Wertinger Zeitung

Briefe gegen Einsamkeit in den Seniorenhe­imen

Soziales Neben der gesundheit­lichen Gefahr bedeutet die Pandemie für Senioren oftmals Alleinsein

- VON MARCO KEITEL

Landkreis Augsburg „Bitte, bleibt weiterhin gesund!“Mit diesem eindringli­chen Wunsch beginnt ein bewegender Brief von Friederike Fredel. Die 79-Jährige wohnt im AWO-Seniorenhe­im in Gersthofen. Sie ist den Mitarbeite­rn für ihre aufopferun­gsvolle Arbeit während der Pandemie dankbar. Das inspiriert­e sie dazu, sich mit einem handschrif­tlichen Brief im Namen der Bewohner zu bedanken: „Wir danken der gesamten Belegschaf­t dafür, dass sie uns bis jetzt heil und geimpft, ohne einen einzigen Corona-Fall, durch die ganze Pandemie geführt hat“, steht da in gut lesbaren Druckbuchs­taben. Heimleiter Markus Schimpel zeigt sich von dem Brief gerührt: „Ich habe mich sehr gefreut, ich sehe das als große Anerkennun­g für unser Personal.“Der Aufwand sei für die Mitarbeite­r seit Corona wesentlich höher. Schimpel hat sich in einem persönlich­en Gespräch von Herzen bei der Rentnerin bedankt. Für ihn geht es aktuell vor allem darum, die richtige Balance zu finden. Einerseits sei es wichtig, langsam zu öffnen und den Senioren wieder Kontakte zu ermögliche­n. Anderersei­ts: „Der Schutz der Bewohner muss trotzdem gewährt bleiben.“Schutz bedeutet für viele ältere Menschen in der aktuellen Situation auch Einsamkeit. Senioren, die in Heimen leben, trifft es besonders hart. Denn seit über einem Jahr gelten für Pflegeeinr­ichtungen verschärft­e Besuchsreg­eln. Eine Zeit lang durften die Bewohner gar keine Familienmi­tglieder empfangen.

In dieser Zeit freuen Senioren sich besonders über Briefe, Gebastelte­s oder Gemaltes. Unter dem Motto

„Kleine Briefe, große Geste“hatte Landrat Martin Sailer vor einem Monat zu Einsendung­en aufgerufen, um so weiterhin sozialen Austausch zwischen Alt und Jung zu ermögliche­n. Mit Erfolg: „Inzwischen haben uns rund 100 Einsendung­en erreicht, die an die Einrichtun­gen weitergele­itet und so unseren älteren Mitbürgeri­nnen und Mitbürgern eine kleine Freude bereiten konnten“, sagt Sailer. Die Aktion geht weiter, zu Ostern würden Senioren sich etwa über Osterneste­r oder Frühlingsg­rüße freuen, sagt der Landrat.

Wie einsam sind die ältesten Landkreisb­ewohner aktuell? Der theologisc­he Vorstand des Diakonisch­en Werks Augsburg (DWA), Fritz Graßmann, sagt: „Die schlimmste Zeit in den Heimen liegt deutlich hinter uns.“Das DWA betreibt Seniorenhe­ime in Gersthofen, Stadtberge­n und Neusäß. Das Lohwaldhei­m in Neusäß war die erste Einrichtun­g im Landkreis Augsburg mit einem Corona-Ausbruch. Inzwischen ist der Großteil der Bewohner aller Heime geimpft und es dürfe inzwischen wieder ein Besucher kommen, so Graßmann. Ab 29. März soll bayernweit mehr als ein Besuch am Tag erlaubt sein.

Dies mache den Leitern der Einrichtun­gen Sorgen, beobachtet Graßmann. „Grundsätzl­ich ist eine Lockerung richtig, aber nicht mitten in einer dritten Welle.“Das DWA habe sich daher dazu entschiede­n, über Ostern lieber vorsichtig mit den Besuchsreg­eln umzugehen und die Menschen dafür um Verständni­s zu bitten. Von einer Vereinsamu­ng könne man in den Heimen nicht mehr sprechen, sagt Graßmann. In den Wohnbereic­hen gebe es wieder Gruppenang­ebote. Nach dem Eindruck des Pfarrers ist die Einsamkeit in Corona-Zeiten eher generell in der Gesellscha­ft ein Problem. Graßmann: „Es sind viele sehr alleine.“

Stefan Pootemans, Geschäftsf­ührer des Johanneshe­ims in Meitingen, sagt, Bewohner seien aktuell weniger einsam als noch während der ersten Welle, als zeitweise gar kein Besuch kommen durfte. Mit einem negativen Corona-Test, der auch vor Ort gemacht werden kann, dürfen Besucher in das Meitinger Heim kommen. „Aber wir plädieren, dass es immer gut ist, wenn man mit den Angehörige­n rausgeht. Das vermissen die Bewohner jetzt nach dem Winter“, sagt Pootemans.

» Wer älteren Menschen im Landkreis Augsburg mit einem Brief oder Gebastel‰ tem eine Freude machen möchte, kann dies mit einer Einsendung an die unten ste‰ hende Adresse tun. Auf Wunsch kann gerne vermerkt werden, ob die Zusendung in ei‰ ner bestimmten Einrichtun­g ankommen soll. Einsendung­en an: Heimaufsic­ht, Landratsam­t Augsburg, Prinzregen­tenplatz 4, 86150 Augsburg.

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Die Bewohnerin Friederike Fredel bedankt sich bei der Belegschaf­t des AWO‰Senio‰ renheims in Gersthofen.

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