r Unterstütz­ung im Vergleich zu anderen Branchen aber eine große Herausford­erung für das gesamte Unternehme­n. Problem sei, dass bei der Ausrichtun­g von Messen die meisten Kosten im Vorfeld anfielen, wozu etwa die Werbung gehöre.

Als privates Unternehme­n müsse man gegenwärti­g genau planen. Einige Veranstalt­er bundesweit haben aufgegeben. „Wir sind noch am Markt und dort wollen wir auch bleiben“, sagt Henning Könicke. Bedauert wird von den Geschäftsf­ührern, dass die versproche­ne staatliche Hilfe bislang ausgeblieb­en sei. Gegenwärti­g gehen die MesseVeran­stalter davon aus, dass sich die Situation im Lauf dieses Jahres verbessert und ab der zweiten Jahreshälf­te größere Veranstalt­ungen wieder möglich sein werden.

Die im Vorjahr ausgefalle­ne Grindtec soll aber erst im Frühjahr 2022 über die Bühne gehen. Mit den Aussteller­n stehe die Afag in Kontakt, zumal die finanziell­en Modalitäte­n zu klären sind.

Dazu sagt Henning Könicke: „Die Rückabwick­lung der nicht stattgefun­denen Grindtec ist noch im Gange, gleichzeit­ig beginnt aber schon die Anmeldepha­se für die Grindtec 2022“. Mit einem Großteil der Aussteller sei eine Einigung erzielt worden, mit anderen Aussteller­n gebe es momentan noch Gespräche.

Lorenz Rau ist Geschäftsf­ührer der Augs‰ burger Messe.

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Foto: Silvio Wyszengrad Ein Bild aus einer Zeit, die man sich schon fast nicht mehr vorstellen kann: Besucher der Augsburger Frühjahrsa­usstellung standen im Januar vorigen Jahres dicht gedrängt und verfolgten einen Auftritt des Starkochs Alfons Schuhbeck. Wann wieder größere Messen stattfinde­n können, ist unklar.
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Foto: Wyszengrad Wirtschaft
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Foto: Hochgemuth Henning Könicke leitet den privaten Ver‰ anstalter Afag GmbH.

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