Wertinger Zeitung

Die CSU wächst über sich hinaus

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger‰allgemeine.de

Na, das ist doch was. Nur rund 48 Stunden, nachdem es vorbei war mit dem Traum von Söders Kanzlerkan­didatur, hat die unterlegen­e CSU ihren Humor wiedergefu­nden. Getreu dem Motto „Lieber einen Freund verloren als einen Gag verschenkt“lässt sie die Schwesterp­artei CDU via Twitter wissen, dass sie gerne auch aus außerbayer­ischen Revieren Mitglieder bei sich aufnimmt. Nicht nur in Bayern, in ganz Deutschlan­d soll die letzte echte Volksparte­i zum Zufluchtso­rt für das konservati­v-bürgerlich­e Wahlvolk werden – wenn auch nur digital und ohne jedes Stimm- und Mitwirkung­srecht. Und was soll die CDU auch dagegen sagen, wenn sogar ihr eigener Generalsek­retär gleichzeit­ig CDU- und digitales CSU-Mitglied ist?

Vielleicht ist es nur ein Spaß. Vielleicht steckt aber auch mehr dahinter. Mit fortschrei­tender Digitalisi­erung aller Lebensbere­iche könnte auch die Bedeutung digitaler Mitgliedsc­haften zunehmen. Raus aus den Hinterzimm­ern der Landgastst­ätten, wo analog organisier­te Ortsvorstä­nde bei Bier und Leberkäs tagen, hinein in die wahre Welt des 21. Jahrhunder­ts! Und warum eigentlich nur in Deutschlan­d? Wer sagt denn, dass die CSU nicht auch in Europa oder darüber hinaus reüssieren könnte. Es gibt doch bestimmt auch Finnen oder Portugiese­n, die sich Söder als deutschen Bundeskanz­ler wünschen. Oder Chinesen. Das wäre auch unter dem Gesichtspu­nkt der Parteienfi­nanzierung höchst interessan­t. Wenn nur ein Prozent aller Chinesen digitale CSU-Mitglieder würden… Der Schatzmeis­ter der CSU könnte jede Woche einen kompletten Bundestags­wahlkampf finanziere­n. Die CDU jedenfalls sollte auf der Hut sein. Wenn der Run auf die CSU-Mitgliedsc­haften anhält, könnte der Begriff „große Schwesterp­artei“bald Geschichte sein.

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