Als der kleine Matteo den einzigen Treffer seines Vaters verschlief
FC Augsburg Im Februar 2015 glänzt Keeper Marwin Hitz als Goalgetter. Sein 2:2 gegen Leverkusen wurde dann auch Tor des Monats
Die Spannung in der Augsburger Arena war an diesem 21. Februar 2015 kaum zu überbieten. Es lief die Nachspielzeit in der BundesligaPartie zwischen dem FC Augsburg und Bayer Leverkusen. Der FCA lag 1:2 hinten. Die meisten der über 28.000 Zuschauer standen, als es eine letzte Ecke für den FCA gab. Trainer Markus Weinzierl beorderte auch seinen Torhüter Marwin Hitz in den Bayer-Strafraum, schließlich ging es um wichtige Punkte im Kampf um einen Platz in der Europa-League. Denn der FCA spielte seine beste Saison seit dem Aufstieg und war am 22. Spieltag Fünfter, Bayer Sechster.
Doch den kleinen Matteo Hitz, damals noch keine zehn Monate alt, juckte das alles nicht. Er schlief tief und fest im Tragetuch seiner Mutter Patricia – bis Vater Marwin in Aktion
trat. Die Bayer-Abwehr hatte den Ball nach der Ecke von Shawn Parker nicht aus der Gefahrenzone gebracht. Und als Parker den Ball noch einmal in die Mitte brachte, stand Hitz, der vorne geblieben war, goldrichtig und erzielte mit einem akrobatischen Seitdrehschuss den 2:2-Endstand. Wenige Wochen später wurde der Treffer zum Tor des Monats gekürt. Nach Vladimir Manislavic und Torsten Oehrl ist Hitz der bislang letzte Torschütze des Monats beim FCA.
An diesem kalten Samstag sorgte der Kunstschuss in der 94. Minute für einen emotionalen KollektivAusbruch. Auch seine Frau Patricia jubelte. So laut, dass der kleine Matteo aufwachte und weinte. „Ich denke, er wird mir in der Zwischenzeit verziehen haben“, sagte Hitz sechs Jahre später in einem Interview mit der Schweizer Zeitung Blick und verriet, dass es „schon noch öfters vorkommt“, dass er auf dieses Tor angesprochen wird.
Nicht verwunderlich. TorhüterTore haben immer noch Seltenheitswert, und Torhüter-Tore mit dem Prädikat Tor des Monats noch mehr. Zudem erinnert dieser Treffer an das bisher erfolgreichste Kapitel
des FCA in der Bundesliga. Der FCA hatte Platz fünf bis zum Saisonende verteidigt und qualifizierte sich so für die Europa League. Dort hätte der FCA mit einem überragenden Hitz in der K.o.-Runde beinahe Liverpool ausgeschaltet.
Während der FCA seitdem nicht mehr auf dem internationalen Parkett zu finden ist, stand Hitz, inzwischen 33, dort am Dienstag auf allerhöchster Bühne im Mittelpunkt. Mit Borussia Dortmund unterlag er dort im Viertelfinale der Champions League bei Manchester City zwar mit 1:2. Doch auch dank der Paraden von Hitz hat die Borussia noch Chancen auf ein Weiterkommen.
Dass Hitz im Frühjahr 2021 Stamm-Torhüter in Dortmund ist, schien bei seinem Wechsel 2018 vom FCA in den Ruhrpott eher unwahrscheinlich. Sein Vertrag war ausgelaufen und die Borussia holte Hitz ablösefrei als Nummer zwei hinter Landsmann Roman Bürki.
Von FCA-Seite ist zu hören, dass sich Hitz damals gar nicht mit dem FCA-Angebot auseinandergesetzt hatte und so dem FCA gar keine Chance gab, den Vertrag eventuell zu verlängern. Vielleicht lag es auch daran, dass Hitz ein wenig die Wertschätzung
des FCA fehlte, holte der doch mit Andreas Luthe und dann mit Fabian Giefer immer wieder direkte Konkurrenten in den Kader.
Für Version eins spricht, dass Hitz gegenüber Blick die Fragen nach dem Wechsel so beantwortete: „Ich wusste, dass es top enden oder total in die Hosen gehen kann. Aber ich wollte immer irgendwann in meiner Karriere Stammgoalie bei einem Topklub werden.“
Dies gelang ihm. Wie schon beim FCA setzte sich der oft unterschätzte St. Gallener auf sportlichem Weg gegen seine Konkurrenten durch. Behauptete er sich beim FCA zunächst gegen Simon Jentzsch und Mo Amsif, wehrte er dann die Angriffe von Luthe und Giefer ab. In Dortmund verdrängte der inzwischen dreifache Familienvater jetzt in der Rückrunde Roman Bürki. Lohn dafür: der BVB verlängerte vor kurzem seinen Vertrag bis 2023.