Wertinger Zeitung

Als der kleine Matteo den einzigen Treffer seines Vaters verschlief

FC Augsburg Im Februar 2015 glänzt Keeper Marwin Hitz als Goalgetter. Sein 2:2 gegen Leverkusen wurde dann auch Tor des Monats

- VON ROBERT GÖTZ

Die Spannung in der Augsburger Arena war an diesem 21. Februar 2015 kaum zu überbieten. Es lief die Nachspielz­eit in der Bundesliga­Partie zwischen dem FC Augsburg und Bayer Leverkusen. Der FCA lag 1:2 hinten. Die meisten der über 28.000 Zuschauer standen, als es eine letzte Ecke für den FCA gab. Trainer Markus Weinzierl beorderte auch seinen Torhüter Marwin Hitz in den Bayer-Strafraum, schließlic­h ging es um wichtige Punkte im Kampf um einen Platz in der Europa-League. Denn der FCA spielte seine beste Saison seit dem Aufstieg und war am 22. Spieltag Fünfter, Bayer Sechster.

Doch den kleinen Matteo Hitz, damals noch keine zehn Monate alt, juckte das alles nicht. Er schlief tief und fest im Tragetuch seiner Mutter Patricia – bis Vater Marwin in Aktion

trat. Die Bayer-Abwehr hatte den Ball nach der Ecke von Shawn Parker nicht aus der Gefahrenzo­ne gebracht. Und als Parker den Ball noch einmal in die Mitte brachte, stand Hitz, der vorne geblieben war, goldrichti­g und erzielte mit einem akrobatisc­hen Seitdrehsc­huss den 2:2-Endstand. Wenige Wochen später wurde der Treffer zum Tor des Monats gekürt. Nach Vladimir Manislavic und Torsten Oehrl ist Hitz der bislang letzte Torschütze des Monats beim FCA.

An diesem kalten Samstag sorgte der Kunstschus­s in der 94. Minute für einen emotionale­n KollektivA­usbruch. Auch seine Frau Patricia jubelte. So laut, dass der kleine Matteo aufwachte und weinte. „Ich denke, er wird mir in der Zwischenze­it verziehen haben“, sagte Hitz sechs Jahre später in einem Interview mit der Schweizer Zeitung Blick und verriet, dass es „schon noch öfters vorkommt“, dass er auf dieses Tor angesproch­en wird.

Nicht verwunderl­ich. TorhüterTo­re haben immer noch Seltenheit­swert, und Torhüter-Tore mit dem Prädikat Tor des Monats noch mehr. Zudem erinnert dieser Treffer an das bisher erfolgreic­hste Kapitel

des FCA in der Bundesliga. Der FCA hatte Platz fünf bis zum Saisonende verteidigt und qualifizie­rte sich so für die Europa League. Dort hätte der FCA mit einem überragend­en Hitz in der K.o.-Runde beinahe Liverpool ausgeschal­tet.

Während der FCA seitdem nicht mehr auf dem internatio­nalen Parkett zu finden ist, stand Hitz, inzwischen 33, dort am Dienstag auf allerhöchs­ter Bühne im Mittelpunk­t. Mit Borussia Dortmund unterlag er dort im Viertelfin­ale der Champions League bei Manchester City zwar mit 1:2. Doch auch dank der Paraden von Hitz hat die Borussia noch Chancen auf ein Weiterkomm­en.

Dass Hitz im Frühjahr 2021 Stamm-Torhüter in Dortmund ist, schien bei seinem Wechsel 2018 vom FCA in den Ruhrpott eher unwahrsche­inlich. Sein Vertrag war ausgelaufe­n und die Borussia holte Hitz ablösefrei als Nummer zwei hinter Landsmann Roman Bürki.

Von FCA-Seite ist zu hören, dass sich Hitz damals gar nicht mit dem FCA-Angebot auseinande­rgesetzt hatte und so dem FCA gar keine Chance gab, den Vertrag eventuell zu verlängern. Vielleicht lag es auch daran, dass Hitz ein wenig die Wertschätz­ung

des FCA fehlte, holte der doch mit Andreas Luthe und dann mit Fabian Giefer immer wieder direkte Konkurrent­en in den Kader.

Für Version eins spricht, dass Hitz gegenüber Blick die Fragen nach dem Wechsel so beantworte­te: „Ich wusste, dass es top enden oder total in die Hosen gehen kann. Aber ich wollte immer irgendwann in meiner Karriere Stammgoali­e bei einem Topklub werden.“

Dies gelang ihm. Wie schon beim FCA setzte sich der oft unterschät­zte St. Gallener auf sportliche­m Weg gegen seine Konkurrent­en durch. Behauptete er sich beim FCA zunächst gegen Simon Jentzsch und Mo Amsif, wehrte er dann die Angriffe von Luthe und Giefer ab. In Dortmund verdrängte der inzwischen dreifache Familienva­ter jetzt in der Rückrunde Roman Bürki. Lohn dafür: der BVB verlängert­e vor kurzem seinen Vertrag bis 2023.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Mit diesem Kunstschus­s überwindet FCA‰Torhüter Marwin Hitz seinen Bayer‰Kolle‰ gen Bernd Leno (jetzt FC Arsenal) zum 2:2.
Foto: Klaus Rainer Krieger Mit diesem Kunstschus­s überwindet FCA‰Torhüter Marwin Hitz seinen Bayer‰Kolle‰ gen Bernd Leno (jetzt FC Arsenal) zum 2:2.

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