Wertinger Zeitung

„Man hat sich kleiner gemacht, als man ist“

Interview Marcel Schäfer, Sportdirek­tor des VfL Wolfsburg, erklärt die Wandlung des Klubs vom Abstiegska­ndidaten zum sicheren Anwärter auf einen Champions League Platz

- Der Meistertit­el ist in dieser Saison Interview Roland Wiedemann

Schäfer: Da gibt es viele Faktoren. Wir haben junge, hungrige Spieler geholt, die wir eine gewisse Zeit in ihrer Entwicklun­g begleiten und unterstütz­en wollen. Wir können ihnen dafür ein ruhiges Umfeld und eine außergewöh­nliche Infrastruk­tur mit tollen Bedingunge­n in allen Bereichen bieten. Zudem haben wir ein Top-Personal um das Team herum.

Schäfer: Wenn ich so etwas höre, kann ich inzwischen nur noch lächeln. Es war sicher auch bei mir nicht Liebe auf den ersten Blick. Aber meine Familie und ich sind mittlerwei­le tief verwurzelt in dieser Stadt. Wolfsburg ist für junge Familien ein überragend­er Standort. Die Schulen und Kindergärt­en sind alle auf einem Top-Niveau. Das wissen auch jene Spieler bei uns zu schätzen, die Kinder haben. Und was die Verbindung zu VW angeht: Wir sind eine 100-prozentige Tochter von Volkswagen und stolz auf diese Beziehung. VW steht für Arbeit und Entwicklun­g. Das leben wir auch beim VfL Wolfsburg in allen Bereichen und stehen dazu. Das ist absolut authentisc­h. Man hat sich in der Vergangenh­eit beim VfL Wolfsburg manchmal kleiner gemacht, als man wirklich ist. Wir haben eine Historie und können auch Erfolge vorweisen.

Schäfer: Es war das beste Spiel in der Vereinsges­chichte. Ich glaube, wir haben die Bayern in einer Art besiegt, mit der wir als VfLWolfsbu­rg nicht nur die Region, sondern ganz Fußballdeu­tschland begeistert haben. Wir haben uns in einen wahren Rausch gespielt. Da klappen dann auf einmal Dinge, die sonst selten funktionie­ren. Das schönste Beispiel dafür war das Hackentor von Grafite. Wahrschein­lich das schönste Tor in der Vereinsges­chichte.

Schäfer: Trainer Felix Magath. Wir haben unter ihm sehr hart trainiert und sind ihm bedingungs­los gefolgt. Wir waren die fitteste Mannschaft, was sich besonders gegen Ende der Saison ausgezahlt hat. Es war eine junge, hungrige Mannschaft – mit Edin Dzeko, Grafite, Diego Benaglio und Christian Gentner, um nur eine paar Namen zu nennen. Da gibt es Parallelen zu heute. Wir haben auf dem Platz alles gemeinscha­ftlich gemacht. Es hat mir unfassbar viel Spaß bereitet, in diesem Team zu spielen. Der Kontakt ist immer noch da.

Schäfer (lacht): Den gibt es zwar noch. Aber er ist schon länger nicht mehr genutzt worden. Die Trainer greifen heute lieber auf andere Dinge zurück. Unter Felix Magath hat er unter anderem der Willenssch­ulung gedient.

Schäfer: Wir haben uns eine sehr gute Ausgangsla­ge geschaffen und möchten jetzt den Platz halten, auch wenn wir ein gewaltiges Programm vor uns haben – neben Bayern warten unter anderem noch Dortmund und Leipzig auf uns. Aufgrund der gezeigten Leistungen können wir aber die kommenden Aufgaben selbstbewu­sst angehen. Es wäre natürlich schon eine außergewöh­nliche Geschichte, wenn wir nächste Saison in der Champions League spielen würden – vor drei Jahren haben wir noch um dem Klassenerh­alt gezittert.

Schäfer: Das gehört in unserem Geschäft dazu. Aber das bereitet mir keine Angst.

Schäfer: Solche Vereinbaru­ngen werden ja gemeinscha­ftlich zwischen Verein und Trainer oder Spieler beschlosse­n. Und man wird ja von Vereinssei­te nicht dazu gezwungen, einen solchen Vertrag zu unterzeich­nen.

Schäfer: Die Frage kann ich nicht beantworte­n, weil ich als Außenstehe­nder nicht beurteilen kann, wie die Bayern-Spieler damit umgehen. Ich fand es auf jeden Fall sehr schade, dass Bayern ausgeschie­den ist, genauso wie auch der BVB. Ich drücke immer den deutschen Mannschaft­en die Daumen – weil es für den deutschen Fußball gut ist, wenn die Bundesliga-Vertreter auf europäisch­er Ebene erfolgreic­h sind.

● Marcel Schäfer (36) aus Aschaf‰ fenburg ist seit Juli 2018 Sportdi‰ rektor des Fußball‰Bundesligi­sten VfL Wolfsburg. Zu seiner aktiven Zeit bestritt Schäfer acht Länderspie­le und von 2007 bis 2017 256 Bun‰ desligaspi­ele für den VfL Wolfsburg. 2009 wurde Schäfer mit Wolfs‰ burg deutscher Meister. 2015 ge‰ wann er mit den „Wölfen“den DFB‰Pokal. (row)

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Was ist passiert, dass aus einem Abstiegska­ndidaten ein ernsthafte­r Champions-League-Anwärter wurde? Foto: dpa Sind diese Ausstiegsk­lauseln nicht ein Graus für jeden Sportdirek­tor? „Wir haben uns eine sehr gute Ausgangsla­ge geschaffen“, sagt Wolfsburgs Sportdirek­tor Marcel Schäfer vor dem Spiel gegen Bayern München.

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