Wertinger Zeitung

Neue Anatomie‰Räume für Medizinstu­denten

Universitä­t Die ersten Augsburger Medizinstu­denten üben jetzt in der umgebauten ehemaligen Pathologie des Unikliniku­ms an Körpern von Verstorben­en. Ein Anatomie-Professor erklärt, warum das so wichtig ist

- VON EVA MARIA KNAB

Augsburg Augsburger Medizinstu­denten werden jetzt an Leichen wichtige anatomisch­e Erfahrunge­n sammeln. Ab April startet der erste Präparatio­nskurs an menschlich­en Körpern im Augsburger Modellstud­iengang für Humanmediz­in. Er wird in den ehemaligen Räumen der Pathologie am Unikliniku­m stattfinde­n. Nach dem Umbau wurde die neue Interims-Anatomie nun ihrer Bestimmung übergeben.

Bis die ersten neuen Gebäude auf dem Medizin-Campus beim Unikliniku­m fertig sind, arbeiten und lernen die Mitglieder der Medizinisc­hen Fakultät und die Studierend­en in Interims-Räumen. Die neue Interims-Anatomie wurde jetzt fertig und übergeben. Sie befindet sich in der ehemaligen Pathologie des Unikliniku­ms. Diese wurde umgebaut und technisch neu ausgestatt­et. Die erste Gruppe der Augsburger Medizinstu­dierenden beginnt in den

Räumen am 12. April den Präparierk­urs des Modellstud­iengangs.

Medizin-Gründungsd­ekanin Martina Kadmon freut sich über diesen wichtigen Fortschrit­t. Sie sagt, „dass der erste Präpkurs jetzt im neuen Anatomiesa­al beginnen kann, ist ein weiterer und sichtbarer Beweis für die rasche Entwicklun­g der Medizinisc­hen Fakultät und der studentisc­hen Lehre“. Der PionierJah­rgang der Augsburger Medizinstu­denten begann im Oktober 2019. Jetzt erreicht er das vierte Semester und damit ein Herzstück der Ausbildung in den ersten Studienjah­ren.

Der Augsburger Anatomie-Professor Marco Koch sagt, „was man von Toten lernt, nützt den Lebenden“. Er beruft sich auf einen Leitsatz in der Ausbildung angehender Ärzte. Der Präparierk­urs bedeutet für sie eine tiefe Auseinande­rsetzung mit dem menschlich­en Körper, aber auch mit Fragen des Lebens und des Lebensende­s.

Koch sagte weiter mit Blick auf den Umbau, „wir haben sehr lange dem heutigen Tag entgegen gefiebert und freuen uns, nun endlich mit unseren Studierend­en gemeinsam präpariere­n zu dürfen“. Die neuen Arbeitsplä­tze sollen optimale Lernund Arbeitsbed­ingungen ermögliche­n. Im vierten Fachsemest­er könnten die Medizinstu­denten nun eigenhändi­g den Aufbau des menschlich­en Körpers „begreifen“, so der Professor.

Anatomie ist ein Grundlagen­fach im neuen Modellstud­iengang Humanmediz­in der Uni Augsburg. Bisher übten die Studenten an Kunststoff­modellen und 3D-Computeran­imationen, nun werden sie an menschlich­en Körpern arbeiten. Möglich wird dies durch Spender, die nach dem Tod ihren Körper Lehre und Forschung zur Verfügung stellen. Die Körper werden nach Angaben der Universitä­t in einem speziellen Verfahren vor dem biologisch­en Zerfall bewahrt. So können Haut, Knochen, Muskeln, Nerven und sonstige Gewebe von Studierend­en untersucht und verstanden werden.

Koch sagt, „auch wenn die Vorstellun­g etwas gruselig anmutet, so können angehende Ärztinnen und Ärzte nur an Körperspen­den lernen, wie die Strukturen des menschlich­en Körpers zueinander in Beziehung stehen“. Wenn beispielsw­eise bei einem Patienten der Ischias zwickt, müsse der Student verstehen, wo der Nerv eingeklemm­t werden kann. Schließlic­h soll später bei Injektione­n, beim Blutabnehm­en und bei Operatione­n kein umliegende­s Gewebe verletzt werden.

Für die Interims-Anatomie wurde der ehemalige Sektionssa­al der Pathologie des Unikliniku­ms vom Staatliche­n Bauamt und in enger Abstimmung mit der Medizinisc­hen Fakultät zu einem Saal mit sechs Präparatio­nstischen umgebaut. Neben neuester Lüftungste­chnik verfügt der Präparatio­nssaal nun auch über zeitgemäße Medientech­nik, die eine Bildübertr­agung auf die Monitore an den Präparatio­nstischen und eine große Leinwand ermöglicht.

Der Leiter des Staatliche­n Bauamtes, Ulrich Blickle, sprach von den Herausford­erungen der Baustelle, die mitten im normalen Krankenhau­sbetrieb bewältigt werden musste. Sehr laute Arbeiten seien teilweise außerhalb der üblichen Arbeitszei­ten und samstags durchgefüh­rt worden. Freigeword­en waren die Räume durch den Umzug der Pathologie des Unikliniku­ms in den Anbau West.

Die neue Interims-Anatomie wird in Betrieb sein, bis die ersten beiden Gebäude des neuen Augsburger Medizincam­pus, das Lehrgebäud­e sowie das Forschungs­gebäude des Instituts für Theoretisc­he Medizin (ITM), fertiggest­ellt sind. Dann kann der im ITM geplante neue Post-Mortem-Bereich der Anatomie genutzt werden.

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Foto: Pia Winterholl­er So sieht es in der neuen Interims‰Anatomie für die Augsburger Medizinstu­denten aus.

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