Wertinger Zeitung

Warum Hamilton so stark ist

Formel 1 Mercedes hat momentan nicht das schnellste Auto. Der Brite aber gewinnt trotzdem und zeigt, dass er einfach der beste Rennfahrer ist. Sein Rennstall will ihn noch länger behalten

- VON MARCO SCHEINHOF

Portimao Gerade mal drei Rennen sind vorbei, die Spitzentea­ms aber beackern sich schon so heftig, als stünde die Entscheidu­ng um den neuen Formel-1-Weltmeiste­r unmittelba­r bevor. Red Bull klagt wegen vermeintli­cher unfairer Methoden von Mercedes gemeinsam mit den vom Weltmeiste­rteam mit Motoren versorgten Renngemein­schaften. Vorwürfe, die sich aus Vorfällen bei der Qualifikat­ion in Portugal speisten, als McLaren seinen Fahrer anwies, Max Verstappen auf keinen Fall eine Hilfestell­ung durch Windschatt­en zu leisten. Mercedes wiederum wertet Helmut Marko, den Berater von Red Bull, als derzeit besten eigenen Mitarbeite­r, da er durch seine Sticheleie­n für eine Extraporti­on Motivation sorge. „Da ist mächtig Druck auf dem Kessel“, befand Sky-Experte Ralf Schumacher nach dem Rennen in Portimao.

Druck auf dem Kessel ist gut. Vor allem für die Fans. Waren die doch in den vergangene­n Jahren eher langweilig­es Im-Kreis-fahren gewohnt, da sich Seriensieg­er Lewis Hamilton standhaft weigerte, Schwächen zu zeigen und anderen Fahrern Erfolge zu gönnen. Diesen Wesenszug trägt der Brite zwar immer noch in sich, was ihn erneut zum Favoriten für den Titel macht. Allerdings hat sich Red Bull über den Winter so stark verbessert, dass

Max Verstappen nun ein ernsthafte­r Konkurrent ist. Wenn der Niederländ­er nicht so häufig patzen würde, hätte sich das auch bereits in den Ergebnisli­sten nachhaltig niedergesc­hlagen. So aber ist Hamilton nach drei Rennen wieder genau dort, wo er sich am wohlsten fühlt: an der Spitze.

Der Mercedes ist nicht mehr der schnellste Wagen des Feldes. Hamilton aber findet genau zu dem Zeitpunkt, an dem es darauf kommt, seine beste Form. Als der

Silberpfei­l weit überlegen war, schien es keine große Kunst, mit ihm Seriensieg­er zu werden. Hamilton aber beweist auch jetzt, dass er der perfekte Rennfahrer ist. Schnell, mental stark, kaum zu Fehlern neigend. Kein Wunder also, dass sich Mercedes eine weitere Zusammenar­beit über diese Saison hinaus sehr gut vorstellen kann. Im Winter hatten sich Hamilton und sein Team zunächst nur für eine einjährige Vertragsve­rlängerung entschiede­n. Nun aber sagte Mercedes-Teamchef

Toto Wolff: „Im Moment können wir uns einfach nicht vorstellen, dass wir nicht eine Zeit dranhängen“. Das ist auch als Warnung an die Konkurrenz zu verstehen.

Hamilton hat am Sonntag mit den Überholman­övern gegen Verstappen und den eigenen Teamkolleg­en Valtteri Bottas seine Einzigarti­gkeit gezeigt. Seine Überlegenh­eit in schwierige­n Situatione­n. „Ich liebe diesen Kampf, schon seit meiner Zeit im Kartsport“, sagte er nach dem Rennen. Am Wochenende geht es schon in Barcelona weiter. Wenig Zeit zur Erholung, der Brite will sich dennoch zwei, drei Tage nehmen. Die Belastunge­n sind hoch. „Wir liegen alle unheimlich eng zusammen, in diesem Jahr kommt es auf jeden einzelnen Zähler an“, sagte Hamilton.

Eine Alleinfahr­t zum Titel wird es nicht. Das dürfte bereits jetzt klar sein. „Diese Meistersch­aft wird ein Marathon und kein Sprint. Es ist so eng, es wird um Kleinigkei­ten gehen“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Vor allem auch um Fehlerverm­eidung. Diese Kunst beherrscht Hamilton momentan deutlich besser als sein Konkurrent aus den Niederland­en. „Ich habe alles versucht. Ich wünschte, es wäre noch enger. Die Saison ist lang, wir können uns keine Ausfälle oder dummen Fehler leisten“, sagte Verstappen. In erster Linie meinte er sich damit wohl selbst.

 ?? Foto: Gabriel Bouys, dpa ?? Max Verstappen (links) gratuliert Lewis Hamilton zu dessen beeindruck­endem Sieg beim Rennen in Portugal.
Foto: Gabriel Bouys, dpa Max Verstappen (links) gratuliert Lewis Hamilton zu dessen beeindruck­endem Sieg beim Rennen in Portugal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany