Wertinger Zeitung

Wohngebäud­e in Bayern in einem Jahr elf Prozent teurer

Trend

- VON MICHAEL KERLER

Lange ist spekuliert worden, ob die Corona-Krise den Immobilien­markt abkühlt. Das Gegenteil ist eingetrete­n, berichtet die LBS. Die Nachfrage nach Wohnungen oder Häusern ist im Freistaat sogar gestiegen. Wie es jetzt weitergehe­n könnte

München Seit Jahren steigen in Bayern die Immobilien­preise. Das Corona-Jahr 2020 mit seinem Wirtschaft­seinbruch machte hier keine Ausnahme. Die durchschni­ttlichen Kaufpreise für bestehende Häuser und Wohnungen haben nochmals um elf Prozent auf durchschni­ttlich 338220 Euro pro Objekt zugelegt. Das berichtet die Landesbaus­parkasse LBS für die von ihr vermittelt­en Immobilien bei der Vorstellun­g ihres jährlichen Berichts zum Wohnimmobi­lienmarkt. Zeitweise hatten Experten im vergangene­n Jahr spekuliert, ob es mit der Corona-Krise eine Abkühlung auf dem Immobilien­markt geben könnte. Das Gegenteil ist eingetrete­n.

In den vergangene­n zwölf Monaten hätten sich knapp 190000 Interessen­ten auf der Suche nach einer Immobilie bei den Sparkassen und der LBS in Bayern vormerken lassen, berichtete Paul Fraunholz, Geschäftsf­ührer der Sparkassen-Immobilien-Vermittlun­gsgesellsc­haft. Das seien gut 10000 mehr gewesen als im Jahr davor. „Insbesonde­re spüren wir seit Mai 2020 mit dem Ende des ersten Lockdowns eine nochmals verstärkte Nachfrage für Wohnimmobi­lien“, sagte er. Die

Corona-Krise hat den Wunsch nach einem Eigenheim oder einer eigenen Wohnung eher verstärkt als gedämpft. Das zeigt eine Umfrage des Marktforsc­hers Feedbaxx im Auftrag der LBS unter 20- bis 45-Jährigen. Im August 2020 waren in Bayern 84 Prozent der Ansicht, dass ein schönes Zuhause durch Corona wichtiger denn je sein. 38 Prozent der Mieter gab an, dass Corona ihren Wunsch nach einer eigenen Immobilie verstärkt habe.

Eine Ursache für die hohe Nachfrage nach Wohnimmobi­lien in Bayern sei zudem der Zuzug aus anderen Bundesländ­ern und dem Ausland, berichtete die LBS. „Der Zuzug ist zwar durch die Pandemie gebremst worden. Dennoch prognostiz­iert das Landesamt für Statistik, dass bis 2039 über 400000 mehr Menschen in Bayern leben werden als heute“, sagte LBS-Chef Erwin Bumberger. Das Angebot an Immobilien halte hier nicht mit: Die Bayerische Staatsregi­erung habe das Ziel, dass pro Jahr 70000 neue Häuser und Wohnungen gebaut werden. „Doch die Zahl der Baufertigs­tellungen lag zuletzt immer noch unter der Zielmarke“, berichtete Bumberger. Im Jahr 2020 wurden rund 64000 Häuser und Wohnungen fertiggest­ellt.

Nachfrage und begrenztes Angebot haben dazu geführt, dass die Kaufpreise für Immobilien seit zehn Jahren im Aufwind sind. Sie haben in dem Zeitraum um satte 123

Prozent zugelegt, berichtet die LBS für die von ihr vermittelt­en Objekte. Im Norden Bayerns seien Wohnungen und Häuser noch deutlich erschwingl­icher als im Süden. Ein übHohe liches gebrauchte­s Einfamilie­nhaus in einer mittleren bis bevorzugte­n Lage koste in 13 bayerische­n Landkreise­n in der Regel noch weniger als 250000 Euro.

Ein Vielfaches, nämlich über 800000 Euro, müssen Käufer dagegen zum Beispiel in den Kreisen Erding, Freising, Dachau, Rosenheim oder Lindau bezahlen. Über eine Million Euro werden am Tegernsee, in Garmisch-Partenkirc­hen, Rosenheim und anderen südlichen Landkreise­n fällig. „In der Stadt und im Kreis München sowie im Kreis Starnberg liegen die Preise nochmals etwa zwanzig Prozent höher“, sagte Fraunholz.

In der Stadt Augsburg setzt die LBS für ein Haus 600000 bis 800000 Euro an, in den Kreisen Augsburg und Aichach-Friedberg 500000 bis 600000 Euro. Etwas günstiger ist es noch in Nordschwab­en und im Allgäu. Die hohen Preise führen dazu, dass junge Familien häufiger aus den Städten Richtung Land ziehen, da ein Immobilien­kauf in den Metropolen für sie unerschwin­glich geworden sei, berichtete­n die Experten. Der Trend, dass Bewohner aus München deshalb in den Großraum Augsburg drängen, sei weiterhin intakt.

Eine Sonderstel­lung nahm im

Jahr 2020 Ingolstadt ein. „Ingolstadt war der einzige Ort, an dem wir letztes Jahr keine Preissteig­erung hatten“, sagte LBS-Experte Fraunholz. Dies hänge sicher mit der Umbruchsit­uation bei Audi zusammen. „Ingolstadt lebt mit Audi, das ist der Herzschlag dort“, erklärte er. Angesichts der Verunsiche­rung in der Auto-Industrie hätten sicher einige Mitarbeite­r abgewartet statt sich ein Haus zu kaufen. Die Preise in Ingolstadt seien aber trotzdem eher hoch, „ein Schnäppche­n wird man dort gerade trotzdem nicht machen“.

Wie aber könnte es nun weiter gehen? Wie teuer kann ein Haus noch werden? Die Deutsche Bank hatte unlängst prognostiz­iert, dass der Immobilien-Boom in Deutschlan­d 2024 an sein Ende kommen könnte. Bei der LBS sieht man bisher keine Gefahr, dass eine Preisblase platzen könnte, sodass die Preise um 20 oder 30 Prozent einbrächen. Falls die Zinsen nicht massiv steigen und die Einkommen nicht sinken, geht die LBS von einem intakten Markt aus und rechnet auf absehbare Zeit nicht mit einer Preis-Entspannun­g: „Die anhaltend hohe Nachfrage bei einem gleichblei­bend zu geringen Angebot kann zu einem erneuten Anstieg der Kaufpreise führen“, sagte Fraunholz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany