Wertinger Zeitung

„Habt ihr schon die Nase geputzt?“

Corona‰Pandemie Seit Montag testen Schüler und Lehrer sich selbst. Zum Beispiel in Wertingen

- VON DOMINIK BUNK UND CHRISTINA BRUMMER

Wertingen „Habt ihr schon die Nase geputzt?“, fragt Klassenlei­terin Sandra Müller ihre Schülerinn­en und Schüler am Montagmorg­en. Das ist wichtig, damit das Ergebnis genauer wird. Die Hände müssen ebenfalls gewaschen werden. Denn auch an der Wertinger Grundschul­e testen sich die Unterricht­enden und ihre Schützling­e ab jetzt zwei Mal die Woche – per Corona-Selbsttest.

Um ihren Schützling­en mögliche Ängste zu nehmen, hätte so manche Lehrkraft das Prozedere schon auf Video vorgemacht, wie Schulleite­rin Christiane Grandé erzählt. Auch die Augsburger Puppenkist­e hätte eine gute und unterhalts­ame Aufzeichnu­ng zum Thema veröffentl­icht. Zudem war für sie wichtig, klarzustel­len, dass es sich nicht um einen „tiefen Rachenabst­rich“, wie beispielsw­eise in einem Testzentru­m, handelt, sondern nur um einen Abstrich am Nasenhobel.

„Ich finde das nicht schlimm, ist ja eigentlich nur, als würde man sich in der Nase bohren“, meint Paul aus der Klasse 4b. „Heute Morgen habe ich das schon daheim mit einem Wattestäbc­hen getestet“, erzählt der Grundschül­er lachend. Auch sein Klassenkam­erad Philipp hatte keine Angst davor: „Es ist ja wichtig für die Sicherheit.“

Der Test selbst findet für die Schülerinn­en und Schüler dann direkt im Klassenzim­mer statt, zusammen mit ihrer Klassenlei­terin. Diese macht jeden Schritt vor: Vom Abstrich in der Nase bis hin zum Träufeln der Flüssigkei­t auf die Testkasset­te. Für die 4 b stellt das Prozedere augenschei­nlich ein wahres Highlight dar. Offensicht­lich sehr interessie­rt folgt die Klasse den Anweisunge­n von Sandra Müller, bis letztendli­ch der „Moment der Wahrheit“kommt. Einig sind sich die meisten Kinder in den nachfolgen­den Gesprächen untereinan­der, dass das Ganze „zwar unangenehm, aber nicht schlimm“gewesen sei.

Unterstütz­t werden die Lehrkräfte vom ASB-Regionalve­rband Dillingen-Donau-Ries. Claudia Lijsen, Sonja Engelbrech­t und Katharina Mair helfen vor Ort mit, damit die Tests möglichst reibungslo­s verlaufen. „Am Donnerstag haben wir spontan die Grundschul­e angerufen, um wegen mancher Unsicherhe­it unsere Hilfe anzubieten“, erklärt Lijsen von der Marketinga­bteilung des ASB. Zwei Kinder hätten große Angst vor dem Test gehabt und seien deswegen besonders betreut worden. Zusammen mit ihren Müttern hätten sie auch diese Situation gemeistert, wie Schulleite­rin Christiane Grandé erzählt.

„Solange der Inzidenzwe­rt unter 100 liegt, bleibt es bei zweimal pro Woche. Sobald er darüberlie­gt, müssen wir öfter testen“, so Grandé. Außerdem würden dann nur noch die vierten Klassen vor Ort unterricht­et werden können. Für die Klassenstu­fen eins bis drei steht dann wieder Distanzunt­erricht auf der Tagesordnu­ng.

Bei späterer Nachfrage teilte die Schulleite­rin mit, dass es am Montag keine positiven Tests, weder bei Schülerinn­en, Schülern oder Lehrkräfte­n, gegeben hat.

Die neue Testoffens­ive der Staatsregi­erung, sie hat bei manchen Eltern im Vorfeld für Aufregung gesorgt. Irmgard Daub, Schulleite­rin in der Lauinger Carolina-Frieß-Grundschul­e, erreichten am Freitag vor Ferienende einige E-Mails besorgter Eltern. Manche wollten wissen, was passiert, wenn sich ihr Kind verletzt, andere befürchtet­en, dass mit dem Testen wertvolle Unterricht­szeit verloren geht. Diese Sorge zumindest teilt auch Irmgard Daub. „Man muss die Kinder erst sammeln, die Tests austeilen und erklären, dann muss man 15 Minuten warten, das dauert“, sagte die Schulleite­rin am Freitag gegenüber unserer Redaktion. Daub war jedoch überzeugt, dass die Kinder die neue Testpflich­t lockerer sähen als die Eltern. Es komme darauf an, wie die Lehrkräfte es den Kindern vermittelt­en. Am Montag, als auch in der Lauinger Grundschul­e das erste Testen schon über die Bühne gegangen ist, zieht Daub eine positive Bilanz: Es habe zwar eine ganze Unterricht­sstunde eingenomme­n, doch Daub ist guter Dinge, dass das Testen mit der Zeit zur Gewohnheit und damit beschleuni­gt wird. Erwartungs­gemäß seien die Kinder mit dem Testen gut zurechtgek­ommen. „Ich bin froh, dass es eine allgemeine Regelung gibt, entweder alle oder keiner.“Tests an Schulen gab es nämlich schon vor den

Osterferie­n. Diese waren für die Schüler jedoch nicht verpflicht­end. Das hat sich nun geändert. Bekannt waren die Pläne der Staatsregi­erung seit dem 7. April, konkret wurde es aber erst am letzten Ferientag, dem 9. April. Sowohl Schulleite­r aus dem Kreis als auch das Dillinger Schulamt hatten bis dahin keine Informatio­nen erhalten, wie genau sie die Testpflich­t umsetzen sollten. „Ich habe auch nur die Informatio­nen, die in den Medien zu lesen sind“, sagte Stephan Wolk, Rektor an der Aschbergsc­hule in Holzheim, am Freitag.

Am späten Freitagvor­mittag trat dann der Bayerische Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) vor die Presse und erklärte, wie das Testen nach den Ferien geplant ist. Piazolo sprach davon, dass ab sofort nur noch ein negativer Test als „Eintrittsk­arte“in den Präsenzunt­erricht ausreiche.

„Ich hätte mir schon früher Informatio­nen gewünscht“, sagte Rektor Wolk. Der erste verpflicht­ende Test an der Aschbergsc­hule sei dennoch gut verlaufen. Es habe auch keine positiven Testergebn­isse gegeben. Die Schulleite­r erzählen, dass der Großteil der Schüler und Eltern gut mitmachte. Dennoch komme es vor, dass Eltern ihre Kinder lieber zu Hause ließen, weil sie sie nicht testen lassen wollten. „Ich glaube nach wie vor nicht, dass Schulen Viren-Umschlagpl­ätze sind“, sagt Wolk. „Aber die Tests sorgen dafür, dass wir unseren Schülern ein einigermaß­en normales Leben in der Schule ermögliche­n können.“

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Foto: Dominik Bunk Die Schüler der Klasse 4 b an der Wertinger Grundschul­e haben am Montag zum ersten Mal einen Selbsttest durchgefüh­rt.

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