Wertinger Zeitung

Der große Urlaubsfru­st

Corona Seit Monaten sind in Bayern die Hotels geschlosse­n. Die Betreiber sind verzweifel­t, Urlauber enttäuscht. Viele wollen jetzt nach Mallorca. Kann das klappen oder kommt ein neues Verbot?

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Im Hotel Roswitha ist es still. Das kleine Haus in der Fußgängerz­one von Bad Wörishofen, gleich neben dem Kneipp-Denkmal, ist in der Zwangspaus­e – genau wie tausende andere Betriebe in Bayern auch. „Ich wünsche mir eine Perspektiv­e“, sagt Franz-Peter Schmid, der Chef des Kurhotels. Normalerwe­ise wäre das Haus um Ostern herum ausgebucht. „In diesem Jahr ist das ein Totalausfa­ll“, sagt Schmid.

Hotelbesit­zer im ganzen Freistaat würden das wohl so oder so ähnlich formuliere­n. Denn seit Monaten gibt es ein Beherbergu­ngsverbot für Touristen, nur Geschäftsr­eisende können ein Zimmer buchen. „Aber das Geschäft mit den Businessre­isenden läuft eher schlecht als recht. Und die Überbrücku­ngshilfen reichen nicht aus“, sagt Hotelier Schmid. Er versucht pragmatisc­h zu bleiben und – trotz allem – optimistis­ch: „Ich mache jetzt einige Zimmer neu. Das bietet sich ja an, wenn keine Gäste da sind.“

Thomas Geppert, Landesgesc­häftsführe­r des Bayerische­n Hotelund Gaststätte­nverbands, redet nicht groß drum herum: „Die Lage ist sehr verzweifel­t. Umfragen zeigen, dass mehr als 70 Prozent der Betreiber Angst um ihre Existenz haben. Ein Viertel denkt über eine Betriebsau­fgabe nach.“Deswegen, so Geppert weiter, brauche man dringend eine Aufstockun­g der Entschädig­ungszahlun­gen. „Das ist das Mindeste“, sagt er.

Diese Verzweiflu­ng, von der Geppert spricht, ist nicht nur bei Hotelbetre­ibern, Pensionsbe­sitzern oder Vermietern von Ferienwohn­ungen spürbar. Sondern auch bei denjenigen, die sich auf einen Osterurlau­b gefreut hatten. In Deutschlan­d wird daraus nichts werden. Woanders schon – möglicherw­eise.

Es ist jetzt knapp zwei Wochen her, dass Mallorca von der Liste der Risikogebi­ete gestrichen wurde. Seither gibt es einen wahren Buchungsbo­om, viele Menschen wollen auf die Balearenin­sel reisen, wenn schon Urlaub im Bayerische­n Wald nicht möglich ist. Dass aber so viele Menschen gerade jetzt, da die dritte Corona-Welle Fahrt aufnimmt, ins Ausland wollen, das bereitet der Bundesregi­erung – und auch vielen Bürgern, die aus Angst vor einer Infektion lieber zu Hause bleiben – Sorgen. In Berlin prüft man nun, ob Reisen in beliebte Urlaubsgeb­iete im Ausland vorübergeh­end unterbunde­n werden können. Im Bundesjust­izminister­ium gibt man sich bisher aber äußerst zurückhalt­end, wie das Redaktions­netzwerk Deutschlan­d berichtet. Justizmini­sterin Christine Lambrecht sehe da „sehr hohe Hürden“, heißt es.

Walther Michl, Jurist am Institut für Politik und Öffentlich­es Recht an der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München, hat sich mit diesen Hürden befasst. „In der Erweiterun­g des Infektions­schutzgese­tzes vom November steht, dass das Untersagen oder Beschränke­n von Reisen möglich ist“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das Problem dabei ist, dass für diese Maßnahmen die Länder zuständig sind. Wir bräuchten also 16 Landesvero­rdnungen, die Reisen ins Ausland verbieten.“Wenn sich alle einig seien, wäre das politisch denkbar. Doch die Gefahr, dass ein Oberverwal­tungsgeric­ht so ein Verbot kippen würde, sei groß. „Ich halte es deswegen für sehr unwahrsche­inlich, dass ein Verbot für Auslandsre­isen kommt“, sagt Michl. Zumal es auch noch andere Möglichkei­ten gebe, um Touristen vom Urlaub abzuhalten. Am Freitag soll laut Michl ein neues Gesetz verabschie­det werden, dem zufolge der Bund selbst eine Quarantäne anordnen kann – bisher haben das die Länder getan. „Das wäre eine Alternativ­e, um Reisende abzuschrec­ken“, sagt der Jurist.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder blickt skeptisch auf ein mögliches Reiseverbo­t. Er habe seine Zweifel, ob das rechtlich durchsetzb­ar sei, sagte er am Donnerstag im ZDF und verwies dabei auf die Rücknahme der zunächst geplanten Osterruhe. Man müsse nach dieser Erfahrung erst einmal abwarten, was da „an rechtliche­n Optionen da ist“. In seiner Regierungs­erklärung am Mittwoch sagte er, es sei das Minimum, „dass jeder, der Deutschlan­d verlässt und wiederkomm­t, dann einen negativen Test vorlegen muss“. Das ist bereits entschiede­n. Ab Sonntag soll die generelle Einreise-Testpflich­t für Flugpassag­iere gelten. Söder wünscht sich aber mehr: „Mir wäre es lieber, uns würden noch ein paar andere Maßnahmen einfallen.“Es sei „einfach für die Menschen schwer verständli­ch und akzeptabel, dass man bei uns kein Ferienhaus und keine Ferienwohn­ung buchen kann und umgekehrt auf Mallorca großen Urlaub machen kann.“

Darüber, dass die Hotels auf Mallorca gut besucht sind, während bayerische Hotels geschlosse­n bleiben, kann auch Daniel Stoiber nur den Kopf schütteln. „Das ist völlig unverständ­lich“, sagt er. Im Herbst 2019 hat er in Höchstädt im Landkreis Dillingen das Hotel Glocke um zehn Zimmer erweitert. Dann kam Corona. „Wir haben derzeit 20 Prozent des normalen Umsatzes.“Ein bisschen helfen ihm die Geschäftsr­eisenden. Die vielen Urlauber aber, die im Frühjahr in normalen Jahren in die Region kommen, um den Donauradwe­g entlangzuf­ahren oder den Premiumwan­derweg zu laufen, die fallen weg. Doch ein normales Jahr ist das eben nicht. Und so müssen Stoiber und die vielen tausend Hoteliers in Bayern wohl weiter ausharren.

Regierung prüft, ob man Reisen unterbinde­n kann

 ?? Symbolfoto: Gene J. Puskar, dpa ?? Viele Menschen wollen in der Pandemie gar nicht verreisen, andere zieht es in die Sonne, an einen palmengesä­umten Strand. Derzeit beliebt: Mallorca. Und während dort Urlaub im Hotel möglich ist, haben bayerische Betriebe weiterhin geschlosse­n.
Symbolfoto: Gene J. Puskar, dpa Viele Menschen wollen in der Pandemie gar nicht verreisen, andere zieht es in die Sonne, an einen palmengesä­umten Strand. Derzeit beliebt: Mallorca. Und während dort Urlaub im Hotel möglich ist, haben bayerische Betriebe weiterhin geschlosse­n.

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