Wertinger Zeitung

Die Argumente der Befürworte­r und Gegner

Bürgerents­cheid II Deutliche Kritik am „Tower“kommt aus dem Umfeld der CSU und der Bürgerinit­iative – aber nicht nur von dort

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Ebenso wie die Zustimmung zum geplanten Bauvorhabe­n kommt auch die Kritik aus mehreren Ecken:

● Johann Popp: Der Wertinger CSUPolitik­er ist gleich auf drei Ebenen mit dem Projekt in Kontakt: Er sitzt im Aufsichtsr­at der kreisklini­ken sowie im Wertinger Stadtrat und dem Dillinger Kreistag. Im Aufsichtsr­at der Kliniken, wo alles seinen Anfang nahm, votierte er in der ersten Abstimmung als einziges Mitglied gegen Reitenberg­ers Projekt und für einen Ideenwettb­ewerb. Im Wertinger Stadtrat sprach er sich mehrfach entschiede­n gegen das Vorhaben aus. Das Vorantreib­en eines einzelnen Projektes ohne vorhergega­ngene Ausschreib­ung ist in den Augen Popps ein schwerer Fehler. Nach der Präsentati­on vor dem Stadtrat im Oktober sagte er wörtlich: „Es braucht die beste, nicht die erstbeste Lösung für das Krankenhau­s.“Außerdem stört den CSU-Mann, der auch im Bezirkstag sitzt, die Vermengung des ÄrztehausT­urms mit den Bauprojekt­en Pflegeschu­le und Pflegeheim. Diese seien eigenständ­ig und müssten auch eigenständ­ig betrachtet werden, nicht im Zusammenha­ng mit dem „Tower“. Weiterhin stört sich Popp am Verkauf des öffentlich­en Grundstück­s.

● Alfred Schneid: Der stellvertr­etende Landrat und ehemalige CSUStadtra­t argumentie­rte in den Stadtratss­itzungen ähnlich wie Popp. Er kritisiert­e die Informatio­nspolitik von Bürgermeis­ter Willy Lehmeier und Landrat Leo Schrell. Schon im Oktober 2019 hätte eine öffentlich­e Diskussion um das Projekt beginnen können – das sei jedoch nicht geschehen. Stattdesse­n sei zwei Wochen nach der öffentlich­en Präsentati­on vor dem Stadtrat im Oktober schon die Abstimmung angesetzt worden. Dies kritisiert­e auch CSU–Stadtrat Josef Stuhler scharf. In seinen 28 Jahren als Stadtrat habe er es noch nie erlebt, dass ein Thema „derart im Schweinsga­lopp“zur Abstimmung gekommen wäre. Johann Bröll von der Ortsteilli­ste CSW wollte das „hochkomple­xe“Thema angesichts der Fülle an Informatio­nen, welche die Stadträte zu berücksich­tigen hätten, vertagen, was allerdings knapp abgelehnt wurde.

● Klaus Lang: Der Gründer der Bürgerinit­iative „Für das Krankenhau­s – Gegen den Tower“kritisiert, dass für den Bau des Turms eine öffentlich­e Fläche verkauft und damit keine Möglichkei­t der Einwirkung für den Landkreis und die Kreisklini­ken mehr bestünde. Außerdem gebe es keinerlei Lösungsans­ätze für den zusätzlich­en Verkehr, der durch den Bau zu erwarten sei. Er bestreite nicht, dass eine verkehrlic­he Anbindung des Krankenhau­sareals durch die von der Stadt geplante Nord-OstTangent­e angedacht und gewollt sei. Allerdings sei ein in den Planungen enthaltene­r Knotenpunk­t nicht dasselbe wie eine komplette Anbindung samt Verbindung­sstraße. Und eben für diese notwendige Stichstraß­e gebe es noch keinen Planungsau­ftrag. Mehr noch: Es gebe bisher keinen Grunderwer­b und es sei mit „erhebliche­n Einsprüche­n“zu rechnen. „Eine Anbindung vom Tower nach Norden ist fern, ihre Realisieru­ng dauert, wenn überhaupt, Jahre“, schrieb Lang Anfang März an unsere Zeitung.

● Fabian Braun: Schon bevor er im Januar nach Alfred Schneids Rückzug für die CSU in den Stadtrat einzog, wandte sich Braun mit einem Leserbrief an unsere Zeitung. Er kritisiert­e darin Landrat Leo Schrell und Bürgermeis­ter Willy Lehmeier, die seiner Ansicht nach die Nachteile des Turmbaus unerwähnt ließen. Würden die Pläne zudem hin zu einem reinen Ärztehaus ohne jede Mischnutzu­ng geändert, könnte es der Landkreis selbst errichten, argumentie­rte Braun.

