Wertinger Zeitung

Wie viel Wild müssen die Jäger künftig schießen?

Natur Fünf Forstfachl­eute sind derzeit im Landkreis Dillingen unterwegs, um im Wald ein Gutachten über Verbiss-Schäden zu erstellen. So schätzen die Experten die Situation ein

- VON BRIGITTE BUNK

Landkreis Fünf rot-weiße Stäbe hat Hermann Rupp auf einer geraden Linie von insgesamt 60 Metern Länge in den Waldboden gesteckt. Den Ort hat der Leiter des Forstrevie­rs Unterliezh­eim, der im Wald beim Blindheime­r Ortsteil Sallmannsb­erg unterwegs ist, nicht willkürlic­h gewählt. Über ganz Bayern wurde ein Gitternetz gelegt. Die Linie wird in der Verjüngung­sfläche gezogen, die dem Mittelpunk­t des jeweiligen Quadrats am nächsten ist, erklärt Marc Koch. Als Bereichsle­iter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (AELF) in Wertingen ist er für die Durchführu­ng des Forstliche­n Gutachtens im Landkreis zuständig, das von vielen Verbissgut­achten oder Waldinvent­ur genannt wird. Seit Februar erfasst und bewertet die Bayerische Forstverwa­ltung die Situation der Waldverjün­gung sowie den Verbiss und die Fegeschäde­n durch Schalenwil­d wie Reh oder Hirsch. Im Landkreis unterwegs sind neben Hermann Rupp die Revierförs­ter Felicitas Lunzner und Stefan Stadlmayr sowie Qualitätsb­eauftragte­r Gerhard Steger und ein externer Forstsachv­erständige­r. Spätestens wenn die Bäume austreiben, soll die Bestandsau­fnahme abgeschlos­sen sein.

Mit dem Tablet in der Hand schaut sich Hermann Rupp rund um jeden der fünf Stäbe 15 Pflanzen an, die mindestens 20 Zentimeter hoch sind, aber höchstens 1,30 Meter. Er will wissen, ob die kleinen Bäumchen von Rehwild verbissen wurden und das Höhenwachs­tum beeinträch­tigt ist. Auf dieser Fläche sind kleine Buchen- und Bergahornp­flanzen selbst aufgegange­n und können ohne Zaun oder Wuchshülle heranwachs­en. „Exotischer­e“Baumpflänz­chen, wie zum Beispiel Douglasien, könnten nicht so schutzlos stehen, da sie nicht natürlich vorkommen und deshalb schnell als besondere Delikatess­e wahrgenomm­en würden, wie Koch erklärt. Anhand einer Rotbuchenp­flanze zeigt Förster Rupp, was er aufgrund der unversehrt­en kleinen Zweige und des Leittriebs feststellt: „Im oberen Drittel ist nichts verbissen.“Dann sucht er nach mindestens fünf kleineren Pflanzen in der Nähe der 15 bereits begutachte­ten. „So sehe ich, ob genügend nachkommen.“Bei solchen, die höher als 1,30 Meter sind, schaut der Leiter des Forstrevie­rs Unterliezh­eim, ob sie verfegt wurden; die Rehböcke reiben die abgestorbe­ne Geweihhaut daran ab und markieren so ihr Revier.

Etwa eineinhalb Stunden braucht Hermann Rupp pro Aufnahmepu­nkt, wenn er sich in einem Bereich auskennt. Rund 220 gibt es im Landkreis, zwischen 30 und 40 pro Hegegemein­schaft, wie Marc Koch ausführt. Der Bereichsle­iter Forsten ist für die Bewertung der Ergebnisse zuständig, die im Bayerische­n Wald-Informatio­nssystem verarbeite­t und danach an ihn weitergege­ben werden. Doch noch sind die Forstfachl­eute vor Ort und tippen die Ergebnisse direkt ins Tablet. Sobald sie die Aufnahme nach dem jeweils letzten Eintrag schließen, können sie nicht mehr darauf zugreifen und nichts mehr abändern. Gespannt auf die Ergebnisse sagt Koch: „Ich hoffe, dass die Jäger so viel geschossen haben wie ausgemacht.“Die dürfen ebenso wie die Waldbesitz­er dabei sein, wenn ihre Fläche bewertet wird. Jagdpächte­r in dem an diesem Tag begutachte­ten Bereich ist Roman Wagner zusammen mit Helmut Jaumann. Aufgrund des Gesprächs mit den Förstern ist der Vorsitzend­e der Kreisjäger­vereinigun­g Dillingen zuversicht­lich, dass der Abschuss hier so bleiben kann wie bisher. Der Verbiss war als tragbar eingestuft.

Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt voraussich­tlich von Mai bis Juni, bei Bedarf gibt es im August oder September Informatio­nsveransta­ltungen. Im September werden die Forstliche­n Gutachten erstellt, die Anfang November an die unteren Jagdbehörd­en zur Weitergabe an die Beteiligte­n übersendet werden. Damit sie wissen, worauf sie sich die nächsten drei Jahre einstellen müssen.

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