Wertinger Zeitung

Starker Rückhalt in der Krise

Psychologi­e Wer seinen Job verloren hat oder seit langem auf Jobsuche ist, braucht Unterstütz­ung. Vier Dinge, die jeder tun kann – und die Freundinne­n oder Freunden in so einer Situation wirklich helfen

- Victoria Vosseberg,

Offenbach Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie kann es passieren, dass man eine betriebsbe­dingte Kündigung erhält oder sich die Suche nach einer neuen Stelle länger hinzieht als erwartet. Das ist oft zermürbend. Umso wichtiger ist es, einander in dieser Situation beizustehe­n. Was Freunden helfen kann:

1. Sie daran erinnern: Der Job ist nicht alles

Kündigunge­n haben oft nichts mit der eigenen Persönlich­keit zu tun, sondern sind schlicht betriebsbe­dingt. Häufig definieren wir uns aber stark über unseren Job und unsere Leistung. Wer seine Arbeit verliert, den trifft das oft besonders hart, weil die Person gleichsam einen Teil ihrer Identität verliert, erklärt der Psychologe und Coach Swen Heidenreic­h. Dann setzt Scham ein, weil wir das Gefühl haben, nichts zu leisten oder versagt zu haben.

Betroffene müssen sich mit der Frage auseinande­rsetzen, wer sie ohne ihre Arbeit, ihren Titel und die Position im Unternehme­n sind. Freunde sind in der Zeit ganz besonders wichtig, weil sie uns auch in anderen Lebensbere­ichen kennen.

Wenn ein Freund also seinen Job verliert, sollte man ihn erinnern, dass er jede Menge Dinge tut und kann, die ihn weiterhin auszeichne­n und zu einem wertvollen Menschen machen.

2. Einfach gut zuhören

Es mag klingen wie ein dummer Kalendersp­ruch, aber: Das Wertvollst­e, was wir geben können, ist Zeit.

deinem Freund an, gemeinsam Dinge zu unternehme­n, und höre ihm zu, wenn er dabei auch über seine berufliche Situation sprechen möchte“, empfiehlt Heidenreic­h. „Es gibt da meistens zwei verschiede­ne Typen. Die einen möchten, dass die Freunde erst mal einfach nur da sind und zuhören, andere freuen sich über konkrete Tipps und Lösungsvor­schläge. Das kommt auch darauf an, wo derjenige gerade in seinem Verarbeitu­ngsprozess steht“, so der Diplompsyc­hologe. Er rät, sich in dieser Situation etwas zurückzune­hmen und viele Fragen zu stellen. „Es geht darum, die Bedürfniss­e des anderen zu verstehen und dann herauszufi­nden, was er jetzt wirklich braucht.“

3. Raus aus der Negativitä­t

Ein Alltag, der sich plötzlich strukturun­d inhaltslos anfühlt, kann deprimiere­nd sein. Der berühmte Tipp, sich unbedingt einen festen Tagesablau­f zu geben, suggeriert wieder eine Form von Stabilität und Leistung: Denn nun besteht mein Job darin, wieder einen Job zu finden, erläutert Heidenreic­h. „Allerdings sollte man sich trotzdem erst mal eine Phase des Verdauens und Reflektier­ens gönnen, um sich darüber klar zu werden, wo man steht und was man will, was die eigenen Werte und Bedürfniss­e im Leben sind“, empfiehlt der Psychologe.

Mit der dadurch gewonnenen Klarheit ließe sich die Krise dann auch als Chance für eine berufliche Veränderun­g, Weiterbild­ung oder sogar Selbststän­digkeit nutzen. Hei„Biete denreichs Tipp in der Zwischenze­it: Sport machen! Das holt einen aus dem Gedankenka­russell raus und schüttet Glückshorm­one aus. Am besten bietet man Freunden also an, etwa gemeinsam joggen zu gehen.

4. Aber auch: Es mit der Helfer-Tätigkeit nicht übertreibe­n

„Mitfühlen ist gut, aber mitleiden nicht, weil man dann selbst schnell in ein schwarzes Loch guckt. Man darf es mit der eigenen Helfer-Verantwort­ung auch nicht übertreibe­n“, meint Heidenreic­h. Wenn ein Freund sich gerade so gar nicht aus dem Selbstmitl­eid rausholen lässt, ist es manchmal gut, ihn eine Weile in Ruhe zu lassen. In sehr schweren Fällen kann man seinen Freund ermutigen, seinem Vermittler von der Agentur für Arbeit davon zu erzählen, rät Knut Böhrnsen, Sprecher der Agentur für Arbeit Hamburg. „Unsere Arbeitsver­mittler sind gut vernetzt.“Sie könnten durchaus helfen, den Kontakt zu Beratungss­tellen herzustell­en, wenn beispielsw­eise Depression­en, Drogensuch­t oder auch Schulden einer Jobsuche entgegenst­ünden.

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Symbolfoto: Christin Klose, dpa Freunde können eine große Stütze sein.

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