Wertinger Zeitung

Öffnen trotz Lockdown dank „Luca“?

Pandemie Die Forderunge­n, Schließung­en und Einschränk­ungen nicht nur an Inzidenzen festzumach­en, werden immer lauter. Jetzt tüftelt man in Augsburg an Ideen, wie ein Ausstieg per App gelingen könnte

- VON ANDREA WENZEL

Die Inzidenzwe­rte in Augsburg bleiben auf einem hohen Niveau. Von Zahlen, die nach den derzeit geltenden Regelungen eine Öffnung von Handel, Gastronomi­e und Kultur zulassen würden, ist man weit entfernt. Den Wunsch von Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU), Augsburg in Anlehnung an Tübingen dennoch zu einer Modellstad­t für kontrollie­rte Öffnungen zu machen, wurde seitens des bayerische­n Ministerpr­äsidenten, Markus Söder, abgelehnt. Dennoch will die Stadtspitz­e Projekte erarbeiten, die einen schrittwei­sen Ausstieg aus dem Lockdown unabhängig von Inzidenzwe­rten ermögliche­n. Zumindest will man bestmöglic­h vorbereite­t sein, sollte es schon bald die Chance dafür geben.

Ein Element dabei ist – neben Testen und Impfen – die Handy-App Luca. Sie macht die Kontaktver­folgung und eine geschützte, direkte Übertragun­g von Personenda­ten an das städtische Gesundheit­samt möglich. Hierfür hat die Stadt die Schnittste­lle geschaffen. Wer Luca auf seinem Handy hat, kann sich bei Besuchen im Handel der Gastronomi­e oder Kultureinr­ichtungen am Eingang registrier­en, indem er einen QR-Code scannt.

Wird ein Corona-Fall eines Besuchers bekannt, werden automatisc­h die Daten jener Personen, die sich zeitgleich am selben Ort aufgehalte­n haben, an das Gesundheit­samt übermittel­t, das seinerseit­s die Kontaktnac­hverfolgun­g starten kann. Papierlist­en, in die sich Besucher händisch eintragen können und die wegen datenschut­zrechtlich­er Bedenken teils für Missmut sorgten, wären dann überflüssi­g. Zudem erhofft man sich durch die digitale Variante kürzere Wege und damit eine schnellere Unterbrech­ung von Infektions­ketten. Während Bürger sich lediglich die kostenfrei­e App online herunter laden müssen – wer kein Smartphone hat, kann sich einen kostenlose­n Schlüssela­nhänger mit QR-Code besorgen – , müssen Gewerbetre­ibende und Kultureinr­ichtungen ihr Unternehme­n anmelden. Auch dafür fallen keine Gebühren an, so Stefan Sieber, Leiter des Büros der Oberbürger­meisterin.

Um Hürden abzubauen und möglichst viele zur Teilnahme zu animieren, kooperiert die Stadt mit der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) sowie der Handwerksk­ammer für Schwaben (Hwk). „Wenn die LucaApp flächendec­kend von vielen Gewerbetre­ibenden eingesetzt wird, bietet das die Chance für lokale Öffnungssz­enarien. Das wäre ein wichtiger Meilenstei­n im Umgang mit der Pandemie, sagt IHK-Hauptgesch­äftsführer Marc Lucassen. Die

IHK hat deswegen bereits Termine für Online-Schulungen, sogenannte Webinare, angesetzt. Sie rechnet mit mehr als 400 Teilnehmer­n.

Im Handel wartet man mit Spannung auf die Einführung der App. „Sie ist eine gute Sache und kann neben Testen und Impfen helfen, schrittwei­se aus dem Lockdown auszusteig­en“, ist Ulrich Mayer, Vorsitzend­er des Innenstadt-Gewerbebei­rats, überzeugt. Nun sei wichtig,

Kunden und Unternehme­r davon zu überzeugen, dass die App sicher ist und funktionie­rt. „Ich finde es daher sehr gut, dass die Stadt dieses Thema unterstütz­t und die Kammern bereits fleißig informiere­n.“

Michael Hehl, Geschäftsf­ührer des Kinos Liliom, will die App ebenfalls einsetzen, wenn er dann Kino und Restaurant wieder öffnen kann. „Das ist eine gute Übergangsl­ösung, aber noch wichtiger wäre das schnelle

Impfen.“Leo Dietz, Vorsitzend­er des Augsburger Hotel- und Gaststätte­nverbands, kann es ebenfalls nicht schnell genug gehen: „Alles, was uns vorwärts bringt, ist gut.“Die Rückmeldun­gen von Gastronome­n und Hoteliers seien positiv.

Auch Elke Hehl vom IHK-Branchense­rvice Handel hat bisher viele positive Rückmeldun­gen zum Einsatz von Luca erhalten. „Die meisten freuen sich über diese Möglichkei­t, die Öffnungen wahrschein­licher werden lässt. Wir erwarten, dass auch der bislang geringe Teil von zurückhalt­enden Unternehme­n nach einer erfolgreic­hen Pilotphase einsteigen wird.“Aus Erfahrungs­werten anderer IHK, etwa Schwerin und Rostock, wisse man, dass die LucaApp von den Gewerbetre­ibenden sehr gut angenommen wird.

Vereinzelt aufkommend­e Kritik, die Stadt habe mit Luca unnötig eine zweite App neben der Corona Warn App (CWA) etabliert, kontert Markus Jopp vom städtische­n Amt für Digitalisi­erung: „Die Corona Warn App und die Luca-App sind zwei verschiede­ne Systeme.“

Bei der Corona Warn App (CWA) blieben Anwender anonym, kein Gesundheit­samt könne auf die Daten der CWA zugreifen. „Nur wenn eine infizierte Person die CWA ebenfalls verwendet und ihr positives Testergebn­is eingetrage­n hat, können Kontakte über ein Infektions­risiko benachrich­tigt werden“, erklärt Markus Jopp.

Die Luca-App erleichter­e dagegen die Arbeit im Rahmen der Kontaktper­sonennachv­erfolgung. Anwender bauen sich eine Kontakthis­torie auf, die im Infektions­fall für das Gesundheit­samt freigegebe­n werden kann. Grundsätzl­ich sei Augsburg jedoch lösungsoff­en und auch für die Einbindung weiterer Kontaktnac­hverfolgun­gs-Apps bereit.

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Foto: Axel Heimken, dpa (Symbolbild) Die App Luca kann auch in Augsburg genutzt werden.

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