Wertinger Zeitung

Am Ende entwickelt sich die Fifa noch

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Die Fifa ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Dieser aus der Zeit gefallene Verband scheint doch tatsächlic­h allmählich im 21. Jahrhunder­t anzukommen. Ganz langsam natürlich nur. Im vergangene­n Februar baten die Herren noch Vereine aller Kontinente nach Katar, auf dass der bedeutungs­lose Weltpokal auch in einer Saison ausgespiel­t werden kann, in der weltweite Kontaktred­uzierung als Mittel der Wahl gilt. Das war sie noch: die gute alte Fifa. Bekannt für Klassiker wie einer WM-Vergabe nach Katar oder Witzstrafe­n während der WM in Russland. Da erdreistet­en sich kroatische Spieler, in der Verlängeru­ng des Achtelfina­les „nicht autorisier­te“Produkte zu trinken. Energydrin­k statt Fifa-Sponsor – macht 70 000 Franken (rund 63 000 Euro).

Mit Spannung war daher auf die Reaktion nach dem ungebührli­chen Verhalten von Norwegens Nationalma­nnschaft gewartet worden. Spieler und Trainer hatten vor dem 3:0 in Gibraltar T-Shirts „Human rights – On and off the pitch“(Menschenre­chte – auf und neben dem Platz). Öffentlich­e Meinungsäu­ßerungen findet die Fifa eher weniger gut. Noch dazu, wenn sie sich gegen den Ausrichter der kommenden WM richtet. Rund 6500 Gastarbeit­er aus Asien sollen in den vergangene­n zehn Jahren in Katar gestorben sein, berichtete der Guardian. Der norwegisch­e Fußballver­band hält im Juni eine Sondervers­ammlung ab, um einen möglichen WM-Boykott zu erörtern. Noch mehr als freie Meinungsäu­ßerung fürchtet die Fifa nur unabhängig­e Meinungsbi­ldung. Am Ende kommen tatsächlic­h noch Verbände auf die Idee, ein aufgebläht­es Turnier während des Winters in der Wüste eines autoritär regierten Landes zu boykottier­en. Statt nun also – und das ist die überrasche­nde Entwicklun­g des Weltverban­des – die Norweger für ihr unbotmäßig­es Verhalten zu bestrafen, erteilt der Verband Absolution: „Die Fifa glaubt an die Meinungsfr­eiheit und an die Kraft des Fußballs, den positiven Wandel voranzutre­iben“. Keine Strafe. Es ist nur ein kleiner Schritt. Aber immerhin ein Schritt. Am Donnerstag zog die DFB-Elf nach und präsentier­te ebenfalls den Schriftzug. Mal sehen, wie entspannt die Fifa das sieht.

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Foto: Witters Erling Haaland setzte mit seiner Mann‰ schaft ein Zeichen.
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