So funktioniert die Testpflicht
Pandemie Experten erklären die Rechte und Pflichten der Arbeitgeber und der Beschäftigten. Und was alles zu beachten ist
Berlin/Köln Seit Dienstag müssen aufgrund der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung Arbeitgeber allen Beschäftigten, die nicht im Homeoffice sind, Corona-Tests anbieten. Aber was bedeutet „Testpflicht“genau? Wer bekommt wie oft Testangebote? Muss sich das Personal testen lassen? Antworten auf wichtige Fragen:
Für wen gilt die neue Testpflicht?
Die Pflicht bezieht sich hier auf die Arbeitgeber. Es geht um ein „verpflichtendes Testangebot“für Beschäftigte. Das heißt, unabhängig von Betriebsgröße oder Firmenstandort müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten mindestens einmal pro Woche einen Schnell- oder Selbsttest anbieten, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erläutert. Das verpflichtende Angebot besteht nicht für Beschäftigte, die ohnehin nur im Homeoffice arbeiten. Gefährdete Mitarbeiter, die tätigkeitsbedingt häufige Kundenkontakte haben oder körpernahe Dienstleistungen ausführen, müssen laut BMAS mindestens zweimal pro Woche ein Testangebot bekommen. Gleiches gilt für Beschäftigte, die vom Arbeitgeber in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden.
Heißt das, ich muss mich jetzt regelmäßig testen lassen?
Grundsätzlich sind die wöchentlichen Tests nur Angebote und damit freiwillig. Ob Arbeitgeber eine Testung verpflichtend anordnen können, sei derzeit umstritten, erklärt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür vom Deutschen Anwaltverein. Ob das zulässig ist, hänge davon ab, ob ein Test verhältnismäßig ist. Ein Corona-Test stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar. Deren Schutz muss gegen die ohne Testung bestehenden Infektionsrisiken, etwa in Berufen mit zahlreichen Kontakten, abgewogen werden. Im Zweifel muss im Einzelfall gerichtlich geprüft werden, ob ein Arbeitgeber die Tests zwingend verlangen kann.
Wer zahlt den Test?
Die Kosten müssen die Arbeitgeber übernehmen, erklärt das BMAS.
Kann ich entscheiden, welche Art Test ich machen möchte?
„Nein, das entscheidet der Arbeitgeber“, erklärt Rechtsexpertin Oberthür. Laut Arbeitsschutzverordnung können Unternehmen entscheiden, ob sie PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests zur professionellen oder zur Selbstanwendung anbieten wollen. Unternehmen können beispielsweise auch mit Dienstleistern arbeiten, etwa mit der Apotheke um die Ecke.
Zählt das Testen zur Arbeitszeit?
„Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet, eine Testmöglichkeit anzubieten, die hierfür aufzuwendende Zeit gilt nicht als Arbeitszeit“, so die Einschätzung von Oberthür. Kooperiert der Arbeitgeber für die Testangebote etwa mit einem externen Testzentrum, „könne er auch darauf verweisen, dass das Testzentrum besucht wird“. Das heißt: Unter Umständen müssen Beschäftigte einen Termin dort außerhalb ihrer Arbeitszeit einplanen. Laut dem Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht, Alexander Bredereck, kann es jedoch sein, dass die Zeit, die Arbeitnehmer für den Test aufwenden, als Arbeitszeit gilt und entsprechend vergütet werden muss. Das gilt aber nur, „soweit das Testen auf Verlangen des Arbeitgebers beziehungsweise der gesetzlichen Vorgaben erfolgt“. Da der Arbeitgeber im Bereich der Arbeitszeit ein weites Weisungsrecht habe, dürfte er laut Bredereck wohl in den meisten Fällen verlangen, dass Beschäftigte zur Durchführung der Tests früher zur Arbeit kommen. „Allerdings zählt die Zeit zur Arbeitszeit und dementsprechend muss der Arbeitgeber dann auch die Vorgaben des Arbeitsvertrages, des Arbeitszeitgesetzes und eventueller Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge einhalten.“Allein die Notwendigkeit von Tests zwingt den Arbeitnehmer noch nicht dazu, Überstunden zu machen.
Muss ich mit der Testpflicht jetzt zurück ins Büro?
Nein. Auch die bestehenden Regelungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung wurden bis 30. Juni verlängert. Arbeitgeber sind demnach etwa verpflichtet, weiter Homeoffice anzubieten, wenn die Tätigkeit dies zulässt.
Was, wenn mein Arbeitgeber keine Tests anbietet?
„Die Pflicht zum Testangebot ist in der Corona-Arbeitsschutzverordnung enthalten“, erklärt Oberthür. „Bei Verstößen gegen diese Verordnung können sich Arbeitnehmer an den Betriebsrat, die Aufsichtsbehörde oder einen Rechtsanwalt wenden.“„Soweit die Tests zwingend behördlich oder gesetzlich vorgeschrieben sind, besteht im Prinzip keine Verpflichtung, die Arbeitsleistung zu erbringen“, sagt Arbeitsrechtler Bredereck. Mit einer Verweigerung sollte man trotzdem vorsichtig sein. „Ich empfehle immer zunächst das Gespräch mit dem Vorgesetzten, den Hinweis auf die jeweilige Gesetzeslage und die auch für den Arbeitgeber bei Verstößen drohenden Risiken.“Verstößt ein Arbeitgeber gegen die Arbeitsschutzverordnung, muss er mit Sanktionen rechnen. So sind Bußgelder bis 30000 Euro oder gar Betriebsschließungen möglich.
Was passiert, wenn mein Test positiv ist?
Wie nach einem positiven Schnelloder Selbsttest verfahren wird, entscheidet in der Regel das Gesundheitsamt. „In Nordrhein-Westfalen beispielsweise besteht eine Verpflichtung, nach einem positiven Schnell- oder Selbsttest unverzüglich eine Nachkontrolle durch eine PCR-Testung durchzuführen“, erläutert Oberthür. Bis zu dessen Ergebnis bestehe eine Quarantäneverpflichtung, die bei positivem Ergebnis andauert. Solange keine Entscheidung der Behörde vorliegt, „wird der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in jedem Fall freistellen dürfen“, so Bredereck. Der Arbeitgeber dürfte sogar dazu verpflichtet sein, da er gegenüber den übrigen Mitarbeitern die Fürsorgepflicht hat.