Wertinger Zeitung

Faschingss­treit endet mit Geldstrafe­n

Drei junge Männer stehen vor dem Dillinger Amtsgerich­t

- VON CHRISTINA BRUMMER VON SIMONE BRONNHUBER

Dillingen Kurz bevor Corona auch Deutschlan­d erwischt hatte, waren die Narren noch unterwegs, auch im Landkreis Dillingen. Am 9. Februar 2020 waren drei Freunde aus dem Landkreis feiern und angetrunke­n.

Dann soll sich Folgendes ereignet haben: Einer der drei steigt in ein fremdes geparktes Auto. Es kommt zum Streit mit dem Fahrer, der sich nach draußen verlagert. Dort mishct sich eine Frau ein, die einer der Männer beleidigt. Der Streit wird schließlic­h gewalttäti­g, als der Fahrer einschreit­en will und von den dreien zu Boden gebracht wird. Der Mann erleidet Schläge und Tritte, auch als er schon am Boden liegt. Als die Polizei eintrifft, stellt sich der Haupttäter den Beamten.

Der Vorfall ist nun am Dillinger Amtsgerich­t verhandelt worden. Viel zu besprechen hatte die Kammer unter Leitung von Richterin Gabriele Held nicht: Ein Gespräch zwischen den drei Verteidige­rn und der Amtsrichte­rin habe es im Vorfeld bereits gegeben, erklärt Held. Es sollte also schnell gehen an diesem Tag. Die Richterin und die Verteidige­r verständig­ten sich in einem kurzen Austausch, bei dem die Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen ist, darauf, dass das Verfahren gegen zwei der drei jungen Männer eingestell­t wird, sofern sie gestehen, das Opfer mit jeweils 1000 Euro entschädig­en und insgesamt 2400 Euro an die Stadt Lauingen zu Gunsten der dortigen Kindergärt­en zahlen.

Der Haupttäter, der in das fremde Auto gestiegen war, wurde zur Zahlung einer Geldstrafe von 90 Tagessätze­n à 50 Euro verurteilt. „Ich hatte keine bösen Absichten, als ich zu Ihnen ins Auto gestiegen bin“, sagte der Mann an das Opfer gewandt. „Es tut mir leid.“Der Staatsanwa­lt hatte 110 Tagessätze gefordert.

Blindheim Die vielen Holzfenste­r fluten den Raum mit Licht. Dank der eingebaute­n Gauben wirkt er noch größer. Die sichtbaren Balken strahlen Wärme und Ruhe aus. Bis unters Dach ist alles offen und ein besonderes Detail sticht sofort hervor. Die Reste einer uralten Mühle sind zu sehen. Christian Busam und Annett Loeprecht gehen auf den frisch verlegten Brettern quer durch den Raum, bleiben immer wieder stehen und strahlen. Das ist ihr absoluter Lieblingsp­latz im ganzen Haus. Jetzt schon. Obwohl das Paar noch nicht genau weiß, was es daraus mal machen will. Gästezimme­r mit Bad? Eine offene Galerie? Oder einfach mal so lassen? Sicher ist nur: Hier

Ein besonderer Charakter

ganz oben sind die beiden am liebsten. „Das ist das Highlight. Das ist einfach so einmalig und wunderschö­n“, sagt Annett Loeprecht und ihr Partner fügt hinzu: „Das findet man nirgends. Das zeigt den besonderen Charakter sehr deutlich.“Denn das Paar aus Donauwörth baut kein modernes Haus in einer Neubausied­lung. Es saniert auch kein altes Bauernhäus­chen oder gestaltet in einer Wohnung einige Räume neu um. Die beiden haben sich eines Projekts angenommen, vor dem sich viele, viele Jahre jeder gescheut hat. Annett Loeprecht und Christian Busam haben im Dezember 2019 die Simonsmühl­e in Blindheim gekauft. Im Juli des vergangene­n Jahres haben sie mit den Sanierungs­arbeiten begonnen – und schon Ende dieses Jahres wollen sie gemeinsam mit ihren Kindern einziehen. Denn: „Wir schaffen uns hier unser neues Zuhause. Hier wollen wir ankommen“, sagt die Dreifach-Mama. Die PatchworkF­amilie will aus der einst einsturzge­fährdeten Simonsmühl­e, die bisher Streitobje­kt zwischen Vorbesitze­r, Gemeinde und Fördervere­in war, ein Domizil auf Lebenszeit machen.

Ein absoluter Glücksgrif­f für die Gemeinde, wie Bürgermeis­ter Jürgen Frank immer wieder betonte. Und das merken auch die neuen Eigentümer. „Es ist ganz nett, weil immer wieder Blindheime­r an der Straße stehen bleiben und neugierig schauen, was hier so passiert“, sagt Loeprecht und fügt hinzu: „Wir verstehen das total. Die Diskussion­en rund um die Simonsmühl­e haben auch wir in Donauwörth mitbekomme­n. Aber das geht uns nichts an, wir starten hier unbefangen neu durch.“Und das von Tag eins an, wie die beiden beim Rundgang durch die alten Gemäuer erzählen.

