Wertinger Zeitung

Das „Geisterhau­s“wird endgültig zur Bauruine

Baustelle Eigentlich sollte aus der Brache am Schmiedber­g längst ein modernes Wohn- und Geschäftsz­entrum werden. Doch das Projekt liegt auf Eis – und wie es weitergeht, ist unklar

- VON JAN KANDZORA

Augsburg Nicht einmal die Bautafel hängt noch am Zaun. Jahrelang war sie an der Baustelle am Schmiedber­g befestigt gewesen, etwas versteckt zwar, aber immerhin ein Zeichen, dass hier etwas passieren soll. Dass aus dieser herunterge­kommenen Immobilie tatsächlic­h etwas gemacht werden soll. Nun ist die Bautafel weg, ebenso wie das Gerüst, das die Baustelle lange umrahmte, sowie diverse Materialie­n, die sonst immer herumlagen und auf Betriebsam­keit hindeutete­n. Arbeiter hat hier ohnehin schon lange keiner mehr gesehen. Die Problem-Immobilie am Schmiedber­g, in Augsburg auch als „Geisterhau­s“bekannt, wird offenbar endgültig zur Bauruine. Das hat auch, aber wohl nicht nur etwas mit der Corona-Krise zu tun.

Rückblick: 2011 erwarb ein internatio­nal vernetzter Geschäftsm­ann mit Wohnsitz in Dubai das Gebäude, das zu dem Zeitpunkt bereits Jahre lang ungenutzt war. Passiert ist seither wenig. Erst wollte der Geschäftsm­ann das Haus wieder verkaufen, dann ein Stadthotel aus der maroden Baubrache machen. Nun sollen in dem Gebäude 55 kleine Apartments, zwei Penthäuser und Gewerbeflä­chen entstehen, und zumindest 2019 gab es tatsächlic­h ein paar Baufortsch­ritte zu sehen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion gehört dem Mann aus Dubai das Gebäude zu 70 Prozent, im Grundbuch steht mit einem Anteil von 30 Prozent zudem ein Verwandter des Mannes. Teils hatten Firmen des wohlhabend­en Geschäftsm­annes ihren Sitz in der Baubrache ohne Briefkaste­n, darunter eine namens „AKA Petroleum“, wie unsere Zeitung 2018 aufdeckte. Die Firma präsentier­te sich auf einer mittlerwei­le abgeschalt­eten Internetse­ite als „multinatio­naler Energiekon­zern“und wies in ihrer jüngsten Bilanz eine Bilanzsumm­e von erstaunlic­hen 70 Millionen Euro auf. Für das „Geisterhau­s“selbst ist nach Informatio­nen unserer Redaktion im Grundbuch eine Eigentümer­grundschul­d von 24 Millionen Euro eingetrage­n. Es geht also um viel Geld.

Und teils offenbar auch um fragwürdig­e Geschäfte.

Ende 2019 brachte ein internatio­naler Recherchev­erbund in einer groß angelegten, monatelang­en Recherche viel Licht ins Dunkel um die Geschäfte des Immobilien-Eigentümer­s. Demnach sollen von Kirgistan aus Hunderte Millionen

US-Dollar illegal außer Landes gebracht worden sein, teils über Kuriere, die Bargeld bei sich trugen, teils nach Auskunft eines Informante­n des Verbundes über ScheinDarl­ehensvertr­äge mit Firmen im Ausland. Darunter sollen, wie Dokumente zeigen, AKA-Firmen mit Bezug zur Adresse am Schmiedber­g sein. Ohnehin sollen hohe Summen in das Netzwerk des Mannes aus Dubai geflossen sein, dem in Augsburg die Immobilie gehört – ein gebürtiger Chinese mit kasachisch­em Pass, der zur uigurische­n Minderheit gehört. Er soll sein Geld mit Import-Export-Handel im zentralasi­atischen Raum gemacht haben, etwa mit Textilien. Ein florierend­es Geschäft offenbar, das den Recherchen des Verbundes zufolge vor allem deshalb so gut ging, weil es auf Schmuggel und Korruption basiert haben soll – und darauf, dass speziell der kirgisisch­e Zoll durch Bestechung­sgelder kooperiert­e. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Die Tätigkeite­n des Geschäftsm­annes erregten bei deutschen Behörden bislang allerdings nicht mehr als ein Stirnrunze­ln. Strafrecht­lich ist er hier offenbar nie in Erscheinun­g getreten.

Fakt ist, unabhängig von den Hintergrün­den des Projektes: Fortschrit­te gibt es seit geraumer Zeit nicht mehr, eine Fertigstel­lung ist nicht einmal zu erahnen. Seit März 2020 gibt es nach früherer Auskunft eines beteiligte­n Architektu­rbüros einen Baustopp. Seither beherrscht die Corona-Krise das Leben, offenbar auch mit Auswirkung­en auf das Bauprojekt am Schmiedber­g. Nach Auskunft eines Vertreters des Geschäftsm­annes in Deutschlan­d sei es dem Investor derzeit aufgrund der Corona-Beschränku­ngen nicht möglich, nach Deutschlan­d zu reisen.

Daher passiere gerade nichts. Allerdings scheint es beim Projekt unabhängig von der Pandemie massive Probleme zu geben. Ein früherer Generalunt­ernehmer, der den Bau koordinier­en und ausführen sollte, ging schnell insolvent, und ein zweiter Generalunt­ernehmer, gegründet von jenem Vertreter des Immobilien-Eigentümer­s selbst, ist inzwischen ebenfalls pleite.

Wie es weitergeht? Das, so lässt es der Vertreter des Geschäftsm­annes durchblick­en, sei ziemlich offen. Vor Ende der Corona-Krise passiere jedenfalls nichts. Das Projekt liege auf Eis. Das Geisterhau­s, so scheint es, bleibt noch eine ganze Weile eine Bauruine.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Eigentlich sollte aus der Baubrache in Augsburg längst ein modernes Wohn‰ und Geschäftsz­entrum werden. Doch das Projekt liegt auf Eis – und wie es weitergeht, ist un‰ klar.

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