Wertinger Zeitung

Schrötter neben der Spur

Motorrad Schon kurz vor dem WM-Auftakt der Moto2 landet der 28-Jährige aus Pflugdorf bei Landsberg auf dem Asphalt. Ein Landsmann fordert dennoch mehr Risikobere­itschaft

- 0:2 2:2 1:1 1:0 0:0 1:3 5:0 3:3 0:1 VON MILAN SAKO

Augsburg Wenn es denn stimmt, dass auf eine vermasselt­e Generalpro­be eine gelungene Premiere folgt, dann muss Marcel Schrötter am Renn-Sonntag in Katar die Konkurrenz in Grund und Boden fahren. In den entscheide­nden Tests zu Wochenbegi­nn flog der 28-jährige Pilot in hohem Bogen von der Maschine und hatte Glück, dass er sich bei der harten Landung nicht verletzte. Mit gebrauchte­n Reifen wollte das Memminger Intact-GP-Team eine Aufholjagd simulieren, doch die Gummis waren offenbar noch nicht heiß genug. „Leider hat es mir dann relativ früh und auch heftig das Hinterrad weggezogen, sodass ich in der Mitte der Kurve einen ziemlich großen Highsider erlitt“, schildert Schrötter die Szene. „Highsider“bedeutet: Wenn ein Motorrad nach einer Rutschphas­e in Schräglage wieder Grip bekommt und sich dadurch aufrichtet, katapultie­rt es den Piloten vom Bock. Dank eines dick gepolstert­en Rennoveral­ls geht der Abflug jedoch meist glimpflich ab.

Der erste Blick Schrötters galt auch nicht seinem Körper, sondern der Maschine: „Ich bin meinem Team sehr dankbar, dass sie dann

Vollgas gegeben haben, um das Motorrad wieder zu reparieren, sodass ich noch mal rausfahren konnte, bevor wir aufhören mussten.“Den zerbeulten Helm tauschte der Pilot gegen ein neues Exemplar und es ging wieder raus auf den sandigen Asphalt mitten in der Wüste. Die Zeiten reichten nicht für einen Spitzenpla­tz, aber der 28-Jährige fühlt sich bereit für den Auftakt der Motorrad-WM: „Die Grundbasis ist gut.“

Am Sonntag beginnt die Jagd nach WM-Punkten und der Pilot aus Pflugdorf, (Ortsteil von Vilgertsho­fen bei Landsberg) steht in seiner bereits zehnten MotorradSa­ison der Moto2 unter Druck. Nach der Verpflicht­ung des jungen Italieners Tony Arbolino hat die Leitung in Memmingen das Personal neu sortiert: Die Boxenmanns­chaft um Chief Michael Thier aus Marktoberd­orf, die zuletzt den Schweizer Tom Lüthi (fährt künftig für das spanische SAG-Team) betreut hatte, schraubt jetzt am Motorrad von Schrötter.

Sein Ex-Team um den Südtiroler Patrick Mellauner kümmert sich um den Neuling Arbolino, der mit der Empfehlung des Moto3-Vizeweltme­isters dem arrivierte­n Fahrer

Druck machen soll. Verbal fährt Schrötter bei der Formulieru­ng seines Saisonziel­s viel defensiver als bei den Tests: „Ich will konstant in die Top Ten fahren und muss in der schwierigs­ten Klasse der Welt auch mal mit Platz sieben zufrieden sein. Es muss ja nicht immer das Podium sein.“

Doch im zehnten Jahr in der zweithöchs­ten Prototypen-Rennklasse mit 765 ccm Hubraum und 136 PS darf es auch mal wieder ganz nach vorne gehen. Fünf Podestplät­ze, aber noch kein Sieg, stehen in seiner Bilanz nach 143 Starts der Moto2. Nach den Gesamträng­en acht (2018 und 2019) sowie neun in der abgelaufen­en Saison erwartet nicht nur die Teamleitun­g einen Schritt nach vorne. „Er hat das Potenzial auf das Podium zu fahren, aber der Druck wird größer“, sagt Stefan Bradl, der eine Klasse höher in der MotoGP eine Werks-Honda steuert. Sein Landsmann aus Zahling verfolgt auch als TV-Experte den Rennzirkus auf zwei Rädern und urteilt über den Pflugdorfe­r: „Er hat ein Alter erreicht, in dem er langsam liefern muss. Er hat die körperlich­en Voraussetz­ungen und das Material passt – eigentlich ist alles angerichte­t.“

Die wenigen freien Tage zwischen den beiden Renn-Jahren hatte Marcel Schrötter mit seiner Freundin Michelle in der Heimat verbracht. Seine Zweitwohnu­ng in Spanien, wo alleine vier WM-Läufe gefahren werden, will er bald aufgeben und sucht in Pflugdorf eine Wohnung. In den nächsten Monaten geht es in 19 Rennen rund um die Welt.

Stefan Bradl rät vor dem WMStart am Sonntag „Die Herausford­erung ist groß. Es wird darauf ankommen, wie Marcel mit dem Druck umgeht. Er muss noch mehr Biss zeigen und etwas aggressive­r fahren, einfach insgesamt mehr riskieren.“Nun ja, im letzten offizielle­n Katar-Test hat es der KalexPilot übertriebe­n und ist heftig auf den Asphalt geknallt. Es geht darum, die richtige Balance zwischen Angriff und Ankommen zu finden – nach dem WM-Auftakt. Denn dass die Premiere wie am Schnürchen laufen wird, ist nach der vermasselt­en Generalpro­be ausgemacht.

Programm am Rennsonnta­g 16 Uhr: Moto3

17.20 Uhr: Moto2

19 Uhr: MotoGP

Fernsehen: ServusTV überträgt live

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Foto: Mirco Lazzari, Getty Images Marcel Schrötter bei einem Neustart, nachdem er im Training die Fahrbahn auf dem Losail Circuit in Doha unfreiwill­ig verlassen hat.

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