Öffnen trotz Lockdown dank „Luca“?
Pandemie Die Forderungen, Schließungen und Einschränkungen nicht nur an Inzidenzen festzumachen, werden immer lauter. Jetzt tüftelt man in Augsburg an Ideen, wie ein Ausstieg per App gelingen könnte
Die Inzidenzwerte in Augsburg bleiben auf einem hohen Niveau. Von Zahlen, die nach den derzeit geltenden Regelungen eine Öffnung von Handel, Gastronomie und Kultur zulassen würden, ist man weit entfernt. Den Wunsch von Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU), Augsburg in Anlehnung an Tübingen dennoch zu einer Modellstadt für kontrollierte Öffnungen zu machen, wurde seitens des bayerischen Ministerpräsidenten, Markus Söder, abgelehnt. Dennoch will die Stadtspitze Projekte erarbeiten, die einen schrittweisen Ausstieg aus dem Lockdown unabhängig von Inzidenzwerten ermöglichen. Zumindest will man bestmöglich vorbereitet sein, sollte es schon bald die Chance dafür geben.
Ein Element dabei ist – neben Testen und Impfen – die Handy-App Luca. Sie macht die Kontaktverfolgung und eine geschützte, direkte Übertragung von Personendaten an das städtische Gesundheitsamt möglich. Hierfür hat die Stadt die Schnittstelle geschaffen. Wer Luca auf seinem Handy hat, kann sich bei Besuchen im Handel der Gastronomie oder Kultureinrichtungen am Eingang registrieren, indem er einen QR-Code scannt.
Wird ein Corona-Fall eines Besuchers bekannt, werden automatisch die Daten jener Personen, die sich zeitgleich am selben Ort aufgehalten haben, an das Gesundheitsamt übermittelt, das seinerseits die Kontaktnachverfolgung starten kann. Papierlisten, in die sich Besucher händisch eintragen können und die wegen datenschutzrechtlicher Bedenken teils für Missmut sorgten, wären dann überflüssig. Zudem erhofft man sich durch die digitale Variante kürzere Wege und damit eine schnellere Unterbrechung von Infektionsketten. Während Bürger sich lediglich die kostenfreie App online herunter laden müssen – wer kein Smartphone hat, kann sich einen kostenlosen Schlüsselanhänger mit QR-Code besorgen – , müssen Gewerbetreibende und Kultureinrichtungen ihr Unternehmen anmelden. Auch dafür fallen keine Gebühren an, so Stefan Sieber, Leiter des Büros der Oberbürgermeisterin.
Um Hürden abzubauen und möglichst viele zur Teilnahme zu animieren, kooperiert die Stadt mit der Industrieund Handelskammer (IHK) sowie der Handwerkskammer für Schwaben (Hwk). „Wenn die LucaApp flächendeckend von vielen Gewerbetreibenden eingesetzt wird, bietet das die Chance für lokale Öffnungsszenarien. Das wäre ein wichtiger Meilenstein im Umgang mit der Pandemie, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Marc Lucassen. Die
IHK hat deswegen bereits Termine für Online-Schulungen, sogenannte Webinare, angesetzt. Sie rechnet mit mehr als 400 Teilnehmern.
Im Handel wartet man mit Spannung auf die Einführung der App. „Sie ist eine gute Sache und kann neben Testen und Impfen helfen, schrittweise aus dem Lockdown auszusteigen“, ist Ulrich Mayer, Vorsitzender des Innenstadt-Gewerbebeirats, überzeugt. Nun sei wichtig,
Kunden und Unternehmer davon zu überzeugen, dass die App sicher ist und funktioniert. „Ich finde es daher sehr gut, dass die Stadt dieses Thema unterstützt und die Kammern bereits fleißig informieren.“
Michael Hehl, Geschäftsführer des Kinos Liliom, will die App ebenfalls einsetzen, wenn er dann Kino und Restaurant wieder öffnen kann. „Das ist eine gute Übergangslösung, aber noch wichtiger wäre das schnelle
Impfen.“Leo Dietz, Vorsitzender des Augsburger Hotel- und Gaststättenverbands, kann es ebenfalls nicht schnell genug gehen: „Alles, was uns vorwärts bringt, ist gut.“Die Rückmeldungen von Gastronomen und Hoteliers seien positiv.
Auch Elke Hehl vom IHK-Branchenservice Handel hat bisher viele positive Rückmeldungen zum Einsatz von Luca erhalten. „Die meisten freuen sich über diese Möglichkeit, die Öffnungen wahrscheinlicher werden lässt. Wir erwarten, dass auch der bislang geringe Teil von zurückhaltenden Unternehmen nach einer erfolgreichen Pilotphase einsteigen wird.“Aus Erfahrungswerten anderer IHK, etwa Schwerin und Rostock, wisse man, dass die LucaApp von den Gewerbetreibenden sehr gut angenommen wird.
Vereinzelt aufkommende Kritik, die Stadt habe mit Luca unnötig eine zweite App neben der Corona Warn App (CWA) etabliert, kontert Markus Jopp vom städtischen Amt für Digitalisierung: „Die Corona Warn App und die Luca-App sind zwei verschiedene Systeme.“
Bei der Corona Warn App (CWA) blieben Anwender anonym, kein Gesundheitsamt könne auf die Daten der CWA zugreifen. „Nur wenn eine infizierte Person die CWA ebenfalls verwendet und ihr positives Testergebnis eingetragen hat, können Kontakte über ein Infektionsrisiko benachrichtigt werden“, erklärt Markus Jopp.
Die Luca-App erleichtere dagegen die Arbeit im Rahmen der Kontaktpersonennachverfolgung. Anwender bauen sich eine Kontakthistorie auf, die im Infektionsfall für das Gesundheitsamt freigegeben werden kann. Grundsätzlich sei Augsburg jedoch lösungsoffen und auch für die Einbindung weiterer Kontaktnachverfolgungs-Apps bereit.