Wertinger Zeitung

SGL Carbon bleibt in den roten Zahlen

Bilanz Der internatio­nale Kohlefaser-Spezialist mit einem Standort in Meitingen spart und wird neu strukturie­rt. Perspektiv­isch ist das Management zuversicht­lich: Man will auch von der Elektro-Wende in der Autobranch­e profitiere­n

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg/Meitingen SGL Carbon ist ein Unternehme­n mitten im Wandel. Der internatio­nal aufgestell­te Kohlefaser-Spezialist muss einerseits sparen, steckt in den roten Zahlen, baut insgesamt rund 500 Stellen ab und hat am wichtigste­n deutschen Standort in Meitingen rund 160 Stellen gestrichen. Zugleich aber stieg das Unternehme­n Anfang März in den SDax auf und machte zuletzt gerade in Meitingen positive Schlagzeil­en, weil dort ein Batterie-Projekt mit vielen Millionen Euro von der Bundesregi­erung gefördert wird. Was wiederum Jobs sichert beziehungs­weise weitere schafft.

In dieser Situation legte das Unternehme­n mit Stammsitz in Wiesbaden die Bilanz für 2020 vor. Ergebnis: Unterm Strich steht ein Minus von rund 132 Millionen Euro (2019, minus 90 Millionen). Der Konzernums­atz lag 2020 bei 919,4

Millionen Euro und damit um 15 Prozent unter dem Vorjahresn­iveau. Finanzvors­tand Thomas Dippold erklärte das mit einer wegen Corona deutlich reduzierte­n Nachfrage, die Pandemie habe das Geschäftsj­ahr geprägt. Hinzu kamen Kosten für den Konzernumb­au und eine Wertminder­ung (80 bis 100 Millionen Euro) im Geschäftsb­ereich Composites – Fibers & Materials (CFM).

Zugleich aber blickt das neue Management zuversicht­lich in die Zukunft. Torsten Derr, seit vergangene­n Juli Vorstandsv­orsitzende­r der SGL Carbon, begründet das damit, das man das vergangene Corona-Jahr nicht verschenkt, sondern das Unternehme­n von Grund auf erneuert habe. Dazu gehört das bereits laufende Sparprogra­mm (bis 2023 über 100 Millionen Euro) und die Neustruktu­rierung der Geschäftsb­ereiche. Dazu gehört auch die E-Offensive in der Automobili­ndustrie, die dazu beitragen könnte, SGL

Carbon wieder zu einem Gewinner zu machen. Derr erklärt das so: „Bei jeder Batterie gibt es eine Anode. Und sie brauchen dafür Anodenmate­rial. Das ist Grafit und da gehören wir zu den wenigen Hersteller­n, die es in Europa gibt.“Ein Wachstumsf­eld, denn Batterien werden durch den Strukturwa­ndel in der Autoindust­rie künftig in Massen gebraucht werden. Auch der Ausbau der Windenergi­e ist perspektiv­isch weiter ein Gewinnbrin­ger. Nach dem starken wirtschaft­lichen Einbruch geht Derr für das Geschäftsj­ahr 2021 von einer „moderaten Erholung“des Unternehme­ns aus. Die Umsatzerlö­se sollten über dem Vorjahresn­iveau zwischen 920 und 970 Millionen Euro liegen. Das Nettoergeb­nis soll 2021 im Bereich zwischen minus 20 Millionen und Schwarzer Null liegen.

Derr kündigte bei der Bilanz-PK auch an, dass der Vorstand die Standorte analysiere­n werde. 31 gibt es derzeit weltweit. Auf Nachfrage unserer Redaktion, was das für Meitingen bedeutet, wo SGL rund 1000 Mitarbeite­r (ohne Joint-Venture Brembo-SGL) beschäftig­t, antwortete Derr: „Meitingen ist unser Kernstando­rt und unser Technologi­estandort. Ehrlich gesagt, kann ich mir zum jetzigen Zeitpunkt eine SGL ohne diesen Kernstando­rt nicht vorstellen.“Das wichtige Batterieen­twicklungs­projekt

laufe im nördlichen Kreis Augsburg. Derr weiter: „Ich will nicht ausschließ­en, dass es in Meitingen Bereiche gibt, wo wir auch weitere Personalre­duktionen sehen werden. Es wird aber auch andere Bereiche geben, wo wir aufbauen werden, und das wird insbesonde­re dieser Bereich Gasdiffusi­onsschicht­en für die Brennstoff­zelle und das Batteriela­bor sein. Zum jetzigen Zeitpunkt denken wir keineswegs an eine Schließung des Standortes. Und das wird sich mittelfris­tig, so weit wir nach vorne sehen können, auch nicht ändern.“In Meitingen werden auch Komponente­n für Brennstoff­zellen hergestell­t, hier sollen die Kapazitäte­n ausgeweite­t werden – ein Signal für die Zukunft des Standorts.

Die Börse reagierte zunächst nicht gut auf die Zahlen. Der Kurs von SGL Carbon fiel zwischenze­itlich stark, erholte sich dann aber wieder etwas und lag am Abend bei 5,67 Euro pro Aktie.

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Foto: Marcus Merk SGL Carbon hat einen Standort in Mei‰ tingen.

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