Grillos Entgleisung
Italien In einem Video verteidigt er seinen Sohn. Der soll eine Frau vergewaltigt haben
Rom Beppe Grillo war eine Zeit lang recht still gewesen, zumindest gebrüllt hatte der aufbrausende Gründer der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien schon länger nicht mehr. In dieser Woche meldete sich der 72-jährige Satiriker lautstark zurück, allerdings in eigener Sache. In einem zu Beginn der Woche auf seiner Webseite veröffentlichten Video nimmt der „Garant“der Fünf Sterne seinen Sohn gegen den Vorwurf, im Sommer 2019 eine junge Frau vergewaltigt zu haben, in Schutz. Der Ton, die Wortwahl und die Tatsache, dass einer der einflussreichsten Politiker Italiens seine Prominenz für private Zwecke verwendet, haben Aufruhr verursacht.
In dem Video ist Grillo in seiner Privatvilla zu sehen, wie er offenbar durchaus kalkuliert die Fassung verliert. Den Ton kennt man von Grillo, er schlägt mit der Hand auf den Tisch, redet sich in Rage. Über seinen 21 Jahre alten Sohn Ciro und seine drei Freunde werde in allen Zeitungen berichtet, „wie über einen Serienvergewaltiger“. Serienvergewaltiger würden von der Polizei festgenommen, ruft Grillo. „Die vier aber blieben zwei Jahre lang auf freiem Fuß. Warum? Warum?“, ruft der Satiriker. „Weil ihr alle wisst, dass nichts daran wahr ist.“
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ciro Grillo. Der habe am 17. Juli 2019 in der Nobel-Disco „Billionaire“an der Costa Smeralda auf Sardinien zusammen mit drei Freunden zwei Studentinnen in die Villa seines Vaters gelockt. Eines der beiden Mädchen, eine 19-jährige Mailänderin, sei von Grillo junior und dessen Freunden genötigt worden, einen halben Liter Wodka zu trinken. Danach sei das Mädchen von den jungen Männern gegen ihren Willen zum Sex gezwungen worden. Der offenbar verzweifelte Vater Beppe Grillo stellt den Sachverhalt anders dar und bezieht sich auf ein Video, das von dem Vorfall aufgenommen wurde. „Man sieht, dass es einvernehmlich war. Man sieht, wie die Gruppe lacht, es sind 19-Jährige, die Spaß haben“, rechtfertigt der Politiker die Aktion. Der fragwürdigste Satz hingegen betrifft eine Äußerung Grillos über das mutmaßliche Opfer, die 19-jährige Mailänderin. „Eine Person, die morgens vergewaltigt wird, geht nachmittags Kitesurfen und erstattet nach acht Tagen Anzeige. Das ist eigenartig.“
Von rechts bis links hagelte es Kritik, nicht zuletzt weil Grillo in der Vergangenheit in Sachen Justiz selbst immer besonders strenge Maßstäbe anlegte. „Dass Grillo seine mediale und politische Macht ausnutzt, um seinen Sohn freizusprechen, ist eine Schande“, sagte ExMinisterin Maria Elena Boschi von der Partei Italia Viva. Doch auch parteiintern gibt es viele kritische Stimmen. Roms Fünf-Sterne-Bürgermeisterin Virginia Raggi kritisierte Grillos Feststellung, das mutmaßliche Opfer habe sich durch eine erst nach acht Tagen erfolgte Anzeige unglaubwürdig gemacht: „Eine Frau muss immer die Möglichkeit haben, Anzeige zu erstatten.“ExVerteidigungsministerin Elisabetta Trenta erklärte, sie verstehe den Schmerz des Vaters, fügte aber hinzu: „Dieses Video widerspricht unseren Werten.“Auch Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte meldete sich zu Wort und erinnerte daran, dass auch „das mutmaßliche Opfer, das junge Mädchen und ihre Familie geschützt und in ihrem Schmerz anerkannt“werden müssen.