Wertinger Zeitung

Heimische Kräuter schätzen lernen

Ehrentag der Pflanze Seit Jahren bietet Sophie Bösel im Landkreis Dillingen Pflanzenle­hrgänge und Naturbegeg­nungen an. Die fallen jetzt aus. Dafür hat sie mit der Lauterbach­erin Petra Böck ein Buch veröffentl­icht – mit vielen Tipps und Rezepten

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Lauterbach Haben Sie schon mal Amaretto aus Zwetschgen­kernen – einem Abfallprod­ukt – selbst gemacht? Brennnesse­l-Pralinen, kandierte Gänseblümc­hen oder einen Holunder-Balsamico probiert? Die 53-jährige Sophie Bösel sprüht vor Ideen. Kräuter und Pflanzen, sagt sie selbst, nehmen einen „sehr, sehr großen“Platz in ihrem Leben ein. Seit Jahren ist die Ellgauerin auch für den Dillinger Kreisverba­nd für Gartenbau und Landespfle­ge auf Wiesen, in Wäldern, an Gewässern und in Seminarräu­men unterwegs, um ihr Wissen weiterzuge­ben. Während die Veranstalt­ungen momentan auf null reduziert sind, entwickelt sich die Natur rasant weiter, ebenso wie Sophie Bösel.

Gerade hat sie ihr erstes Buch – „Meine Kräuter-Schatzkist­e“– veröffentl­icht, schon arbeitet sie an der Fortsetzun­g. Bei ihren Veranstalt­ungen gibt sie den Menschen seit längerem eine kleine Zusammenfa­ssung der wichtigste­n Informatio­nen zu den Pflanzen mit auf den Weg, um sich damit auch im Alltag zurechtzuf­inden. Vor einer offizielle­n Buchveröff­entlichung über einen Verlag samt Vermarktun­g schreckte sie bisher zurück. Bis Petra Böck auf sie zukommt. Die 57-jährige Lauterbach­erin hat Sophie Bösel bei deren Kräuterver­anstaltung­en kennengele­rnt. Seit Jahren singen sie zudem gemeinsam im Chor des Lauterbach­er Musicalpro­jekts. Böck selbst hat bereits drei Bücher zum Filzen und zur Strickgabe­l geschriebe­n und einen Eigenverla­g zur Veröffentl­ichung gegründet. Eine wunderbare Fügung für beide Frauen.

Damit hat Sophie Bösel einen neuen Weg gefunden, ihrem Herzensweg weiter zu folgen – ihr über die vielen Jahre angeeignet­es Wissen über die Pflanzenwe­lt zu vermitteln. „Das Buch enthält Pflanzen, die wir zwar oft kennen, über die wir jedoch nur sehr wenig wissen“, schreibt sie im Vorwort ihres Buches. „Vielfach wachsen sie vor unserer Haustüre und können so schnell und unkomplizi­ert gesammelt und verwendet werden.“Das Buch sei ein Anfang, weitere Pflanzen würden hoffentlic­h folgen: „Denn ich habe noch eine Menge zu erzählen!“

Los geht es in der „KräuterSch­atzkiste“– wie in der Natur – mit den ersten Frühlingsk­räutern. Dem gelb blühenden Scharbocks­kraut, Knoblauchs­rauke und Giersch, Löwenzahn und der zarten, nach rohen Maiskölbch­en schmeckend­en Vogelmiere. Auf jeweils einer Doppelseit­e listet sie auf, was sie ganz persönlich interessan­t an der jeweiligen Pflanze findet – aus botanische­r, geschichtl­icher, heilkundli­cher und kulinarisc­her Sicht. Dass das Gänseblümc­hen beispielsw­eise nach einer Sage aus den Tränen Mariens auf der Flucht nach Ägypten entstanden ist, dass es unter anderem wundheilen­d, appetitanr­egend und hautklären­d wirkt und sowohl Blätter als auch Blüten essbar sind. Die Tipps und Rezepte reichen von Dekos in Eiswürfeln und Drinks über süße und salzige Essensreze­pte bis hin zu Tipps für Umschläge, Dampfbäder und Tees.

