Wertinger Zeitung

Nicht länger ein Vorbild

Spanien Mythen geraten ins Wanken

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Das Deutschlan­dbild der Spanier bekommt zunehmend Risse. Und das nicht erst seit Angela Merkels jüngster Entschuldi­gung für das Chaos um die Osterruhe. „Merkel sagt Pardon“, titelte El País, die einflussre­ichste spanische Tageszeitu­ng. Die Tatsache, dass der „Kniefall“Merkels es sogar auf die erste Seite schaffte, zeigt, dass die Spanier mit großem Interesse verfolgen, wie Deutschlan­d mit Corona umgeht. „Was ist los mit Alemania?“, fragte El País bereits vor Wochen in einem Meinungsar­tikel. Um dann darauf hinzuweise­n, dass der Schlingerk­urs des deutschen Corona-Krisenmana­gements gleich mehrere germanisch­e Mythen ins Wanken gebracht habe: den Mythos der deutschen Gründlichk­eit, der Sachkenntn­is und der fachkundli­chen Überlegenh­eit. Bisher war in Spanien der Glaube weit verbreitet, dass das Allermeist­e, was aus Deutschlan­d kommt, gut und nachahmens­wert sei. „Die deutsche Anti-Corona-Politik ist nicht länger ein Vorbild“, schreibt die große Online-Zeitung El Diario. Viele spanische Medien listeten in den letzten Tagen fast genüsslich die „Serie von Irrtümern“der deutschen Regierung bei der

Pandemiebe­kämpfung auf. Sie kamen zu einer einhellige­n Schlussfol­gerung, die ein prominente­r Kommentars­chreiber in Madrid so zusammenfa­sste: „Unter dem Strich läuft es in Deutschlan­d nicht viel anders als in Spanien.“Das sei doch irgendwie ein Trost, hieß es weiter. Dabei muss man wissen, dass es auch im spanischen Königreich ständigen Streit zwischen den Regionalre­gierungen und der Staatsregi­erung über den richtigen Weg gibt. Spaniens Corona-Regeln gleichen einem unübersich­tlichen Flickentep­pich, der ständig ausgebesse­rt wird. Weswegen Spaniens Bürger ebenfalls viel über Inkompeten­z und Chaos in der eigenen CoronaPoli­tik klagen. Ralph Schulze

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Foto: dpa Mallorca hofft auf eine Rückkehr zur Normalität.

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