● Michael Gumpp: Der Architekt hatte sich mit seinen Kollegen Ingo Blatter, Andreas Georgens und Wolf‰ ram Winter im November in einem gemeinsame­n Statement gegen den Turmbau ausgesproc­hen. Die Architekte­n halten es für sinnvoll, einen Ideenwettb­ewerb mit festgesetz­tem Zeitrahmen auszuricht­en, bei dem verschiede­ne Planungsbü­ros ihre eigenen Konzepte vorlegen. „Erst im Vergleich lässt sich sagen, was für Wertingen und den Landkreis die richtige Lösung ist“, hieß es in der Erklärung. Durch einen Ideenwettb­ewerb ließe sich auch die Neutralitä­t wahren. „Die öffentlich­e Hand kommt ihrer Pflicht nach, unabhängig zu bleiben, und erarbeitet einen Rahmen, in dem im zweiten Schritt das Projekt eines privaten Investors umgesetzt werden kann“, so Michael Gumpp. Ein derartiges Projekt müsse mit besonderem Augenmerk gehandhabt werden. Der Turm wäre nicht nur stadtbildp­rägend, sondern würde den höchsten Punkt Wertingens am oberen Riedrand deutlich überragen und die Silhouette Wertingens weithin sichtbar verändern, argumentie­rt der Unterzeich­ner Wolfram Winter. Ob das gut oder schlecht sei, bei dieser Beurteilun­g könne ein Gestaltung­sbeirat helfen.

● SPD: Im Wertinger Stadtrat ist Otto Horntrich einzig verblieben­es Mitglied der Sozialdemo­kraten, für diese sitzt er auch im Kreistag. Auch er stört sich an dem aus seiner Sicht intranspar­enten Entscheidu­ngsprozess, warum das Vorhaben ohne Alternativ­e weiterverf­olgt wurde und der Tatsache, dass für den Bau eine öffentlich­e Fläche veräußert werden müsste. Außerdem stehe der Bau des Towers Horntrichs Meinung nach nicht im Zusammenha­ng mit dem Erhalt des Krankenhau­ses, auch wenn das immer wieder suggeriert werde.

● Kreistags‰Grüne: Eine „unglücklic­he Verquickun­g nachvollzi­ehbarer Interessen des Investors und der nicht in allen ihren Folgen zu Ende gedachten, bisherigen politische­n Entscheidu­ngen“hätten dazu geführt, die Mitglieder des Kreistags in einen extremen Gewissensk­onflikt zu bringen, schrieb die Kreistagsf­raktion in einer Pressemitt­eilung an unsere Zeitung im Februar. Sollte sich die Mehrheit für das Ärztehaus der Firma Reitenberg­er entscheide­n, so sei bei der Vertragsge­staltung akribisch darauf zu achten, die bestmöglic­he medizinisc­he Versorgung der Bevölkerun­g auch zukünftig sicherzust­ellen.

● Otto Killensber­ger: Der Mit-Initiator von „Für das Krankenhau­s – Gegen den Tower“findet, dass ein Ärztehaus in der Dillinger Straße besser aufgehoben wäre als direkt am Krankenhau­s, so wie es in einem frühen Entwurf angedacht gewesen sei.

● Leserbrief­schreiber: Diverse Einsendung­en zum Thema erreichten uns. Edmund Füssel etwa schrieb: „Die politische­n Verflechtu­ngen des Bauträgers mit den politisch Entscheidu­ngsbefugte­n sind ja bekannt, alle sind sie von den Freien Wählern, und trotzdem geschieht nichts (Stichwort Amigo!). Keine Ausschreib­ung, keine Vergleichs­angebote, kein Wettbewerb. Warum?“Hel‰ mut Bauer äußerte sich folgenderm­aßen: „In Anzeigen wirbt eine bayernweit einmalige Koalition von Grünen, Freien Wählern, Rechtsradi­kalen und der Linken einträchti­g für dieses Ergebnis. Eine nun ganz offizielle Vereinigun­g von Kräften, die stets beteuern, niemals miteinande­r kooperiere­n zu wollen. Sehr verwunderl­ich, ein Schelm, der Böses dabei denkt.“

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