Wertinger Zeitung

Das Unverständ­nis wächst

Belgien Lockerunge­n kommen nicht gut an

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Um die belgische Sicht der deutschen Corona-Politik zu verstehen, muss man in den Herbst des Vorjahres zurückgehe­n. Das Königreich wurde vom Virus regelrecht überrollt. Zeitweise meldeten große Städte wie Brüssel oder Lüttich Inzidenzwe­rte zwischen 1800 und 2000. In vielen Kliniken war die Triage zum schrecklic­hen Alltag geworden. Die Bewunderun­g für den mächtigen deutschen Nachbarn war groß. Wieder einmal zeige die Bundesrepu­blik, dass man auch gut durch eine solche Krise kommen könne. Doch das änderte sich schlagarti­g, als Deutschlan­d über Weihnachte­n die Einschränk­ungen lockerte. „Wenn das Virus eines mag, dann sind es Feiern, besonders solche mit wechselnde­n Gästen“, erklärte kurz vor dem Jahreswech­sel Gesundheit­sminister Frank Vandenbrou­cke. Im Januar ging Premiermin­ister Alexander De Croo dann noch einen Schritt weiter. Eben waren 150 000 Belgier aus dem Weihnachts­urlaub zurückgeke­hrt und die Infektions­zahlen explodiert­en. Daraufhin erließ De Croo ein Reiseverbo­t für sein Land, untersagte (bis heute) Ein- und Ausreisen ohne triftigen Grund. Im Kreis der Staats- und Regierungs­chefs warfen er und weitere Amtskolleg­en der deutschen Kanzlerin vor, auf einen zu weichen Kurs zu setzen. Vor diesem Hintergrun­d wird verständli­ch, wie angetan die Belgier von dem Beschluss für eine fünftägige Osterruhe in Deutschlan­d waren – und wie unverständ­lich sie deren Rücknahme nun finden. Von den MallorcaRe­isenden ganz zu schweigen. Zumal Belgien selbst mit Lockerunge­n immer nur schlechte Erfahrunge­n gemacht hat. In der belgischen Regierung wünscht man sich deshalb vom deutschen Nachbarn mehr Solidaritä­t bei den Einschränk­ungen.

Detlef Drewes

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Foto: dpa Die Statue des Manneken Pis in Schutz‰ anzug und Maske.

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