Als die Simonsmühl­e online zum Verkauf ausgeschri­eben war, sind sie nach Blindheim gefahren und haben sich das Gebäude angeschaut. Und der Zustand vor knapp eineinhalb Jahren war alles andere als vielverspr­echend – auf den ersten Blick zumindest. Wie berichtet, hat die Blindheime­r Firma Mengele die Notsicheru­ng des geschichts­trächtigen Gebäudes durchgefüh­rt. Seither ist es eingerüste­t. Richtige Böden gab es nicht, der Untergrund war lo

Das ist eine alte Tür im ersten Stock. Die soll erhalten bleiben.

ser Bauschutt von vielen, vielen Jahren. Keine Fenster, bröckelnde Wände, grenzwerti­ges Dach, keine richtige Raumeintei­lung… „Mein erster Gedanke war: Schrecklic­h, aber cool“, sagt Annette Loeprecht und lacht.

Was wohl für die meisten der blanke Horror gewesen wäre, war für die Donauwörth­er Liebe auf den ersten Blick. Christian Busam erzählt: „Die Mühle ist etwas ganz, ganz Besonderes. Wir waren sofort begeistert.“Aber ihnen sei auch sofort klar gewesen: Das wird kosten-, zeit- und arbeitsint­ensiv. Busam sagt mit einem Schmunzeln, dass ein Neubau eines durchschni­ttlichen Einfamilie­nhauses definitiv schneller und günstiger sei. Aber das wollen die Bauherren nicht. Sie haben sich in „ihre Mühle“, wie sie ihr künftiges Heim nennen, verliebt – und in die Umgebung, wie sie sagen. „Wir mögen es hier in Blindheim total, es ist ein schöner Ort und der Standort unserer Mühle ist sensatio

Das Denkmalamt spricht immer mit

nell“, sagt Annett Loeprecht. Um das Gebäude herum ist nichts außer Wiese und aufgrund des dortigen Hochwasser­schutzgebi­etes wird ihnen auch niemand anderes mehr vor die Nase bauen. „Der Ausblick ist einfach gigantisch. Egal von wo aus.

Natur pur. Mal sehen wir Störche, mal Kraniche – auf der Wiese ist ganz schön was los“, sagt sie lachend.

In jeder freien Minute, nach Feierabend und an den Wochenende­n sowieso sind die zwei seit mehr als einem Jahr in Blindheim und gestalten ihr neues Zuhause. Dafür haben sie sogar einen Wohnwagen hingestell­t, damit sie sich – wenn das Wetter mitspielt – ein paar Donauwörth-Fahrten sparen können. Und so schön und romantisch alles klingt, der Umbau der Blindheime­r

Simonsmühl­e ist aber vor allem auch eines: spannend. So bezeichnet es das Paar. „Es gibt immer wieder mal Überraschu­ngen und wir müssen sehr oft sehr spontan reagieren und umplanen“, sagt Christian Busam.

Und auch das ist nicht schnell passiert. Denn bei den Häuslebaue­rn reden viele mit. Weil die Simonsmühl­e unter Denkmalsch­utz steht, muss alles genau mit der zuständige­n Abteilung im Landratsam­t Dillingen abgesproch­en werden. Hausfarbe? Dachziegel? Fensterfor­m? Eingangstü­r? Treppenauf­gang? Bodenart? Alles in Absprache und immer an den ursprüngli­chen, geschichtl­ichen Hintergrun­d der Simonsmühl­e angelehnt – und der reicht teils bis ins Jahr 1200 zurück. So waren beispielsw­eise die Holzfenste­r vorgeschri­eben, auch die moosgrüne Farbe der künftigen Fensterläd­en sowie die Außenfarbe an sich – ocker. Loeprecht: „Ich würde es wahrschein­lich anders streichen, aber so ist es jetzt. Bei

Links ist der Anbau für Garagen zu se‰ hen, ein Wintergart­en kommt noch.

solch einem Bau muss man viele Kompromiss­e machen. Auf allen Seiten. Wir setzen dafür eben an einer anderen Stelle unseren Geschmack durch.“

Im November dieses Jahres will die Familie in ihr Traumhaus in Blindheim einziehen. Die Pläne seien ambitionie­rt, sagen sie. „Aber man braucht ein Ziel“, so Busam. Und auch wenn manche Arbeiten aufwendig und kaum sichtbar sind, so hat sich in den vergangene­n Monaten schon viel verändert. Ein Anbau für die Autos und einen Technikrau­m steht, Fenster, Gauben, komplett neuer Dachstuhl, Fußboden, verlegte Leitungen, Zimmereint­eilungen … Dabei ist ihnen selbst wichtig, sagen sie, dass die Simonsmühl­e ihren Charakter behalten soll. „In jedem Ziegelstei­n steckt so viel Geschichte. Das spürt man. Da bekomme ich manchmal richtig Gänsehaut“, sagt Annett Loeprecht. Jetzt beginnt für die Simonsmühl­e in Blindheim ein neues Zeitalter.

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Das Highlight ist ganz oben: Der Dachstuhl der Simonsmühl­e in Blindheim ist kom‰ plett neu gemacht worden – mit sichtbaren Balken und vielen Fenstern.
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Fotos: Bronnhuber Mit den neuen Holzfenste­rn schaut die Simonsmühl­e schon gemütliche­r aus. In die‰ sem Raum entsteht gerade das Wohnzimmer.
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Christian Busam und Annett Loeprecht haben die Simonsmühl­e in Blindheim gekauft und schaffen sich nun ihr neues Eigenheim.
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