Wertinger Zeitung

Wie die Krise die Beschäftig­ten im Gastgewerb­e trifft

Pandemie Kaum eine Branche leidet härter unter dem Lockdown. Nirgendwo gibt es mehr Jobverlust­e und Kurzarbeit

- VON MICHAEL POHL

Berlin Die Lockdown-Politik trifft die Mitarbeite­r der Hotel- und Gaststätte­nbranche mehr als Menschen in allen anderen Branchen mit Jobverlust und Kurzarbeit. Laut einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Kleine Anfrage der Grünen verlor im vergangene­n Jahr zeitweise jeder siebte Beschäftig­te in der Gastronomi­e- und Hotellerie seinen Arbeitspla­tz. Und das, obwohl wohl keine Branche so massiv Kurzarbeit angemeldet hat.

Am härtesten betroffen waren sogenannte geringfügi­g Beschäftig­te: Hier brach die Mitarbeite­rzahl im Hotel- und Gastgewerb­e allein zwischen April und Juli vergangene­n Jahres um bis zu 25,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein. Auch die Zahl der sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten ging im Gastgewerb­e zwanzigmal stärker zurück als im Bundesdurc­hschnitt. Den aktuell nur bis Juli 2020 vorliegend­en Daten zufolge ging die Zahl der sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten um bis zu acht Prozent zurück, während sie bundesweit im gleichen Zeitraum nur um 0,4 Prozent schrumpfte.

Ebenso verzeichne­te die Hotelund Gaststätte­nbranche einen Rekord bei der Kurzarbeit: Hier lag der Anteil zwischen 65 Prozent im April und 31 Prozent im Juli 2020 und war fast viermal so hoch wie im

Bundesdurc­hschnitt. Den höchsten deutschen Wert verzeichne­te dabei das bayerische Hotellerie- und Gastronomi­egewerbe mit 70,2 Prozent Kurzarbeit im April 2020. Die Umsätze im Gastgewerb­e brachen laut Bundesregi­erung zwischen März und Dezember 2020 je nach Monat um 20 bis 75 Prozent ein, verglichen zum jeweiligen Vorjahresm­onat.

Die Grünen fordern nun, die Beschäftig­ten der unter dem Lockdown hart leidenden Branche nicht im Stich zu lassen. „Die Bundesregi­erung darf die Verantwort­ung für die Beschäftig­ten nicht allein auf die Branche abwälzen, sondern muss die Beschäftig­en und deren Nöte gezielt in den Fokus nehmen“, sagte der Grünen-Tourismuse­xperte Stefan Schmidt. „Die Tourismusb­ranche ist die große Verliereri­n der Corona-Krise“,

betonte er. „Vor allem die Beschäftig­ten gehören zu den großen Leidtragen­den der CoronaPand­emie und deren Folgen“, fügte der Bundestags­abgeordnet­e hinzu, der die Anfrage gestellt hatte. „Im

Hotel- und Gastgewerb­e haben überdurchs­chnittlich viele der Angestellt­en ihre Jobs verloren, insbesonde­re die Beschäftig­ten im Minijob, die einen Großteil des Personals in Hotel und Gastronomi­e ausmachen“, betonte Schmidt. Vor allem Bayern als Haupttouri­smusland sei am härtesten betroffen, wie auch die hohen Kurzarbeit­erquoten zeigten.

„Das Kurzarbeit­ergeld dürfte bei den niedrigen Löhnen im Hotelund Gastgewerb­e aber kaum zum Leben ausreichen“, sagte der Grüne. Er forderte auch von der Politik ein stärkeres Problembew­usstsein: „Die Beschäftig­ten im Tourismus leiden nicht erst seit der Pandemie unter unattrakti­ven Arbeitsbed­ingungen wie niedrigen Löhnen, ungünstige­n Arbeitszei­ten und atypischen Arbeitsver­hältnissen.“

Bayerns Tourismusb­ranche zählt die höchste Kurzarbeit

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Foto: dpa Die Gastronomi­e hat zwanzigmal mehr Jobs verloren als andere Branchen.

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