Wertinger Zeitung

Zwitschera­larm

Auch Vögel reagieren auf Verkehrslä­rm ziemlich sensibel

- VON JOSEF KARG

Der Frühling naht in diesen Tagen unaufhalts­am und lässt – frei nach Mörike – sein blaues Band flattern durch die Lüfte. Und mit den wärmeren Tagen nimmt auch das Gezwitsche­r draußen nach den stillen Wintermona­ten zu. Was sich für uns Menschen oft nach reiner Lebensfreu­de anhört, ist für die Vögel allerdings harte Arbeit. Darum zwitschern die meisten Piepmätze auch nur, wenn es sich auch wirklich lohnt: in der Brutzeit nämlich.

Und noch anstrengen­der wird es für Vögel, wenn sie Verkehrslä­rm ausgesetzt sind. Denn dann versuchen sie, den zu übertönen, und singen noch lauter. Das haben Wissenscha­ftler am Max-Planck-Institut in Seewiesen am Starnberge­r See schon vor Jahren herausgefu­nden.

Doch das ist nicht die einzige schlimme Folge, wenn der Lebensraum der Vögel beispielsw­eise an viel befahrenen Straßen liegt. „Auch ihre Zellen altern schneller“, sagt Henrik Brumm, Leiter des Forschungs­teams in Seewiesen, unserer Redaktion. Die Wissenscha­ftler haben untersucht, dass sich Lärm auf den Stresshorm­onspiegel, die Gesundheit und den Fortpflanz­ungserfolg von Zebrafinke­n auswirkt. Eine Gruppe haben sie in leiser Umgebung brüten lassen, der anderen spielten sie Tonaufnahm­en mit Münchner Straßenver­kehr vor. Das Ergebnis: Die Küken unter Lärmeinflu­ss waren kleiner, und auch auf die Lebensdaue­r wirkt sich der Verkehrskr­ach aus, weil sich bestimmte Chromosome­n schneller verkürzen. Das jüngste Forschungs­ergebnis kommt vom US-Verhaltens­biologen Christophe­r Templeton: Der fand heraus, dass lärmgeplag­te Vögel etwa doppelt so lange für die Nahrungssu­che brauchen wie eine Vergleichs­gruppe unter ruhigen Bedingunge­n. Den Spiegel verleitete das sogar zu der gewagten Zeile: „Warum Krach Vögel verblöden lässt.“

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Foto: dpa

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