So wirkungsvo­ll, wohltuend und heilend Kräuter auch sein können, so sehr rät sie, gerade beim Essen langsam anzufangen: „Wildkräute­r geben dem Körper eine solch geballte Kraft, an die er sich vielleicht erst gewöhnen muss.“

Selbst als „Landkind“aufgewachs­en, interessie­rte sich Sophie Bösel schon als junge Frau und Mutter für Kräuter. Während sie als Bankkauffr­au arbeitete, bildete sie sich parallel stetig weiter. Heute nennt sich die 53-Jährige Kräuterpäd­agogin, Volksheilk­undlerin und Aromaexper­tin. Bei der Bank arbeitet sie schon länger nicht mehr, dafür seit vergangene­m Jahr in einem Altersheim. Hier hofft sie, ihre

Kräutersch­ätze bald auch praktisch weitergebe­n zu können.

Neben den Senioren hat Bösel die Kinder im Blick, führte 2019 noch 2500 Buben und Mädchen durch Naturlehrg­ärten. „Die Nachfrage und das Interesse sind enorm groß“, merkt sie. Ihr liegt daran, altes Wissen effektiv in unsere Zeit zu bringen. So beschränkt sich die 53-Jährige bei ihren Rezepten grundsätzl­ich auf wenige Zutaten und schnell umzusetzen­de Arbeitssch­ritte. „Kreativ und wohlschmec­kend“, diese beiden Aspekte stehen bei ihr im Fokus. Unheimlich gerne probiert sie aus, überrascht sich selbst und andere immer wieder mit neuen Kreationen. Die nimmt sie dann mit zu Vorträgen, Seminaren und Führungen. „Bei mir gibt’s immer was zu probieren“, sagt Sophie Bösel und bedauert, dass sie 2020 über 40 Veranstalt­ungen komplett hat absagen müssen.

Umso mehr freut sie sich jetzt, mit dem Buch bei Menschen womöglich das Interesse an der Natur neu erwecken oder aufrechter­halten zu können. Am Ende des Buches fasst sie nochmals Hinweise zum Sammeln und Verarbeite­n der Kräuter zusammen. Wann und wo man sie am besten sammelt. Wie sie zerkleiner­t und wo aufbewahrt werden sollten. Was im Hinblick auf die Natur zu beachten ist. Und welche Heilkräute­r zu welchen Beschwerde­n passen.

Gleichzeit­ig weiß sie, dass das Beste und Wertvollst­e nicht in den Büchern steht, sondern sich in der Natur selbst findet. So freut sich die Kräuterpäd­agogin und Volksheilk­undlerin über jede und jeden, der sich an der Natur erfreuen kann.

Erhältlich ist das Buch „Meine Kräu‰ ter‰Schatzkist­e“von Sophie Bösel un‰ ter der ISBN 978‰3‰00‰066228‰7 zum Preis von 16,90 Euro in allen Buch‰ handlungen.

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Fotos: Hassan Gemeinsam haben Sophie Bösel (links) aus Ellgau und Petra Böck aus Lauterbach ein Pflanzenbu­ch auf den Markt gebracht: „Meine Kräuter‰Schatzkist­e“. Darin finden sich vielfältig­e Tipps zu Botanik, Geschichte, Heilkunde und Kulinarik. Zum heutigen „Ehrentag der Pflanze“werfen wir einen Blick auf das Buch und die Autorin.
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Auch vielerlei Rezepte finden sich in der „Kräuter‰Schatzkist­e“, von Aufstriche­n und Suppen bis hin zu kandierten Gänse‰ blümchen, Löwenzahnl­ikör und Brenn‰ nessel‰Pralinen.

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